News • Zielgerichtete Therapie
Kopf-Hals-Tumoren schonender behandeln
In Deutschland erkranken pro Jahr rund 17.000 Menschen an Krebs im Kopf- oder Halsbereich. Häufig ist eine Infektion mit dem Humanen Papillomvirus (HPV) die Ursache. In diesen Fällen schlägt zwar die gängige Strahlen- und Chemotherapie sehr gut an, doch diese Behandlung schädigt auch gesunde Zellen und hat daher erhebliche Nebenwirkungen. Forscher am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wollen nun eine schonendere, gezielt gegen die Krebszellen gerichtete Therapie entwickeln und so die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern.
Humane Papillomviren sind vor allem als Auslöser von Gebärmutterhalskrebs bekannt. Sie sind aber auch für Kopf-Hals-Tumoren verantwortlich – Krebserkrankungen des Mund-, Hals- und Rachenraums. Ihre Häufigkeit steigt seit Jahren stetig an. Patienten mit diesem Krebstyp haben jedoch auch bei lokal fortgeschrittenen Tumoren gute Heilungschancen mit der gängigen Behandlung, bestehend aus einer intensiven Chemo- und Strahlentherapie mit oder ohne vorausgegangener Operation. Der Grund: HPV-infizierte Kopf-Hals-Tumorzellen sterben noch schneller an den Folgen der Bestrahlung als andere Krebszellen, weil sie die Strahlenschäden in ihrem Erbgut schlechter reparieren können.
Mithilfe einer spezifischen molekularen Tumortherapie nutzen wir die Schwachstelle der HPV-bedingten Tumore aus und verstärken so die Wirkung der Strahlentherapie
Thorsten Rieckmann
Neben der Bestrahlung ist oft gleichzeitig eine aggressive Chemotherapie erforderlich, um auch bei bereits vorhandenen Metastasen in den umliegenden Lymphknoten hohe Heilungsraten zu gewährleisten. Das Problem: Diese kombinierte Behandlung hat oft schwere
Langzeitnebenwirkungen – etwa ausgeprägte Schluck- und Sprachstörungen sowie Innenohr- oder Nierenschäden.
Wissenschaftler der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und des Labors für Strahlenbiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf testen jetzt unter der Leitung von Dr. Thorsten Rieckmann einen neuen, verträglicheren Behandlungsansatz mit einem gezielt gegen die Krebszellen gerichteten Wirkprinzip. „Mithilfe einer spezifischen molekularen Tumortherapie nutzen wir die Schwachstelle der HPV-bedingten Tumore aus und verstärken so die Wirkung der Strahlentherapie“, erläutert Projektleiter Dr. Rieckmann. Der Vorteil der neuartigen Wirkstoffe: Diese hemmen spezifisch das DNA-Reparatursystem der Zellen und wirken dadurch – im Gegensatz zur klassischen Chemotherapie – insbesondere gegen die bestrahlten Tumorzellen und nur geringfügig gegen gesunde Zellen. Die durch die HPV-Infektion bereits geschwächten Krebszellen verlieren so weiter ihre Fähigkeit zur Selbst-Reparatur und reagieren noch empfindlicher auf die Bestrahlung.
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Die Strahlen-Chemotherapie stellt eine entscheidende Therapiesäule bei Mund-Rachen-Krebs dar. Die Chemotherapie kann allerdings mit Nebenwirkungen einhergehen, weshalb man nach besser verträglichen Konzepten sucht.
Im Labor wollen die Forscher nun die Grundlagen für spätere klinische Studien schaffen. „Unsere Erkenntnisse sollen sobald wie möglich in der klinischen Praxis zum Einsatz kommen“, so Rieckmann. In Zukunft soll die spezifischere und deutlich schonendere Behandlung die heute parallel zur Strahlentherapie verabreichte Chemotherapie ersetzen. Möglicherweise kann sie auch die nötige Bestrahlungsintensität verringern – für eine bessere Lebensqualität der Patienten bei gleichzeitig hohen Heilungschancen. „Innovative Forschungsprojekte zu fördern, die möglichst schnell den Patienten zugutekommen, ist ein Kernanliegen der Deutschen Krebshilfe“, betont Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Nur wenn wir die Krebsforschung weiter voranbringen, können wir auch die Versorgung krebskranker Menschen weiter verbessern.“
Als Kopf-Hals-Tumore werden Krebserkrankungen der Mundhöhle, des Rachens, des Kehlkopfes, der Nase und der Nasennebenhöhlen zusammengefasst. Zu den bedeutendsten Risikofaktoren zählen Tabak- und Alkoholkonsum sowie eine Infektion mit dem Humanen Papillomvirus. Männer erkranken durchschnittlich mit 64 Jahren, Frauen mit 66 Jahren.
Quelle: Deutsche Krebshilfe
01.08.2019