Adnexregion

Das prädiktive Potenzial der MRT in der Onkologie

Der Vortrag „MRI of the Adnexa, Essentials and Beyond“ präsentiert nicht nur Tipps und Tricks für die klinische Routine, sondern gibt auch einen Einblick in die neueste Forschung: Die Integration von Bildgebungs- und Genomikdaten soll eine bessere Beurteilung des Eierstockkrebses ermöglichen.

Die multiparametrische MRT und PET Fusion demonstriert eine ausgeprägte...
Die multiparametrische MRT und PET Fusion demonstriert eine ausgeprägte intratumorale Heterogenität bei einer Patientin mit hochgradig malignem Ovarialkarzinom.

„Wir müssen präzisieren können, ob ein Tumor gutartig ist“, unterstreicht Evis Sala, M.D., Ph.D., Leiterin der Abteilung Body Imaging am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York City, denn uneindeutige Diagnosen verengen den Handlungsspielraum des medizinischen Teams. Mehr noch: „Es mag einfacher sein, Bösartigkeit nicht auszuschließen, aber damit helfen wir dem Zuweiser nicht, und noch weniger dem Patienten“.

So fokussiert Evis Sala zunächst auf Grundlagen der MRT der Adnexregion und verrät Tipps und Tricks, wie man eine hochpräzise Charakterisierung von Ovarialtumoren erreicht und dabei den Herden, die bösartig zu sein scheinen, nicht auf den Leim geht. „In 90 Prozent aller Fälle kann mittels MRT genau beurteilt werden, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist. Und das ist es, was der Patient von uns wissen möchte und unsere Raison d’être als klinische Radiologen“, so Dr. Sala.

Auch die verschiedenen MR-Sequenzen und ihre Weiterentwicklung werden ein Thema sein, denn „die MRT stellt die Anatomie sehr gut dar und hat außerdem den Vorteil, dass mit ihr eine ausgezeichnete funktionelle Bildgebung möglich ist. Die diffusionsgewichtete Bildgebung hilft uns, Zelldichte und Integrität der Zellmembran zu beurteilen, während die Perfusionsbildgebung die Vaskularisierung des Tumors zeigt – zwei wesentliche Faktoren für die Beurteilung maligner Herde. Darüber hinaus sind diese Verfahren sehr wertvoll zur Beurteilung des Ansprechens auf eine antitumorale Therapie und können sogar prognostische Hinweise liefern.

So stellt Dr. Sala moderne MRT-Techniken und -Methoden vor, die aktuell in klinischen Studien und in der prädiktiven medizinischen Forschung eingesetzt werden, warnt aber gleichzeitig davor, sich ausschließlich auf die Bildgebung zu verlassen. „Radiologen sollten nicht isoliert arbeiten, sondern klinische Daten und Bildgebung verbinden, um so zu einer präzisen Diagnose zu gelangen. So möchte ich beispielsweise wissen, wie alt die Patientin ist, welche Symptome sie hat und wie die Laborergebnisse aussehen, bevor ich mir die Bilder ansehe.“

Bei der Integration unterschiedlicher Disziplinen wird es vor allem um die Bildgebung der nächsten Generation gehen und darum, die Stärken der MRT mit pathologischen Befunden und Genomik-Daten zu verbinden. „Denn wir werden über die MRT hinausgehen und wollen die heterogene Biologie des Eierstockkarzinoms verstehen und Bildgebungsphänotypen mit Genotypen matchen, um so das metastatische Potenzial zu ermitteln“, erläutert Sala. „Dazu gibt es allererste Erkenntnisse aus meinen aktuellen Forschungsarbeiten“, fügt sie hinzu.

„Unser Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Benchmarks, um ein Proof of principle zu erbringen. Sollte sich erweisen, dass jeder Bildgebungsphänotyp eine genetische Basis hat, kann die Bildgebung als Leitdisziplin für Behandlungsentscheidungen dienen und uns helfen, Mehrfachbiopsien zu vermeiden,“ betont die Spezialistin, denn „wir können doch nicht zehnmal biopsieren, bis die Patientin wie ein Nadelkissen aussieht. Daher möchten wir die MRT als virtuelles Biopsie-Instrument validiert sehen.“

Über die MRT hinauszugehen bedeutet für Dr. Sala, tiefer in die Materie einzudringen und Erkenntnisse über die biologische Heterogenität und die Genom-Zusammensetzung des Tumors zusammenzutragen. Wir wollen herausfinden, ob wir die Zellen erkennen können, die metastatisches Potenzial haben und diejenigen, die sich der Therapie widersetzen.“

So wird es um die Verbindung von Innovationen in der Genomik und der MRT-Bildgebung gehen, damit Aussagen zur räumlichen Quantifizierung der Tumorheterogenität und der klonalen Zusammensetzung des Genoms möglich sind und diagnostiziert werden kann, wie sie sich während der Behandlung verändern. „Vielleicht“, so hofft Sala, „liefert das in Zukunft die Grundlage für gezielte Therapien und bessere Ergebnisse.“

Bei einer wirksamen Krebstherapie geht es nicht nur darum, dem richtigen Patienten das richtige Medikament zum richtigen Zeitpunkt zu verabreichen, sondern das richtige Medikament zum richtigen Teil des Tumors zu bringen. Dr. Sala: „Wir wissen, dass Tumore ganz unterschiedlich sind, dass sie verschiedene Milieus und Cluster in sich vereinen. Und letztere sind für die Resistenz gegen Chemotherapie verantwortlich. Wenn wir genauer feststellen können, welcher Bereich genau für den Widerstand gegen die Chemotherapie verantwortlich ist, können wir dem Patienten schnell ein anderes Medikament anbieten.“

Fortschritte bedeutet in diesem Zusammenhang, als Radiologe über das Erkennen von Strukturen mit dem bloßen Auge hinauszugehen. Zwar bleibt die Interpretation eines Bildes das A und O der klinischen Praxis, aber schon heute bietet ein MRT-Bild viel mehr dank quantifizierbarer Daten, die extrahiert werden können. Im Memorial Sloan Kettering Center versammelt man deshalb ein Team aus Physikern, Bio-Informatikern, Genetikern, Pathologen, Onkologen, Chirurgen und Radiologen: „Wir arbeiten heute in Disease Management Teams. Die Zeiten, in denen der Radiologe ein Einzelkämpfer war, sind vorbei“, so Sala abschließend.


PROFIL:
Dr. Evis Sala ist Leiterin der Abteilung Body Imaging Services und der gynäkologischen Bildgebung am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. Ihre aktuelle Forschung zielt darauf ab, neue multimodale funktionale Bildgebungstechniken vom Labor in die klinische Praxis überzuleiten. Vor ihrem Wechsel an das MSKCC im Jahr 2012 war Dr. Sala für die radiologische Lehre an der Universität Cambridge (UK) verantwortlich, wo sie auch selbst unterrichtete. Darüber hinaus war sie Honorary Consultant Radiologist am Addenbrooke’s Hospital, Cambridge, dessen gynäkologischen Bildgebung sie sieben Jahre lang geleitet hat. Dr. Sala schloss 1991 ihr Studium an der medizinischen Fakultät der Universität Tirana, Albanien, ab und erhielt im Jahr 2000 ihren Doktor an der Universität Cambridge. Ihre Ausbildung als klinische Radiologin beendete sie im August 2005 in Cambridge.

29.01.2015

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