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KI-basierte Prognose auf der Intensivstation

Zuverlässige Prognosen bei Koma-Patientinnen und -Patienten auf der Intensivstation sind essentiell. Künstliche Intelligenz (KI) zur Unterstützung der Prognosestellung wird an Bedeutung gewinnen, wenn deren Transparenz verbessert werden kann. Erstmals ist es nun einem Forschungsteam gelungen, bestimmte Muster zu identifizieren, die das Deep-Learning-Netzwerk seinen Prognose-Entscheiden aufgrund von Elektro-Enzephalogramm (EEG)-Analysen zugrunde legt. Damit ist ein wichtiger Schritt zur Entschlüsselung der «Black Box» des Deep-Learning-Prozesses und damit zur Transparenz der KI getan.

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Mit den Studienergebnissen ist die Tätigkeit des KI-Netzwerkes transparenter geworden, ein wichtiger Schritt hin zu einer möglichen klinischen Anwendung.
Quelle: Inselspital Bern

Die Mehrheit der Sterbefälle von Koma-Patientinnen und -Patienten nach Herzstillstand in Intensivstationen erfolgen nach Abbruch der Lebenserhaltungsmassnahmen. Als Prognoseinstrument dienen unter anderem die EEG. Mehrere Arbeiten weisen darauf hin, dass mit KI zuverlässige Prognosen zur Unterstützung der entscheidenden Ärztinnen und Ärzte gestellt werden können. Eine verbreitete Zurückhaltung gegenüber KI-Prognosen ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass bis anhin die Deep-Learning-Netzwerke keinen Hinweis darauf gaben, welche Informationen ihren Entscheiden zugrunde lagen und somit nicht klar war, welche Sachverhalte zu einer bestimmten Prognose führten.

Einem multidisziplinären Forschungsteam aus dem Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ) der Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals (F. Zubler), der Computer Vision Group des Instituts für Informatik der Universität Bern (S. Jonas, S. Jenni, und P. Favaro) sowie der Kliniken für Neurologie (A. Rossetti) und Intensivmedizin (M. Oddo) des Lausanner Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) ist es nun gelungen, wichtige, entscheidrelevante Muster in EEG von Koma-Patientinnen und -Patienten zu identifizieren. Das Team legte seinen Studien klinische Standard-EEG-Aufzeichnungen von 267 Erwachsenen aus dem CHUV zugrunde. Ein Neurales Netzwerk (Convolutional Neural Network CNN) analysierte die EEG in der frühen Betreuungsphase nach dem Herzstillstand. Mit Hilfe einer speziellen Visualisierungsmethode, dem sogenannten GradCAM-Algorithmus wurden darauf diejenigen Bereiche der EEG identifiziert, die das CNN für seine positiven oder negativen Prognosen verwendet hatte.

Fachleute und KI verwenden gleiche Muster

Der Studienleiter Dr. Dr. med. F. Zubler betont: «Für die ärztliche Tätigkeit in der Intensivstation werden KI-unterstützte Entscheide in Zukunft immer wichtiger. Wenn wir diese Unterstützung transparent und nachvollziehbar machen, können wir auch in ethischer Hinsicht solidere Entscheide fällen». Ein zentrales Resultat der Studie war: die gewählte Visualisierungsmethode konnte einen Teil des Deep-Learning-Prozesses entschlüsseln. Bestimmte EEG-Muster konnten identifiziert werden, welche die Maschine ihren Entscheidungen zugrunde legte. Interessanterweise verwendet KI oft die gleichen Muster, die die Neurologen bei Prognose-Entscheiden in der klinischen Tätigkeit verwenden.

Die Studie zeigt, dass KI weiter an Bedeutung gewinnen kann. Dank des neuen Ansatzes kann mehr Transparenz in die Deep-Learning-Anwendungen gebracht werden, indem die Prognosewerte neu auf einer nachvollziehbaren Erklärung beruhen. Dies ist auch für die ethische Ebene der gefällten Entscheide von grösster Bedeutung.

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25.09.2019

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