Labormedizin: Einer der größten Treiber des medizinischen Fortschritts

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Labormedizin: Einer der größten Treiber des medizinischen Fortschritts

Die neuen Methoden und Verfahren der Labormedizin sind insbesondere seit der Sars-CoV-2-Pandemie in den öffentlichen Fokus gerückt. Doch das Fach entwickelt sich dynamisch.

Ein besonders innovatives Verfahren stellen beispielsweise an Kinder angepasste Biomarker dar, die eine verbesserte Therapiesteuerung bei Kindern mit Herzfehlern ermöglichen. Um bestmöglich auf die Chancen aber auch Risiken der Künstliche Intelligenz (KI) vorbereitet zu sein, wird die DGKL ihren Nachwuchs künftig in KI ausbilden. Und Point-of-care-testing (POCT) entwickelt sich rapide mit einer Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten, dabei ist die Herausforderung, sinnvolle von weniger sinnvollen Tests zu unterscheiden. 

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Anlässlich der 18. Jahrestagung der DGKL im Rahmen des Deutschen Kongresses für Laboratoriumsmedizin in Mannheim präsentieren der Präsident der DGKL, Prof. Harald Renz sowie Prof. Bernd Luppa, Dr. Jakob Adler und Prof. Stefan Holdenrieder im Rahmen einer Pressekonferenz Einblicke in die Entwicklungen des Fachgebietes. Sie verdeutlichen die zentrale Bedeutung der klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin für den Fortschritt der Medizin und damit die Verbesserung der Patientenversorgung. „Für die Weiterentwicklung der Medizin ist eine präzise Diagnostik unerlässlich, denn sie bildet die Basis für weiterführende Therapien“, so Renz. „Rund zwei Drittel aller klinischen Entscheidungen beruhen auf Ergebnissen von In-vitro-Tests“, verdeutlicht Renz. Mit der Vorstellung des 5-Punkte-Papiers der DGKL hebt er die Labormedizin als eine ärztliche Disziplin hervor. Besonders mi der Entwicklung der individualisierten Präzisionsmedizin zeigt sich die Bedeutung der modernen Diagnostik. „Prävention und Vorsorge stehen zunehmend auch aus sozio-ökonomischen Notwendigkeiten mehr und mehr im Fokus der Politik“ so Renz weiter. Ein gegenwärtiger Schub an neuen Methoden und Verfahren, wie die zelluläre und molekularbiologische Diagnostik, sowie neue Ansätze in der patientennahen Labordiagnostik zeigt die Aktualität der Thematik. 

Zudem spielt die rasche Entwicklung der Digitalisierung, das Fortschreiten der Künstlichen Intelligenz und der Ausbau von Algorithmen eine wegweisende Rolle. Prof. Dr. Peter Luppa (leitender Oberarzt am Institut für Klinische Chemie und Pathochemie am Klinikum rechts der Isar der TU München) stellt die rapide Entwicklung der patientennahen Labordiagnostik (Point-of-care-testing, POCT) vor. Neben den bekannten und weit verbreiteten PCR-Schnelltests sind die PoC-NAT-Tests hervorzuheben. Diese Tests basieren ebenfalls auf Nukleinsäure-Amplifikations-Technik (NAT) und können patientennah vor Ort in kurzer Zeit durchgeführt werden. Auch im klinischen Umfeld ist der molekulare Nachweis von verschiedenen Infektionserregern von erheblicher Bedeutung. Deshalb befürworten auch führende Fachgesellschaften die Implementierung von PoC-NAT-Verfahren im Klinikbereich. Prof. Luppa hebt hervor, dass dabei die medizinisch valide Ergebnisinterpretation und die Qualitätssicherung im interdisziplinären Kontext im Vordergrund stehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, sinnvolle von nicht sinnvollen POCT-Verfahren zu unterscheiden und zu definieren, damit die Patientensicherheit an erster Stelle steht.

