Immuntherapie

Der Einsatz von Antikörpern bei Autoimmunkrankheiten

Während der 48. Jahrestagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft e.V. (DDG) stellten Experten neue molekularmedizinische Erkenntnisse für Immuntherapien vor und zogen ein Resümee der wissenschaftlichen Entwicklung von Immunblockaden und dem therapeutischen Einsatz von Antikörpern.

Die Abbildung zeigt menschliche Zellen aus verletzten Hautbereichen von...
Die Abbildung zeigt menschliche Zellen aus verletzten Hautbereichen von Patienten mit Schuppenflechte vor der IL-4-Therapie. Der Botenstoff IL-23 ist in rot angefärbt, Zellkerne in grün.
Quelle: E. Guenova, Y. Skabytska, W. Hoetzenecker, G. Weindl, K. Sauer, M. Tham, K.-W. Kim, J.-H. Park, J. H. Seo, D. Ignatova, A. Cozzio, M. P. Levesque, T. Volz, M. Köberle, S. Kaesler, P. Thomas, R. Mailhammer, K. Ghoreschi, K. Schäkel, B. Amarov, M. Eichner, M. Schaller, R. A. Clark, M. Röcken, und T. Biedermann, IL-4 abrogates TH17 cell-mediated inflammation by selective silencing of IL-23 in antigen-presenting cells, PNAS, Feb 2015, 112(7), 2163–2168, doi: 10.1073/pnas.1416922112.

Von besonderem Interesse für Dermatologen im klinischen und niedergelassenen Bereich sind die Erkenntnisse über die Wechselwirkungen der Immuntherapien zwischen Autoimmunreaktion und Antitumorreaktion. Ein Schwerpunkt der dermatologischen Wissenschaft liegt in der Erforschung des Immunsystems und den Möglichkeiten, immunmodulatorisch zu therapieren. Auf der Basis aktueller molekularmedizinischer Erkenntnisse können heute Botenstoffe der Entzündungen und krankheitsauslösende Zellen aufgedeckt werden, die an der Entwicklung von Autoimmunkrankheiten, Allergien und Tumorkrankheiten beteiligt sein können.
 
Immuntherapien erlauben die gezielte Entwicklung von Antikörpern zur Eindämmung schwerer entzündlicher Erkrankungen. Bis Ende des Jahres 2015 werden etwa 20 unterschiedliche Botenstoffe und Antikörper zur Verfügung stehen, die von therapeutischer Bedeutung sind. Die dermatologische Erforschung des Immunsystems gibt zudem Aufschluss über die antipodische Wirkung zwischen Autoimmun- und Antitumorreaktion.
 
Autoimmunkrankheiten, wie Psoriasis und Lupus erythematodes sowie entzündliche Gefäßkrankheiten, wie Vaskulitiden zählen zu den schweren chronischen Hauterkrankungen, an denen bis zu vier Millionen Menschen in Deutschland leiden. „Bei besonders schweren Krankheitsformen können die Entzündungen sogar zur Knochenzerstörung führen,“ so Prof. Dr. med. Martin Röcken, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hautklinik Tübingen, der das Verständnis für die Immuntherapie bei Autoimmun- und Tumorkrankheiten maßgeblich vorangetrieben hat. Ziel der dermatologischen Forschung ist ein differenziertes Vorgehen gegen die Ursachen, um nachhaltig und sicher behandeln zu können.
 
Molekulare Allergiediagnostik
 
In der Allergologie ist durch die langjährige Forschung eine immer spezifischere Bestimmung von allergieauslösenden Antikörpern möglich. Durch diese differenzierte molekulare Allergiediagnostik lassen sich Allergiequellen sowie einzelne Allergenkomponenten darstellen und zielgenau behandeln. „Die IgE-Testungen durch Serumabnahme ermöglichen die Einschätzung des individuellen Krankheitsrisikos, eine gezieltere Therapie und die Identifizierung ganz neuer Krankheitsbilder,“ sagt Prof. Dr. med. Tilo Biedermann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein der Technischen Universität München. Für eine neue Therapie der Urtikaria und innovative Entwicklungen zur Therapie der Neurodermitis können heute therapeutische Antikörper eingesetzt werden, die das Immunsystem modulieren.
 
Immunblockaden in der Krebstherapie
 
In der Krebstherapie können durch Immunblockaden Antikörper gezielt zur Behandlung metastasierter maligner Melanome eingesetzt werden. Durch die Blockade des PD-1-Checkpoints wird die Interaktion von PD-1 (auf Immunzellen) mit PD-L1 (auf Tumorzellen) im Tumorgewebe blockiert und führt zum Abtöten der Tumorzellen. Als Weiterentwicklung der bisherigen Immunblockaden steht diese Arzneimitteltherapie in Europa kurz vor der Zulassung. Prof. Dr. med. Alexander Enk, Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hautklinik Heidelberg, zieht ein Resümee der wissenschaftlichen Entwicklung von Immunblockaden: „Im aktuellen Forschungstand erreichen wir Heilungsraten von bis zu 20 Prozent. In Phase-III-Studien befinden sich jedoch Kombinationstherapien, die eine Remissionsrate von 80 Prozent erwarten lassen.“
 
Die klinische Dermatologie macht derzeit entscheidende Fortschritte in dem wissenschaftlichen Verständnis bei der Therapie über Antikörper. Die medizinischen Möglichkeiten und Grenzen liegen im Spannungsfeld der individuellen Risiken. Einerseits können sich onkologische, auf Antikörper basierende Therapien auf Autoimmunkrankheiten auswirken und diese sogar auslösen - umgekehrt bergen einige Antikörpertherapien zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten das Risiko, die natürliche Immunität gegen Tumorzellen zu schwächen. Eine dritte Gruppe von Antikörpern wird sowohl zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten als auch zur Behandlung von bestimmten Tumoren eingesetzt.


Quelle: Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V.

05.05.2015

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