Quelle: Unsplash/Nick Jio

News • Innovationspreis

Lymphödeme: Früherkennung dank Smartwatch

Rund zehn Prozent aller Krebserkrankten leiden unter Lymphödemen: Geschwollene Beine, Arme oder Brustpartien. Ein Startup der Eidgenössischen Technische Hochschule (ETH) Zürich hat nun ein Instrument zur frühen und unkomplizierten Diagnose dieser Ödeme entwickelt.

Dafür sind die Jungunternehmer für den ZKB-Pionierpreis nominiert. Wenn jemand an Krebs erkrankt, sind oft einzelne oder mehrere Lymphknoten von Metastasen bildenden Krebszellen besiedelt. Deshalb werden in der Therapie die betroffenen Knoten entfernt, allerdings mit dem Risiko, dass das lymphatische System kollabiert.

Dieses ist für den Transport von Proteinen, Nährstoffen, Abfallprodukten und auch Immunzellen zuständig, und zwar mittels einer Flüssigkeit namens Lymphe. Funktioniert das Lymphsystem nicht mehr einwandfrei, sammelt sich in den betroffenen Körperregionen Flüssigkeit an, es kommt zu Schwellungen an Armen und Beinen, den Lymphödemen. Zwar sind diese nicht lebensbedrohlich und können mittels Kompressionsstrümpfen, Lymphdrainage, Physiotherapie und Diäten zumindest teilweise therapiert werden. Aber chronische Lymphödeme können zu Veränderungen des Gewebes und somit zu Hautschäden führen. Zudem leiden Betroffene auch psychisch, weil die Ödeme gut sichtbar sind und entstellend sein können.

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News • Diagnostik und Therapie

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Ein Fluoreszenzdetektor im Smartdevice verfolgt die Aufnahme des Farbstoffs in den lymphatischen Gefäßen

Patrizia Marschalkova

Bei rund zehn Prozent aller Krebserkrankten treten Lymphödeme auf, besonders häufig sind sie bei Brust-, Prostata-, Genital- und Hautkrebs. "Die bisherige Diagnostik von Lymphödemen konzentriert sich auf die Symptome, also die Ansammlung von Flüssigkeit", sagt Patrizia Marschalkova. Die ETH-Absolventin ist Gründerin und Geschäftsführerin von Dicronis, einem ETH-Spin-off, das ein Instrument zur frühen und einfachen Diagnose von Lymphödemen entwickelt hat – das "Lymphit". Dabei handelt es sich um eine winzige Platte mit mehreren Mikronadeln. Patienten kleben sich dieses "Mikropflaster" für eine Minute aufs Handgelenk. Die Mikronadeln sind lang genug, um in die Haut einzudringen, aber doch so kurz, dass sie nicht in Kontakt mit Schmerznerven kommen. "Bei Kontakt mit dem wässrigen Milieu der Haut lösen sich die Mikronadeln auf und setzen einen Fluoreszenzfarbstoff frei", erklärt Marschalkova. Nach einer Minute werden die Nadeln entfernt, anstelle des Pflasters kommt nun ein intelligentes Armband – ähnlich einer Smartwatch – zum Einsatz. Dieses müssen die Betroffenen 6 Stunden lang tragen. "Ein Fluoreszenzdetektor im Smartdevice verfolgt die Aufnahme des Farbstoffs in den lymphatischen Gefäßen", erklärt Marschalkova. So kann eine Fehlfunktion des lymphatischen Systems erkannt werden, bevor sie sich in Schwellungen manifestiert. Das Gerät übermittelt die Daten direkt an die behandelnde Ärztin. Auch bei Betroffenen, die bereits in einer Therapie sind, kann der Detektor hilfreich sein: Ärzte können damit einfach überprüfen, ob die Behandlung erfolgreich ist oder angepasst werden muss.

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Die Jungunternehmer Laura Jabinet (von links), Jovan Jancev und Patrizia Marschalkova von Dicronis.
Quelle: ETH Zürich/Florian Bachmann

Marschalkova befasste sich bereits während ihrer Masterarbeit in pharmazeutischen Wissenschaften mit der Mikronadeltechnologie und machte sich dann auf die Suche nach möglichen Anwendungen. Dabei stieß sie auf die Problematik der Lymphödeme und erkannte schnell das Potenzial. "Mir war nicht bewusst, wie viele Menschen davon betroffen sind", sagt die 28-Jährige. Ihr Studienkollege Jovan Jancev ließ sich von ihrer Idee anstecken und motivierte sie, an der Entwicklung eines Diagnoseinstruments zu arbeiten. Im Mai 2018 gründeten die beiden gemeinsam mit Fabrizio Esposito "Dicronis", der Name kommt von "diagnostic microneedles". Die Jungunternehmer, die dank eines ETH-Pioneer-Fellowships ihr Projekt starten konnten und zurzeit im ieLab forschen, haben mit ihrer Idee bereits verschiedene Startup-Preise gewonnen und sind jetzt für den ZKB-Pionierpreis nominiert.

Der Hauptpreis von knapp 100.000 Franken wäre ein willkommener Beitrag, damit sie ihr Unternehmen voranbringen können. Die nötigen Patente sind zwar gesichert, die Mikronadeln geprüft und getestet, auch ein Partner für die Entwicklung der Smartwatch ist gefunden. "Aber die klinischen Studien, die wir im Herbst dieses Jahres durchführen möchten, sind noch nicht finanziert", so Marschalkova. Zudem wollen die Jungunternehmer ihr Projekt noch verfeinern, um potenzielle Investoren zu gewinnen. Läuft alles nach Plan, soll "Lymphit" in drei Jahren auf den Markt kommen. Das wäre erst der Anfang. "Wir haben Ideen für weitere Produkte", verrät Marschalkova. 

Update: 8. Mai: Den ZKB Pionierpreis TECHNOPARK® 2019 gewann Optimo Medical AG. 

Quelle: ETH Zürich

29.04.2019

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