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Artikel • Schwerpunkt Point-of-Care-Testing

POCT: Ganz nah am Patienten

Wenn die Diagnostik zum Patienten kommt: Beim Point-of-Care-Testing (POCT) dreht sich alles um patientennahe Untersuchungen – auf der Krankenstation, in der Praxis, im Notarztwagen oder sogar in der Wohnung des Patienten. Hier lesen Sie alles zu labormedizinischen Schnelltests, aber auch mobiler Bildgebung.

Ein weiteres Themengebiet stellt Dr. Jakob Adler (Facharzt für Laboratoriumsmedizin am Institut für Hämostaseologie und Pharmakologie und am Institut für Medizinische Diagnostik in Berlin) vor. Er legt ein Augenmerk auf die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz in der Labormedizin. Bei bildgebenden Verfahren, Auswertungen von Blutausstrichen oder der Urindiagnostik tragen KI-gestützte Lösungen bereits jetzt dazu bei, Arbeitsabläufe und komplexe Diagnosen zu automatisieren und standardisieren. Aber auch neuere Sprachmodelle wie ChatGPT können zur Auswertung von Datenquellen und der Befundgenerierung eingesetzt werden.
Die Herausforderung laut Adler dabei ist, aus den Daten(mengen) neues Wissen zu generieren, neue Erkenntnisse zu Erkrankungen und bisher unbekannte Zusammenhänge im menschlichen Organismus aufzudecken. „Zweifelsohne wird Künstliche Intelligenz die Medizin in Richtung personalisierter Medizin weiter stark befördern“ ist sich Adler sicher. Zu diesem Zweck hat sich die DGKL zum Ziel gesetzt, labormedizinischen Nachwuchs in KI auszubilden. „Nur wenn die Anwender den der KI zugrunde liegenden Algorithmus verstehen, können sie die KI sicher anwenden und die Ergebnisse bewerten“ verdeutlicht Adler. 

Durch genetische Marker kann der Tumor identifiziert und so das passende Medikament eingesetzt bzw. ungeeignete/unnötige Medikamente weggelassen werden

Stefan Holdenrieder

Prof. Dr. Stefan Holdenrieder (Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Deutschen Herzzentrum München) knüpft an die stetig wachsenden Anforderungen und damit auch Möglichkeiten der Analysemethoden an und präsentiert Innovationen in der Diagnostik onkologischer und kardiologischer Erkrankungen. Als Begleitdiagnostika sind klinische In-vitro-Labortests zu nennen, die durch die Bestimmung von ein oder mehreren Biomarkern dazu beitragen, die Wirksamkeit beispielsweise einer gezielten Krebstherapie vorherzusagen. „Durch genetische Marker kann der Tumor identifiziert und so das passende Medikament eingesetzt bzw. ungeeignete/unnötige Medikamente weggelassen werden“, so Holdenrieder. Eine wesentliche Neuerung in der Begleitdiagnostik onkologischer Erkrankungen bedeutet nach Auffassung von Holdenrieder das Liquid Profiling – die Diagnostik im Blut zirkulierender Nukleinsäuren (CNAPS). Er ist sich sicher, dass diese Diagnosetechnik schnell den Sprung von einer wissenschaftlichen Forschungsmethode in die klinische Praxis schafft - from bench to bedside. 

Ebenso unerlässlich zur schnellen und verlässlichen Interpretation von Biomarkeranalysen sind gültige Referenzwerte. Im Herzzentrum München wurde ein standardisiertes Modell für den Biomarker NT-proBNP entwickelt, welches anhand altersabhängiger Referenzwerte eine bessere Therapiesteuerung bei Kindern mit Herzfehlern ermöglicht. Die vielfältigen Einsatzgebiete der Laboratoriumsmedizin, die durch die Experten der DGKL eindrucksvoll präsentiert werden, verdeutlichen die Zielsetzung der Fachgesellschaft, die Weiterentwicklung der Laboratoriumsmedizin auf breiter Ebene voranzutreiben. Basis dafür bieten sowohl Förderungen auf wissenschaftlicher Ebene als auch gesellschaftspolitische Entwicklungen. 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin

20.10.2023

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