News • Doppelte Herausforderung
Wenn Hirntumor und Epilepsie gemeinsam auftreten
Gehirntumoren und Epilepsie – zwei scheinbar unterschiedliche Erkrankungen, jedoch können beide gemeinsam auftreten. Diese Kombination ist nicht häufig, sie stellt aber für Betroffene und Ärzte eine Herausforderung dar.
Privatdozent Dr. Pitt Niehusmann vom Oslo University Hospital erforscht diese Erkrankung mit einem Focused Fellowship der Stiftung Michael am Interdisziplinären Epilepsie-Zentrum des Universitätsklinikums Bonn. Das Auftreten vereinzelter epileptischer Anfälle ist bei Gehirntumoren keine Seltenheit. Sie können sogar das erste Symptom sein, mit dem sich ein Tumor im Gehirn zeigt. Wiederholte epileptische Anfälle über einen längeren Zeitraum sind jedoch eher ungewöhnlich und weisen auf eine besondere Gruppe von Tumoren hin. Diese machen selbst in großen neurochirurgischen Zentren zwar nur einen Bruchteil der operativen Fälle aus, sind für die betroffenen Patienten aufgrund gehäufter Anfälle und des Tumorleidens individuell jedoch höchst belastend.
Den Langzeitepilepsie-assoziierten Tumoren (LEA-Tumoren) ist nur schwer beizukommen. „LEA-Tumoren stellen eine besondere Herausforderung dar, die in den Therapieplanungs- und Behandlungsphasen die gebündelten Kenntnisse eines interdisziplinären Epilepsie-Zentrums wie am Bonner Universitätsklinikum erfordert“, sagt Prof. Dr. Rainer Surges, Direktor der Klinik für Epileptologie. „Die Patienten benötigen eine besonders intensive klinische Betreuung.“
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren
Artikel • Epilepsie
Reelle Schnitte im virtuellen Gehirn
Etwa ein Prozent der Bevölkerung weltweit leidet an Epilepsie, allein in Frankreich sind etwa 600.000 Menschen regelmäßig von epileptischen Anfällen betroffen. Dabei entladen sich Nervenzellen der Hirnrinde plötzlich und zwingen anderen Nervenzellen ihren Rhythmus auf. Die Folgen sind individuell verschieden und vorübergehend. Sie reichen vom leichten Muskelzucken oder Kribbeln bis hin zu…
Interdisziplinäre Strategie als Schlüssel des Behandlungserfolgs
Zumeist verhalten diese Tumoren sich sehr gutartig, ungünstige Varianten müssen aber für die postoperative Therapie sicher herausgefiltert werden
Pitt Niehusmann
Prof. Surges und sein Team stehen bei der Behandlung betroffener Patienten gleich vor mehreren Aufgaben. Neben der medikamentösen Kontrolle der Anfälle gilt es zu entscheiden, wann und in welchem Ausmaß die operative Entfernung des Tumors erfolgen soll. Dies geschieht in enger Abstimmung mit Prof. Dr. Harmut Vatter, Direktor der Klinik für Neurochirurgie: „Die Operation hat die Entfernung der Tumormasse und gleichzeitig die Freiheit von Anfällen zum Ziel. Die nachfolgende Gewebeuntersuchung des Tumors ist dann ein wesentlicher Baustein für die Planung der postoperativen Therapiephase.“
Bei den herausgeschnittenen Tumoren handelt es sich oft um komplexe Gewächse, die sowohl aus Nerven- als auch glialen Stützzellen aufgebaut sind. Sie werden meist als Gangliogliome bezeichnet. Die LEA-Tumorbank des Instituts für Neuropathologie am Uniklinikum Bonn ist eine der größten Sammlungen dieser Tumoren weltweit und bietet eine einzigartige Voraussetzung, die Biologie dieser Erkrankungen zu untersuchen. „Nicht nur die Diagnose ist oft schwierig, da das Erscheinungsbild stark variieren kann“, sagt Privatdozent Dr. Pitt Niehusmann. Sehr wichtig sei die Beurteilung des biologischen Verhaltens. „Zumeist verhalten diese Tumoren sich sehr gutartig, ungünstige Varianten müssen aber für die postoperative Therapie sicher herausgefiltert werden.“
Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren
News • MRT bei Schläfenlappenepilepsie
In die Röhre statt unters Messer
Heute vom Fahrrad gestürzt und in zehn Jahren an Epilepsie erkrankt? Solche Zusammenhänge wirken weit hergeholt, sind aber durchaus möglich, sagen Freiburger Forscherinnen und Forscher.
Molekulare Signatur des Tumors als Mittel der Prognose
Dr. Niehusmann forscht aktuell mit einem von der Stiftung Michael geförderten Focused Fellowship am Institut für Neuropathologie als Teil des Interdisziplinären Epilepsie-Zentrums am Universitätsklinikum Bonn. Ziel ist, Veränderungen auf Molekülebene zu entdecken, die verbesserte Auskunft über das Risiko einer möglichen Wiederkehr des Tumors und eine maßgeschneiderte Vorbeugung gegen das erneute Auftreten von Anfällen geben können. „Die Verbesserung der Behandlung von Patienten mit Epilepsien stellt ein wesentliches Anliegen der Stiftung Michael dar“, sagt Stiftungsvorstand Dr. Heinz Bühler. „Dazu ist intensive Forschung nötig, für die die Focused Fellowships eine hervorragende Basis bilden.“
Quelle: Universitätsklinikum Bonn
05.05.2019