Zielstellung des Projektes: Sortierung von Röntgenbildern in definierte...
Zielstellung des Projektes: Sortierung von Röntgenbildern in definierte Körperregionen.

Quelle: Dr. Maximilian Russe

Interview • Künstliche Intelligenz

Deep Learning bei muskuloskelettaler Röntgenbildgebung

Im Rahmen einer Arbeit hat Dr. Maximilian Russe, Oberarzt Schnittbilddiagnostik an der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Freiburg, eine Künstliche Intelligenz für die Erkennung von Körperregionen eingesetzt. Im Interview berichtet er über Zielsetzung und Ergebnisse, die er auf dem Deutschen Röntgenkongress präsentieren wird.

Interview: Sascha Keutel

Sie haben Künstliche Intelligenz für eine Studie eingesetzt. Welches Erkenntnisinteresse haben Sie dabei verfolgt?
Die Aufgabe bestand darin, einen Erkennungsalgorithmus für Bilddaten zu erzeugen und zu trainieren. Hierfür haben wir ein sogenanntes neuronales Netz verwendet. Dieses Netz musste mittels Deep Learning anhand eines Datensatzes lernen, Körperregionen zu differenzieren, um so beispielsweise das Schultergelenk vom Kniegelenk zu unterscheiden. Zudem wurde das so trainierte neuronale Netz durch einen ihm unbekannten Datensatz auf Genauigkeit in der Bilderkennung geprüft.

Welche Ziele haben Sie mit der Studie verfolgt? Haben Sie diese auch erreicht?
Ziel dieser Studie ist die vollautomatisierte Erkennung von Körperregionen in Röntgenaufnahmen, was wir für alle Körperregionen auch erreicht haben. Problematisch ist derzeit noch die Erkennung von Körperregionen, die in dem verwendeten Datensatz selten vorkommen oder aufgrund der Komplexität der verschiedenen Röntgenprojektionen nur heterogen im Datenkollektiv abgebildet sind. Besonders gut funktioniert die Erkennung von Wirbelsäulen, Schultergelenken und Kniegelenken. Insgesamt ist das ein sehr positives Ergebnis.

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Welche Schlussfolgerungen konnten Sie aus Ihrer Studie ziehen?
Wir konnten zeigen, dass mittels Künstlicher Intelligenz neben nicht-medizinischen Bildern auch radiologische Aufnahmen kategorisiert werden können. Die durchschnittliche Erkennungsgenauigkeit von 95% zeigt, dass mit neuronalen Netzen eine Auswertung von Röntgenaufnahmen erfolgen kann. Einzelne Körperregionen wurden nahezu fehlerlos erkannt. Dies zeigt, dass bessere Trainingsdaten auch bessere Ergebnisse in den aktuell geplanten Projekten erwarten lassen.

Bei der Verwendung solcher Algorithmen ist es wichtig, die Ergebnisse auf die klinische Applikationstauglichkeit hin zu überprüfen. Daher hoffen wir, dass uns der Deutsche Röntgenkongress die Möglichkeit bietet, die vorhandenen Kontakte zu anderen Hochschulen weiter auszubauen, um unsere Ergebnisse auch mit externen Datensätzen zu validieren. Außerdem möchten wir die Applikationsmöglichkeiten unseres Algorithmus und dessen Weiterentwicklungen im Rahmen von aktuellen Problemfeldern der Radiologie einsetzen. Hierbei gilt es insbesondere, Prozesse wie die Befunddokumentation, die Befundzuordnung und das Dosis Monitoring zu verbessern.

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Welche Fortschritte im Bereich der KI werden die größten Auswirkungen auf das Gesundheitssystem haben? 
Künstliche Intelligenz wird häufig als eine Schlüsseltechnologie der Zukunft bezeichnet. Sie ist aber heute schon, wenn auch noch in den Anfängen, in der medizinischen und radiologischen Software im Einsatz und findet aktuell den Weg in die klinische Routine.

