Eine runde Zellstruktur in Blau- und Grüntönen vor einem schwarzen Hintergrund
Mini-Tumore, sogenannte Organoide, werden aus Gewebe von Enddarmkrebs hergestellt. Sie dienen als Modell des Tumors, um neue Therapien zu testen.

Bildquelle: Universitätsmedizin Mannheim; © Johannes Betge 

News • Forschung zum Rektumkarzinom

Forscher machen Enddarmkrebs anfälliger für Strahlentherapie

Forschungsteam aus Mannheim und Heidelberg erforscht eine medikamentöse Kombinationstherapie, die die Strahlentherapie bei Enddarmkrebs wirksamer machen kann.

Darmkrebs ist eine der Hauptursachen für krebsbedingte Sterblichkeit. Mehr als ein Drittel der Darmkrebsfälle haben ihren Ursprung im Enddarm. Bösartige Veränderungen des Enddarms, sogenannte Rektumkarzinome, werden häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, wenn der Tumor schon eine gewisse Größe erreicht hat. Um die chirurgische Entfernung des Tumors zu erleichtern, werden diese Patienten in der Regel vor der Operation mit einer Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie behandelt. Man spricht von einer neoadjuvanten Chemoradiotherapie. Deren Ziel ist es, den Tumor zu verkleinern, um ihn besser operieren zu können. Dies ist die derzeitige Standardbehandlung für die meisten lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinome. 

Bemühungen, die Behandlungsergebnisse zu verbessern, konzentrieren sich in der Regel darauf, die präoperative Chemotherapie zu intensivieren. Die Krux: Dies kann zwar tatsächlich das Ansprechen auf die Behandlung verbessern, geht jedoch häufig mit schweren Nebenwirkungen einher. Außerdem fehlt es bislang an gezielten medikamentösen Therapieansätzen, die molekulare Schwachstellen des Tumors ausnutzen, um ihn wirksam zu bekämpfen. 

Diese Ergebnisse liefern eine starke experimentelle Grundlage, um die Kombinationstherapie künftig auch in klinischen Studien bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom zu testen

Johannes Betge

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Dr. Johannes Betge vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Professor Dr. Tianzuo Zhan von der II. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim verfolgt eine alternative Strategie, um die Therapie bei lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom zu verbessern, und hat damit im Labor sehr vielversprechende Ergebnisse erzielt. Die Wissenschaftler setzen auf eine medikamentöse Kombinationstherapie, die die Empfindlichkeit des Tumors für die anschließende Strahlentherapie erhöhen soll. 

Im Fachjournal Cell Reports Medicine stellen die Forscher ihre Erkenntnisse vor

Die Untersuchungen im Labor erfolgten mithilfe von Mini-Tumoren, sogenannten Organoiden – dreidimensionalen Gewebekulturen, die die Wissenschaftler aus Zellen von Patienten mit Enddarmkrebs herstellten. Sie können die Reaktion des menschlichen Tumorgewebes auf Medikamente und Strahlentherapie realistischer nachbilden als herkömmliche Zellkulturen und bilden damit ein ideales Testsystem für diese Fragestellung. In Tests mit rund 1600 Medikamentenkombinationen und anschließender Strahlenbehandlung konnten die Forschenden neue Kombinationen von Medikamenten identifizieren, die die Wirkung der Strahlentherapie deutlich verbessern und trotzdem gut verträglich sind. 

Sie stellten fest, dass Inhibitoren der RAS-MAPK-Signalübertragung, und insbesondere MEK-Inhibitoren, das Ansprechen auf die Bestrahlung stark verbessern. Der RAS-MAPK-Signalweg ist eine wichtige zelluläre Signaltransduktionskaskade, die maßgeblich an der Kontrolle des Zellzyklus beteiligt ist. MEK-Inhibitoren greifen in den Signalweg ein, indem sie Transkriptionsfaktoren lahmlegen und damit die Vermehrung von Tumorzellen hemmen. „Wir konnten zeigen, dass MEK-Inhibitoren Tumorzellen empfindlicher für Strahlung machen, indem sie die durch Bestrahlung aktivierte Ras-MAPK-Signalübertragung unterdrücken und zugleich zentrale DNA-Reparaturmechanismen der Zelle hemmen“, erklärt Professor Tianzuo Zhan. 

Besonders wirksam war die zusätzliche Kombination mit einem sogenannten PARP-Inhibitor, einem weiteren Wirkstoff, der die DNA-Reparatur in Krebszellen blockiert. In Mausmodellen führte die Dreifach-Kombination aus Strahlung, MEK- und PARP-Inhibition zu einer deutlich verbesserten Kontrolle des Tumorwachstums – bei guter Verträglichkeit. „Diese Ergebnisse liefern eine starke experimentelle Grundlage, um die Kombinationstherapie künftig auch in klinischen Studien bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom zu testen“, betont Professor Johannes Betge Das Projekt wurde unter anderem durch die Hector-Stiftung gefördert. 


Quelle: Universitätsmedizin Mannheim 

12.08.2025

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