cannabis leaves and medical tincture bottle
Vielversprechende medizinische Wirkstoffe gibt es zuhauf – doch auf dem langen Weg zum fertigen Medikament stellen sich die allermeisten Ansätze als nicht umsetzbar heraus.

Bildquelle: Unsplash/Kimzy Nanney

News • Brokkoli, Cannabis, Curcuma & Co.

Warum Hoffnungsträger oft mehr versprechen, als sie halten können

„Brokkoli killt Krebszellen", „Cannabis heilt Krebs" – immer wieder geistern Meldungen über Substanzen durch die Medien, die eine krebsheilende Wirkung haben sollen.

Für viele Betroffene sind diese Nachrichten ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht ist jetzt der Durchbruch im Kampf gegen Krebs gelungen und damit die Heilung in Reichweite – so der verständliche Gedanke. Doch in der Regel handelt es sich um allererste Hinweise auf einen möglichen medizinischen Nutzen gegen Krebs, die aus Tier- oder Zellkultur-Experimenten stammen oder aber um sehr frühe Stadien in der klinischen Entwicklung. Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit und viele weitere relevante Fragestellungen sind noch nicht erforscht und geprüft. Die Problematik erläutert der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums an drei Beispielen.

„Ich habe gehört, es gibt da etwas Neues"

Zu vielen vermeintlichen Wundermitteln gibt es noch keine klinischen Studien, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wissenschaftlich belegen

Susanne Weg-Remers

So beginnen viele Anfragen an den Krebsinformationsdienst. Vor allem Betroffene und Angehörige durchforsten Medien und Internet intensiv auf der Suche nach einer neuen, wirksamen und möglichst nebenwirkungsarmen Therapie. „So verständlich das ist, oft müssen wir die Menschen leider enttäuschen. Denn zu vielen vermeintlichen Wundermitteln gibt es noch keine klinischen Studien, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wissenschaftlich belegen", so Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes am Deutschen Krebsforschungszentrum. Der Krebsinformationsdienst informiert unabhängig, kostenlos und fachlich korrekt auch über neue Methoden, Substanzen und Verfahren in der Krebstherapie. 

Beispiel Sulforaphan

Der sekundäre Pflanzenstoff Sulforaphan ist in hoher Konzentration vor allem in Brokkoli enthalten. Im Internet wird er als vielversprechender Wirkstoff gegen Krebs und andere Erkrankungen angepriesen – inklusive zahlreicher Bezugsquellen. 

Was ist dran? Das Ergebnis einiger epidemiologischer Studien weist darauf hin, dass das Senföl Sulforaphan bzw. der Verzehr von sulforaphanhaltigen Gemüsesorten zur Vorbeugung von Krebs nützlich sein könnte. Ergebnisse zur Behandlung von Krebs gibt es zurzeit allerdings praktisch nur aus Zellkultur- oder Tierversuchen. Allererste klinische Studien zur Behandlung von Patienten mit Prostatakrebs ergaben nur begrenzt Hinweise auf eine Anti-Krebs-Wirkung. Weitere Studien bei Personen mit Krebsvorstufen und zur Behandlung von Krebspatienten sind gerade angelaufen. Bisher wird Sulforaphan in den Leitlinien oder von Fachgesellschaften weder zur Krebsprävention noch zur Therapie empfohlen.

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Beispiel Cannabis

Mit Cannabis könne Krebs geheilt werden, ist ebenfalls an manchen Stellen im Internet zu lesen. „Das ist so nicht richtig", erläutert Weg-Remers. „Es stimmt zwar, dass der Einsatz von Cannabisarzneimitteln seit März 2017 unter bestimmten Voraussetzungen zur Behandlung von Krebspatienten zugelassen ist. Allerdings handelt es sich dabei um Therapien zur Linderung von Symptomen. Das heißt aber keineswegs, dass Cannabis das Krebswachstum bremsen kann." Zurzeit werden Untersuchungen zu Cannabis als Krebstherapie im eigentlichen Sinne vor allem an Zellkulturen und in Tierversuchen durchgeführt, mit bisher widersprüchlichen Ergebnissen. Demnach können Inhaltsstoffe von Cannabis im Experiment eine krebshemmende wie auch eine krebsfördernde Wirkung haben. Noch völlig offen ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob sich die Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragen lassen. Beim Menschen gibt es bisher nur einige wenige Einzelfallberichte, in denen Cannabispräparaten eine mögliche Wirkung gegen Krebs zugeschrieben wurde.

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Beispiel Dichloracetat (DCA)

Zu Recht ist der Weg von einem potenziellen Wirkstoff im Labor bis zu einem zugelassenen Medikament ein langwieriger und hochkomplexer Prozess, bei dem in jeder Hinsicht auf Nummer sicher gegangen wird

Susanne Weg-Remers

Auch diese Substanz, das Salz der Dichloressigsäure, wird als Wundermittel gegen Krebs gehandelt, obwohl Hinweise auf eine mögliche Wirkung von Dichloracetat gegen Krebs hauptsächlich aus der Grundlagenforschung stammen. Ob DCA auch zur Krebstherapie beim Menschen wirksam und sicher ist, muss noch in großen klinischen Studien untersucht werden. Trotz dieser noch nicht abgeschlossenen Forschung gibt es auch in Deutschland Anbieter, die mit der Wirksamkeit werben und unter Umgehung arzneimittelrechtlicher Bestimmungen Dichloracetat als Chemikalie in Pulver- oder Kapselform anbieten. Patienten müssen wissen, dass sie das Produkt nicht nur auf eigene Rechnung, sondern auch auf eigenes Risiko kaufen. Denn die internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation stuft Dichloracetat als möglicherweise krebserregend (2b) ein.

Ein weiteres Problem: Bei der Einnahme von ungeprüften Substanzen kann es zu schädlichen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen. „Zu Recht ist der Weg von einem potenziellen Wirkstoff im Labor bis zu einem zugelassenen Medikament ein langwieriger und hochkomplexer Prozess, bei dem in jeder Hinsicht auf Nummer sicher gegangen wird", ist Weg-Remers überzeugt. Oft muss eine zunächst vielversprechende Substanz verworfen werden, weil sie sich im Laufe ihrer umfangreichen klinischen Prüfung als ungeeignet, unwirksam oder unsicher erweist. Auch dies ist zu bedenken, wenn Substanzen zur Krebstherapie angepriesen werden, die nicht als Medikament zugelassen sind. Verlässliche Informationen zum aktuellen Stand der Forschung, zum Stellenwert der Substanzen für die Krebsbehandlung sowie zu Risiken, Neben- und Wechselwirkungen gibt es beim Krebsinformationsdienst.

Der Krebsinformationsdienst ist täglich von 08:00 bis 20:00 Uhr unter 0800-420 30 40 und per E-Mail krebsinformationsdienst@dkfz.de erreichbar.


Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

26.08.2019

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