© Constanze Tillmann/ Messe Düsseldorf
News • Medica Labmed Forum
Trends, Innovationen und "Aufreger" in der Labormedizin
Krebs und Herzkreislaufkrankheiten, Infektionen und neue antibakterielle Wirkstoffe, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz – das sind einige der Topthemen, die beim diesjährigen Medica Labmed Forum im Rahmen der Medica 2023 in Düsseldorf diskutiert werden.
Das Forum hat sich in den letzten Jahren zu einem stets besonders beachteten Programmelement der international führenden Fachmesse für die Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik-Industrie entwickelt und findet an allen vier Veranstaltungstagen der Medica (Laufzeit 2023: 13. – 16. November) in Messehalle 1 statt. Wissenschaftlich hochkarätiges Bühnenprogram wird hier jeweils von 10:30 Uhr bis 16:00 Uhr geboten.
Bei aller Komplexität der Themen zeichnet es das Forum aus, dass die Vorträge kurz, präzise und verständlich gehalten sind und in Podiumsdiskussionen vertieft werden.
Wie schon im letzten Jahr wurde das anspruchsvolle Programm von Prof. Stefan Holdenrieder und Prof. Georg Hoffmann (Deutsches Herzzentrum an der Technischen Universität München) organisiert. In den Mittagspausen wird ausstellenden Unternehmen der Medica 2023 die Gelegenheit geboten, sich in firmenbezogenen Kurzvorträgen zu präsentieren.
Tag 1: Labormanagement
Der Medica-Montag startet mit zwei „Aufreger“-Themen, die die Laboratoriumsmedizin aktuell sehr bewegen: die potenzielle Existenzbedrohung kleiner IVD-Unternehmen und spezialisierter Laboratorien durch die „In-Vitro Diagnostics Regulation“ (IVDR) sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) mit neuen Chancen, aber auch Risiken. Unter der Leitung von Prof. Astrid Petersmann (Universität Oldenburg) diskutieren die Fachleute am Vormittag, welche Herausforderungen die neue EU-Verordnung zur Qualitätssicherung diagnostischer Tests mit sich bringt und wie sie gemeistert werden können.
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren
Artikel • Medtech-Branche fordert Überarbeitung der Richtlinien
MDR & IVDR: Update oder Systemabsturz?
Seit ihrer Einführung sorgen die EU-Verordnungen über Medizinprodukte (MDR) und In-vitro-Diagnostika (IVDR) in der Branche für lange Gesichter: Zu kompliziert, zu bürokratisch, eine Innovationsbremse sollen sie sein, so die Medizintechnik-Verbände. Mit Blick auf die bevorstehende Europawahl bringen sich die Branchenvertreter daher in Position, um den Regelwerken eine neue Richtung zu geben.
Am Nachmittag folgt eine nicht minder spannende Diskussion, inwieweit Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen die Arbeit der Laboratorien verändern wird. Eines der am weitesten fortgeschrittenen Einsatzgebiete ist aktuell die automatische Auswertung mikroskopischer Bilder und komplexer Datensätze, zum Beispiel in der Leukämiediagnostik.
Tag 2: Fortschritte der klinischen Diagnostik
Am zweiten Tag werden unter der Leitung von Prof. Stefan Holdenrieder, Deutsches Herzzentrum München, neue labormedizinische Entwicklungen in der Onkologie und Kardiologie diskutiert. Untersuchungen der letzten Jahre haben das enorme Potenzial von Blutuntersuchungen für die Diagnose, Prognosebeurteilung und Therapiesteuerung von Krebserkrankungen aufgezeigt. So etablieren sich zirkulierende Tumorzellen und Nukleinsäuren zunehmend als zweites methodisches Standbein, das der Onkologie jenseits der klassischen Gewebeuntersuchung neue Perspektiven eröffnet.
Auch in der Kardiologie ist ein methodischer Perspektivwechsel erkennbar: Molekulardiagnostische Tests erlauben eine immer bessere Risikovorhersage bei arteriosklerotisch bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und dank der Fortschritte der Herzchirurgie nimmt auch die Bedeutung genetischer Untersuchungen bei angeborenen Herzfehlern zu. Darüber hinaus stellt die Thromboinflammation ein neues pathophysiologisches Konzept zum Verständnis der Thrombogenese dar.
