Überzeugend auf der ganzen (Leit)linie
Es war ein bisschen wie der Kampf von David gegen Goliath, als Prof. Lars Grenacher, Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, im Auftrag der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) das erste Mal vor dem Expertengremium auftrat, das die S3-Leitlinie für das Magenkarzinom verabschieden sollte.
Etwa 40 Köpfe aus internistischen und chirurgischen Fachgesellschaften – und nur ein einziger Radiologe! Nicht die ideale Ausgangslage für die Verankerung radiologischer Innovationen.
Doch Prof. Grenacher hatte die Fakten auf seiner Seite. Diverse Vergleichsstudien konnten nämlich nachweisen, dass die Multidetektor-CT aufgrund ihrer hohen Ortsauflösung (bis zu 0,33 Millimeter) mit der Endoskopie mindestens gleichauf liegt, wenn nicht sogar das überlegene Verfahren beim Tumorstaging ist. Die Datenlage der De-novo-Recherche überzeugte auch das Komitee. Seitdem ist das Verfahren in den 2011 verabschiedeten Leitlinien zum Magenkarzinom fest verankert.
Ein großer Erfolg, berichtet Grenacher, denn: „Wer noch in die Vorgängerleitlinie schaut, wird die Bildgebung lediglich in Form eines Röntgenthorax für die Diagnostik von Lungenmetastasen und eines Ultraschalls für die Diagnostik von Lebermetastasen vertreten finden. Damals ging es in der Versorgung von Magenkrebs ausschließlich um die Frage: Muss der Magen heraus- operiert werden oder nicht?“ Das hat sich mit dem Durchbruch multimodaler Behandlungsansätze (chirurgische Teilresektion, endoskopische Mukosa- Abtragung, Neoadjuvanz) von Grund auf geändert. Aber nicht nur die Therapie hat große Fortschritte gemacht, auch die CT hat sich weiterentwickelt. „Erst durch die Multidetektortechnik ist es möglich geworden, die Fragestellungen, die interdisziplinäre Behandlungskonzepte heute aufwerfen, radiologisch zu beantworten. Bisher war das ganz klar die Domäne der Endoskopie und der endoskopischen Sonographie“, so Grenacher.
Um die Strukturen im Submillimeterbereich optimal darzustellen, wird bei der Bildgebung des Abdomens ein spezielles Untersuchungsprotokoll gefahren, die sogenannte Hydro-CT, erklärt der Heidelberger Radiologe: „Dafür trinkt der Patient unmittelbar vor der Untersuchung einen bis anderthalb Liter Wasser. Für die Spasmolyse bekommt er zusätzlich noch Buscopan, damit die Magenperistaltik für 20 Minuten ausgeschaltet wird. Das getrunkene Wasser dehnt die Magenblase dann richtig schön auf, sodass wir die tumortragende Magenwand perfekt beurteilen können.“
Durch die hohe Auflösung lässt sich nicht nur zuverlässig beurteilen, in welchem Stadium sich der Tumor befindet und ob der Patient operabel ist oder nicht, auch Rezidive lassen sich frühzeitig aufspüren. Da die Uni- versitätsklinik Heidelberg auch Pankreas-Exzellenzzentrum ist, haben Prof. Grenacher und seine Kollegen hierzu eine Studie aufgesetzt, die aufzeigen konnte, dass diese Information einen signifikanten Überlebensvorteil für die Betroffenen bedeutet. Denn Pankreas- Patienten mit einem operierbaren Lokalrezidiv haben eine mediane Überlebenszeit von 26 Monaten, während Patienten mit einem nichtoperierbaren Lokalrezidiv im Durchschnitt elf Monate überleben.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der S3-Leitlinie zum Magenkarzinom hat sich das Expertengremium rund um das Leitlinienprogramm „Onkologie“ nun einem wesentlich schwierigeren Kapitel zugewandt. Es geht um die Entwicklung einer S3-Leitlinie für das Ösophaguskarzinom. Wieder mit von der Partie als Vertreter der DRG: natürlich Lars Grenacher. Und auch diesmal, verrät er zum Schluss, wird die CT wieder eine wesentliche Rolle spielen.
Im Profil:
Prof. Dr. Lars Grenacher wurde 2009 zum Stellvertretenden Ärztlichen Direktor und Leitenden Oberarzt der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Heidelberg ernannt. Er ist außerdem Leiter der Sektion Abdominelle Radiologie, wo er unter anderem zu innovativen Bildgebungsmethoden zur Gewebeperfusion forscht. Darüber hinaus sitzt der 46-Jährige im Vorstand der AG Gastrointestinal-/ Abdominaldiagnostik der DRG.
Veranstaltung
Raum Porstmann
Mi., 28. 05. 2104,
15:00 - 15:30 Uhr
Pankreas-Raumforderungen: DWI-MRT, PET-CT – was bringen die neuen Techniken?
Grenacher L. / Heidelberg
Refresherkurs: Gastro I – Pankreas
23.05.2014