Lungenchirurgie
Wundinfektion ist häufigste Komplikation
In der Lungenchirurgie haben sich im zurückliegenden Jahrzehnt insgesamt 23 Schadensfälle ereignet, die von Patienten beklagt wurden. Das meiste waren unvermeidbare Komplikationen. Das ist das Ergebnis einer Fehleranalyse, die eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) anhand der Daten von über 100 Lungenabteilungen in ganz Deutschland erstellt hat. „Damit liegt die Fehlerquote in der Thoraxchirurgie wie auch in der Gesamtchirurgie im Promillebereich“, erklärt Professor Dr. med. Peter M. Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).
Am häufigsten waren Wundinfektionen mit einem Anteil von 34 Prozent, gefolgt von jeweils 17 Prozent Schmerzsyndromen und hinterlassenen Fremdkörpern. Wie die Schadensfälle noch weiter verringert werden könnten, erläuterten Experten auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Die DGT hatte das Modellprojekt zur Risikominimierung bei Lungenoperationen im vergangenen Jahr auf dem Chirurgenkongress erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Jetzt legte die Arbeitsgruppe Patientensicherheit und Risikomanagement erste Zahlen vor, die in Zusammenarbeit mit dem Versicherungsmakler Ecclesia erhoben wurden. „Die Gesamtzahl der angeblichen Fehler liegt mit 23 im absoluten Niedrig-Risiko-Bereich“, erklärt Dr. med. Christian Kugler, Präsident der DGT. „Dabei waren Wundinfektionen mit 34 Prozent das Hauptproblem in Lungenkliniken.“ An zweiter Stelle stehen Schmerzen, die meist Folge von Nervenschäden im Brustkorbbereich sind. „Sie können etwa beim Aufspannen der Rippen entstehen und gehören zu den Operationsrisiken, über die der Patient aufgeklärt wird“, so Kugler.
Ähnliches gilt für Stimmband-Lähmungen, die in neun Prozent aller Schadensfälle beklagt wurden. „Auch diese Komplikation gehört zu den Risiken bei Lungeneingriffen und kann eintreten, wenn der Operateur Tumorgewebe in der Nähe des Stimmbandes entfernt“, erklärt DGT-Präsident Kugler. Sie lassen sich nicht immer ausschließen. Anders verhält es sich beim Zurücklassen von Gegenständen im Körper des Patienten. In vier Schadensfällen steckten noch Fremdkörper wie Tupfer, Kompressen oder kleine Gefäßklemmen im Operationsgebiet, nachdem die Wunde wieder verschlossen worden war. „Hier liegt eindeutig ein Fehler vor“, betont Kugler.
Dagegen hilft aus Sicht des Chirurgen lautes Abzählen der Gegenstände, die in den Körper eingebracht werden – und zwar nach dem Vier-Augen-Prinzip. „Es sollten immer zwei Personen im Operationssaal laut ansagen, der wievielte Fremdkörper gerade genutzt wird“, so Kugler. Außerdem ist es sinnvoll, entferntes Material in einem Extra-Behälter aufzubewahren, um nach dem Eingriff bei Bedarf nachzählen zu können, ob alles wieder entfernt wurde. „Wenn das Operationsgebiet stark blutet und viel Material gebraucht wird, kann sich das OP-Team in der Hektik schon mal verzählen“, berichtet Kugler. „Oder der Operateur übersieht eine blutdurchtränkte Kompresse.“ Die DGCH hat aus diesen Gründen schon vor vielen Jahren die Einführung der WHO-Checklisten gefordert, um die Patientensicherheit im Operationssaal zu erhöhen.
Was Wundinfektionen betrifft, können feste Standards für Wundmanagement und Hygiene Abhilfe schaffen. „Hilfreich sind feste Rituale, zum Beispiel immer gleiche Abwasch- und Abdeckprozesse im Operationssaal, die automatisch für Standards sorgen“, erläutert Kugler. Experten schätzen, dass sich generell zwischen dreißig und fünfzig Prozent aller Behandlungsfehler in Kliniken vermeiden ließen. Die DGT hat aus der Fehleranalyse bereits Konsequenzen gezogen und ein entsprechendes Risiko-Management in das Zertifikat „Thoraxzentrum (DGT)“ eingearbeitet.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
29.04.2015