Bildquelle: USZ / Christoph Stulz
News • Erweiterung der Herzkranzgefäße
Revaskularisation nach Herzinfarkt: lieber sofort agieren
Nach einem Herzinfarkt kann es sich lohnen, bereits bei der ersten Intervention zur Behandlung des Herzinfarktes auch Engstellen in Nicht-Infarktgefäßen zu behandeln.
In einer großen, internationalen Studie konnten Kardiologen am Universitätsspital Zürich (USZ) zeigen, dass diese Behandlungsstrategie gegenüber einem zeitlich versetzten Vorgehen Vorteile hat. Das Resultat ist hochrelevant für die klinische Praxis. Das Forschungsteam veröffentlichte seine Erkenntnisse im New England Journal of Medicine und stellte die Studie auch auf dem Europäischen Kongress für Kardiologie (ESC) vor.
Ein Herzinfarkt wird durch den akuten Verschluss eines Herzkranzgefäßes verursacht. Damit der Herzmuskel wieder durchblutet wird, werden die betroffenen Gefäße mittels einer sofortigen minimalinvasiven Intervention wiedereröffnet. Bei der Hälfte der Patienten sind weitere Nicht-Infarktgefäße durch Ablagerungen verengt. Diese Patienten haben ein erhöhtes Risiko zukünftiger kardiovaskulärer Ereignisse. Studien haben gezeigt, dass mit einer Behandlung von Engstellen in Nicht-Infarktgefäßen statt einer alleinigen Behandlung des Infarktgefäßes weitere Herzinfarkte und erneute Eingriffe verhindern kann. Der optimale Zeitpunkt der Behandlung von Engstellen in Nicht-Infarktgefäßen war aber bisher unklar.
Wir konnten erstmals zeigen, dass die sofortige Behandlung aller Herzkranzgefäße das Risiko für spätere Herzinfarkte und auch die Notwendigkeit eines erneuten Eingriffes reduziert
Barbara Stähli
In ihrer Studie ging das Forschungsteam um Barbara Stähli, Leitende Ärztin an der Klinik für Kardiologie des USZ, der Frage nach, ob eine Behandlung von Engstellen in Nicht-Infarktgefäßen unmittelbar im Anschluss an die Wiedereröffnung des Infarktgefäßes einer elektiven Behandlung in einem Zweiteingriff nicht unterlegen ist. Für die Studie wurden an 37 Spitälern in ganz Europa insgesamt 840 Patienten mit Herzinfarkt und koronarer Mehrgefäßerkrankung untersucht. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt: In einer Gruppe erfolgte die Behandlung von Engstellen in Nicht-Infarktgefäßen sofort, in der anderen in einem geplanten Zweiteingriff nach 19 bis 45 Tagen. Analysiert wurde, ob nach einem Jahr eines der folgenden Ereignisse eingetreten war: Tod, erneuter Herzinfarkt, Schlaganfall, ein erneuter ungeplanter Ischämie-bedingter Eingriff oder eine Hospitalisation aufgrund einer Herzschwäche.
Die Studie hat gezeigt, dass dies bei 35 Betroffenen (8,5%) in der Gruppe, die sofort behandelt worden war, und bei 68 Patienten (16,3%) in der Gruppe, bei welcher eine zweizeitige Behandlung durchgeführt wurde, der Fall war. Dabei stachen zwei Ergebnisse hervor: Nur acht Patienten (2%) in der ersten Gruppe erlitten einen erneuten Herzinfarkt, während es bei der zweiten Gruppe 22 waren (5,3%). Ein ungeplanter Ischämie-bedingter erneuter Eingriff war in der ersten Gruppe bei 17 Patienten (4,1%), in der zweiten bei 39 (9,3%) notwendig. Keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen wurde in Bezug auf die Anzahl Todesfälle sowie die Anzahl Schlaganfälle und Hospitalisationen aufgrund einer Herzschwäche beobachtet. Für Barbara Stähli ein eindrückliches Resultat: "Wir konnten erstmals zeigen, dass die sofortige Behandlung aller Herzkranzgefäße das Risiko für spätere Herzinfarkte und auch die Notwendigkeit eines erneuten Eingriffes reduziert".
Die Studienergebnisse sind für die klinische Praxis hochrelevant, da sie aufzeigen, dass eine sofortige Intervention keine Nachteile für die Patienten mit sich bringt. Im Gegenteil: Eine sofortige Behandlungsstrategie bringt eine niedrigere Rate an Reinfarkten und erneuten, ungeplanten Eingriffen mit sich, zugleich kann den Patienten dadurch ein zweiter geplanter Eingriff mit Hospitalisation erspart werden. Auch volkswirtschaftlich ist die Studie deshalb letztlich von Interesse.
Quelle: Universitätsspital Zürich
31.08.2023