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News • Gallensäuren im Fokus
Magenbypass-OP bei Adipositas könnte Darmkrebsrisiko senken
Jährlich erkranken mehr als 60.000 Menschen neu an Darmkrebs, einer der häufigsten Krebsarten in Deutschland. Menschen mit starkem Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko.
Eine nun im Fachjournal Science Translational Medicine veröffentlichte Studie zeigt: Ein operativer Magenbypass hilft nicht nur dabei das Gewicht langfristig zu reduzieren und Folgeerkrankungen zu vermeiden. Die Operation könnte auch das Risiko senken, an Darmkrebs zu erkranken. Forscher des Universitätsklinikums Freiburg berichten in einer Studie, dass bei Mäusen ein Magenbypass das Risiko für Darmkrebs deutlich verringerte und die Bildung von Metastasen fast vollständig verhinderte. Entscheidend dabei sind dabei die Gallensäuren. Erste Patientendaten bestätigen den Zusammenhang.
Wir konnten im Tiermodell zeigen, dass ein Magenbypass sich auf die Zusammensetzung der Gallensäure auswirkt und damit das Darmkrebs-Risiko senkt
Rebecca Kesselring
„Menschen mit Adipositas weisen einen veränderten Gallensäurestoffwechsel auf. Wir konnten im Tiermodell zeigen, dass ein Magenbypass sich auf die Zusammensetzung der Gallensäure auswirkt und damit das Darmkrebs-Risiko senkt“, sagt Privatdozentin Dr. Rebecca Kesselring, Leiterin der Studie an der Klinik für Allgemein‑ und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. „Ein Magenbypass könnte also bei gefährdeten Personen das Risiko für Darmkrebs deutlich reduzieren“, so Kesselring.
Ein Magenbypass ist ein operativer Eingriff zur Behandlung von starkem Übergewicht und dem metabolischen Syndrom. Dabei wird der Magen verkleinert und ein Teil des Dünndarms umgangen. So gelangt die Nahrung schneller in tiefere Abschnitte des Darms – das sorgt für ein schnelleres Sättigungsgefühl und verändert den Hormon- und Gallensäurehaushalt im Körper.
Das Forschungsteam um Kesselring verglich drei Gruppen: Mäuse, die mit Magenbypass Gewicht verloren hatten, gewichtsreduzierte Tiere ohne Operation und adipöse Kontrolltiere mit Scheinoperation. Es zeigte sich: Nur der Bypass schützte vor Tumoren. Gleichzeitig entdeckten die Forscher, dass sich die Zusammensetzung der Gallensäure durch die Operation sehr stark verändert hatte. Ein direktes Umleiten der Gallensäure in den unteren Dünndarm hatte denselben Schutzeffekt.
Laborversuche mit Tumor-Organoiden, menschlichen Mini‑Tumoren, belegten den Mechanismus: Bestimmte Gallensäuren beschleunigten die Zellteilung und damit potenziell das Tumorwachstum, während ihr Fehlen das Wachstum bremste. Zur klinischen Einordnung analysierten die Wissenschaftler Blutproben von 41 Patienten mit Darmkrebs und späteren Lebermetastasen. Wer hohe Spiegel primärer Gallensäuren aufwies, entwickelte im Median mehr als ein Jahr früher neue Metastasen als Personen mit niedrigen Werten.
„Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt, um die steigenden Zahlen von Darmkrebs vor allem bei jungen Patienten zu verstehen und zukünftig Menschen vor Darmkrebs zu schützen“, sagt Prof. Dr. Stefan Fichtner-Feigl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Freiburg.
In weiteren Studien will die Arbeitsgruppe Onkoimmunologie von Rebecca Kesselring prüfen, ob die Zusammensetzung der Gallensäure auch ohne Operation therapeutisch beeinflusst werden kann – etwa durch spezielle Medikamente oder durch kombinierte Eingriffe an Magen und Gallengang. Geplant sind zudem größere Studien, um Gallensäuren als Biomarker für das Metastasierungsrisiko einzusetzen.
Quelle: Universitätsklinikum Freiburg
17.07.2025