KI wird sich in allen Bereichen des Gesundheitssystems, die über maschinenlesbare Daten verfügen, schnell verbreiten. Viele Arbeitsschritte in der diagnostischen und therapeutischen Kette im Krankenhaus werden vereinfacht. Die Bewertung der Versorgungsdringlichkeit wird automatisiert ermittelt werden, basierend auf Laborparametern, Daten aus medizinischen Dokumentationen und Daten aus Überwachungsgeräten. Dies wird zur besseren Priorisierung in der Patientenversorgung führen.

KI wird auch beim Indikationsmanagement für diagnostische Verfahren eingesetzt werden, um unnötige diagnostische Schritte sinnvoll zu reduzieren und die Gesamtversorgung aller Patienten zu verbessern. Radiologische Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT werden dank KI verbessert und beschleunigt werden. Und sie wird die radiologische Befunderstellung durch Mustererkennung, Abweichungen und Strukturen unterstützen. Das wird in Summe zu einer verbesserten, präziseren und schnelleren Befunderstellung führen. Die so aufbereiteten Daten werden mittels KI an die zuweisenden Kollegen weitergeleitet und außerdem im Rahmen von prognostischen Parametern für das Patientenkollektiv bewertet. Aus diesen Daten können dann für den Patienten individuelle, aus den Gesamtdaten ermittelte, optimierte Behandlungskonzepte erstellt werden.

Was sind oder sollten die Einschränkungen von KI sein?
Alle Verfahrensschritte, die mittels Künstliche Intelligenz vereinfacht oder verbessert werden, müssen weiterhin einer Kontrolle unterliegen. KI ist nicht unfehlbar und neigt insbesondere dann zu Fehlern, wenn die Anforderungen vom gelernten Datensatz abweichen. Eine noch ungelöste Frage ist, wie man diese in einer Blackbox stattfindenden Fehler auswertet und künftig verhindert. Einmalige, seltene und komplizierte Ereignisse können das Verfahren überfordern, sodass weiterhin eine Kontrolle durch einen Arzt erfolgen sollte.

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Es gibt nicht wenige Stimmen, die vorhersagen, dass KI den Mediziner vollständig ersetzen wird, insbesondere in der Radiologie. Wie stehen Sie dazu?
KI wird den Mediziner, insbesondere den Radiologen, nie vollständig ersetzen können. Durch ihren Einsatz wird sich jedoch der Arbeitsalltag von Medizinern und Radiologen langfristig wandeln. Redundante Aufgaben, einfache medizinische Arbeiten und Dokumentationen werden wegfallen. Die hierdurch gewonnene Zeit kann für die Patienten verwendet werden. Die Erkennung von Lungenrundherden wird uns künftig abgenommen, dafür haben wir mehr Zeit für die komplizierte perioperative Bildgebung, um die Qualität der Befundung weiter zu steigern. Auch werden Radiologen noch einige Zeit mit der Validierung der Ergebnisse solcher Algorithmen beschäftigt sein, besonders bei der Bearbeitung seltener Fälle, interventioneller Eingriffe und bei patientenindividuellen Therapieentscheidungen.

Müssen wir Angst vor Künstlicher Intelligenz in der Medizin haben?
Angst müssen Mediziner vor künstlicher Intelligenz nur dann haben, wenn sie nicht bereit sind, sich mit dieser aufstrebenden Technik auseinanderzusetzen. Im Zentrum unserer Arbeit sollte immer der Patient stehen und seine bestmögliche radiologische Versorgung; ob diese mittels künstlicher oder menschlicher Intelligenz gewährleistet wird, sollte nebensächlich sein – am wahrscheinlichsten wird es eine Verbindung von beidem sein.

Veranstaltungshinweis:
Donnerstag, 30.05.2019, 15:20-15:30 Uhr
Raum Hellmann
Session: Künstliche Intelligenz
Deep Learning für eine automatisierte Erkennung von Körperregionen in muskuloskelettaler Röntgenbildgebung
Dr. Maximilian Russe (Freiburg)

29.05.2019

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