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren
Interview • Die Herzschädigungs-Detektive
Warum Biomarker in der Diagnostik unverzichtbar sind
Prof. Stefan Holdenrieder, Leiter des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Deutschen Herzzentrum in München, berichtet im Interview mit Healthcare in Europe von neuen Test-Methoden und erklärt, wie Biomarker die diagnostische Zukunft verändern.
Tag 3: Die Perspektive junger Wissenschaftler
Der dritte Tag des Forums gehört traditionell dem wissenschaftlichen Nachwuchs in der Laboratoriumsmedizin. PD Dr. Verena Haselmann, Oberärztin am Universitätsklinikum Mannheim, lädt alljährlich junge Kollegen ein, über ihre aktuellen Forschungsthemen zu berichten und so einen Ausblick auf die Zukunft des Faches geben.
Das Leitmotiv im Jahr 2023 setzen die „Data Sciences“, die naturgemäß bei der intelligenten Auswertung großer Datenmengen aus dem Labor auf junge Menschen eine besondere Anziehungskraft ausüben. Das inhaltliche Spektrum der Vorträge reicht am Vormittag von KI-gestützter Bildauswertung über die Analyse komplexer Labordaten bis zur automatischen Erstellung von Befundberichten. Am Nachmittag werden dann unter anderem praktische Einsatzmöglichkeiten im Krankenhaus, im niedergelassenen Bereich und in der Diagnostica-Industrie diskutiert.
Tag 4: Innovation aus Sicht der Industrie
Der letzte Veranstaltungstag beginnt beim Medica Labmed Forum mit einem Überblick über diagnostische Lösungen, die die Zeit bis zur Identifizierung von Krankheitserregern erheblich verkürzen und damit die wirksamste therapeutische Reaktion in einem frühen Stadium ermöglichen, anstatt riskante diagnostische Schleifen zu drehen und Zeit zu verlieren. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Management der Sepsis durch rasche Erregeridentifikation und gezielten Einsatz von Antibiotika.
Bakterielle Resistenzen gegen Antibiotika sind ein ernstes und wachsendes Gesundheitsproblem, das in einigen Gesundheitssystemen [...] als neue Normalität akzeptiert wird und so in der Zukunft Tausende von Menschenleben kosten könnte
Peter Quick
Die Vertiefung der Grundlagen- und Anwendungsforschung öffnet den Blick für künftige Optionen jenseits der klassischen Antibiotikatherapie mit dem Ziel, das Problem der Resistenzentwicklung durch innovative Ansätze abzumildern. Das Spektrum der diskutierten Möglichkeiten reicht vom Einsatz kleiner Moleküle gegen Bakterientoxine oder spezifische Transporter in der Bakterienwand bis zur Phagentherapie. Ein Blick in die Welt von „Next Generation Sequencing“ (NGS) und Bioinformatik rundet die Veranstaltung ab. Dabei liegt der Fokus auf der Charakterisierung des Mikrobioms von Neugeborenen, einer besonders vulnerablen Patientengruppe.
Ebenfalls bereits Tradition bei der Medica hat die Darstellung künftiger Trends aus Sicht der Diagnostica und Life Science Industrie – ein Forumsprogrammpunkt, der seit Jahren von Dr. Peter Quick, Vorstandsmitglied des Verbandes der Diagnostica-Industrie (VDGH), ausgestaltet wird. Erstmals als Co-Chairman dabei ist dieses Jahr sein Verbandskollege Dr. Jan Gorka. Beide haben für 2023 die Infektionskrankheiten als Schwerpunktthema ausgewählt, denn „bakterielle Resistenzen gegen Antibiotika sind ein ernstes und wachsendes Gesundheitsproblem, das in einigen Gesundheitssystemen wie etwa in Deutschland als neue Normalität akzeptiert wird und so in der Zukunft Tausende von Menschenleben kosten könnte“, so Dr. Quick.
Im Vorjahr zählten die Medica und die parallele Zuliefererfachmesse Compamed insgesamt 81.000 Fachbesucher (2021: 46.000) bei einem internationalen Anteil von 75%.
Quelle: Messe Düsseldorf
07.09.2023