Artikel • CT wirtschaftlich
Wie viele Zeilen braucht der Mensch?
Seit der Einführung der Mehrzeilen-Computertomographen findet ein Wettrennen der vier großen Hersteller um höchste Zeilenzahl statt. Doch wie viele Zeilen braucht der Mensch?
Denken wir zurück an die Anfänge des CTs. Von den vier heute führenden Herstellern redete damals kaum jemand in diesem Segment. Das erste CT eines Schallplattenproduzenten drehte vereinfacht ausgedrückt dreimal rechts, dreimal links, und fertig war das Bild. Daraus wurde zum Glück eine Zäsur der modernen medizinischen Diagnostik. Heute ist das CT längst Standard in der Routine-Diagnostik und in der Notfallmedizin. Viele Ein- und Zweizeilen CT, die mit hoher Dosis ein bis zwei Mal pro Sekunde rotieren, stehen zum Tausch an. Zusätzlich verursachen diese veralteten Geräte hohe Wartungs- und Stromkosten. Die Frage nach den Zeilen stellt sich jedem, der einen Gerätetausch vornehmen möchte. Und dieses auch noch unabhängig vom Hersteller.
Die Geräte bieten heute zwischen 2 und 320 Zeilen, vielleicht sogar 640 oder 956! Dazu kann man noch zwei verschiedene technische Konzepte, nämlich Single und Dual Source wählen. Eine „klassische“ Praxis oder Krankenhaus kaufen alle sechs bis acht Jahre ein neues CT. Derzeit sieht nach Kundenbefragung die Wahl wie folgt aus: Standard sind 6 bis 16 Zeilen, bei Stroke-Unit oder sonstigen neuroradilogischen Fragestellungen werden mindestens 32 Zeilen beschafft, geht es um kardiologische Fragestellungen, wird es kompliziert. Die Kardiologen schwören auf den LHK, die Radiologen versuchen sie vom CT zu überzeugen. 256 und 320 Zeilen oder Dual Source könnten die präventive LHK ersetzen, aber nicht die Interventionelle. Warten wir auf Studienergebnisse! Natürlich ist es für den Patienten viel angenehmer, präventive Untersuchungen oder Verlaufskontrollen im CT durchzuführen. Bei den heutigen Möglichkeiten mit neuesten Kontrastmitteln und Softwarelösungen sicherlich schon eine Alternative. Doch der Kardiologie braucht, damit die Investition in einen LHK lohnt, mindestens 750 Untersuchungen pro Jahr; damit es „Spass“ macht, 1.200 und mehr. Ferner ist die Kostenerstattung der Cardio-CT durch die GKV weiter offen. Und wie viele Zeilen fordert die GKV bei Cardio-CT? Reichen der GKV 64 Zeilen? Der CT-Hype von 2004 bis 2006? „Technisch“ ist die ß-Blocker Anpassung des Herzens, bzw. des Patienten, an den CT längst überholt, spätestens seit dem RSNA 2006. Seit dem passt sich der CT dem Herzen, also dem Patienten an.
In Zukunft müssen wohl mehr als 64 Zeilen beschafft werden.
André Hoppen
Beleuchten wir noch kurz die Strahlentherapie. Hier ist die CT-Planung inzwischen Standard. Diese funktioniert mit 2 Zeilen und natürlich bequemer mit den „Big-Bore“-CT, die über 20 und mehr Zeilen verfügen. Hier ist es eine Entscheidung des Strahlentherapeuten an den Anspruch seiner Therapieplanung. Legt er den Patienten flach ins CT oder analog der Position in Linac.
Nun ein kurzes Fazit: In der Praxis reicht heute ein gut ausgestatteter 16 Zeiler, dieser deckt wahrscheinlich 85 % und mehr aller Fragestellungen ab. In der Klinik dürften es schon mehr, also mindestens 32 Zeilen sein. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft werden neurologische Fragestellungen zunehmen. Gleichzeitig profitieren die (Unfall-)Chirurgen deutlich von einer hohen Zeilenzahl und damit schnellen hochauflösenden Ganzkörperuntersuchung, gerade bei Polytraumatisierten. Kardiologen wird man mit 64 Zeilen wohl nicht dauerhaft überzeugen können, so dass in Kooperation mit diesen wohl mehr als 64 Zeilen beschafft werden müssen. Die Kehrseite: Die aktuelle Vergütungssituation honoriert eine Investition in moderne, strahlungsarme und zukunftsfähige CT nicht. Somit entscheidet letztendlich jeder für sich, wie viele Zeilen er braucht und wie viele er sich für sein Budget (und sein Türschild) leisten möchte.
Profil:
Der Dipl. Gesundheitsökonom André Hoppen, 38, ist als Prokurist und Vertriebsleiter der VR-medico Leasing GmbH für den Vertrieb von Leasingprodukten für die Kunden der Genossenschaftsbanken sowie für Händler und Hersteller im Direktkundengeschäft verantwortlich. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die Entwicklung von Finanzierungslösungen gemeinsam mit Banken, Händlern und Herstellern. Nach dem Medizinstudium in Mainz erfolgten ein Masterstudium Gesundheitsökonomie und der Eintritt in den Gesundheitsbereich des Genossenschaftlichen Finanzverbundes. Zwischenzeitlich war André Hoppen, der ursprünglich aus Korschenbroich stammt, als Account Manager bei der Siemens Healthcare beschäftigt.
09.10.2009