DKTK
Therapieansatz gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der aggressivsten und am schwierigsten zu behandelnden Tumorarten. Vor allem bei fortgeschrittenen Tumoren sind neue Konzepte nötig, um die hohe Therapieresistenz dieser Tumore zu durchbrechen. DKTK-Forscher um Prof. Dr. Jens Siveke am Münchner Klinikum Rechts der Isar haben in Zusammenarbeit mit einem Team der Stanford Universität eine neue Therapiekombination untersucht, mit der sie das Wachstum von Pankreas- und Lungenkarzinomen eindämmen konnten.
Das Pankreaskarzinom ist ein hochaggressiver Tumor, gegen den bisher verfügbare Therapien wenig ausrichten können. Hierfür verantwortlich ist unter anderem eine ausgesprochen hohe Resistenz der Tumoren gegenüber jeglicher Chemo- und Strahlentherapie. Neuere Studien zu den genetischen Veränderungen weisen darauf hin, dass neben krebsfördernden Mutationen in Genen wie RAS und MYC auch epigenetische Prozesse eine wichtige Rolle beim Pankreaskarzinom spielen. Epigenetische Faktoren modifizieren die Chromosomen und die DNA und beeinflussen damit die Aktivität von Genen, ohne dass die DNA-Sequenz verändert wird. Sie werden zunehmend als zentrale Schaltstellen für zahlreiche Tumoreigenschaften identifiziert.
Für die nun veröffentlichte Studie arbeitete ein Team aus Wissenschaftlern mehrerer Kliniken und Institute des Klinikums Rechts der Isar mit Kollegen der Stanford Universität zusammen. Federführend waren der DKTK-Forscher Jens Siveke sowie Pawel Mazur und Julien Sage. Die Wissenschaftler prüften, ob das Protein BRD4, das den epigenetischen Code von Zellen reguliert, eine Zielstruktur darstellt, über die das Wachstum der Tumorzellen gebremst werden kann.
Die Forscher zeigten zunächst, dass Zellen des Pankreaskarzinoms besonders viel BRD4 bilden. Anschließend testeten sie an Mäusen mit verschieden aggressiven Pankreastumoren, ob eine gegen BRD4 gerichtete Therapie mit dem Wirkstoff JQ1 einen therapeutischen Effekt hat. Hierfür wurden die Tumoren unter anderem mit Bildgebungssystemen nicht-invasiv untersucht. Obwohl die Therapie das Wachstum der Tumoren verringerte, war kein deutlicher Überlebenseffekt nachweisbar.
Daraufhin untersuchten die Wissenschaftler, ob die gegen BRD4 gerichtete Therapie möglicherweise in Kombination mit einer Chemo- oder einer weiteren zielgerichteten Therapie effektiver gegen die Tumoren wirkt. Beim Test verschiedener geeigneter Wirkstoffe zeigte sich überraschenderweise, dass die Kombination von JQ1 mit einem weiteren epigenetischen Therapieprinzip die Wirksamkeit am deutlichsten verbesserte.
Der Wirkstoff SAHA, der zu den sogenannten HDAC-Inhibitoren zählt, steigert den programmierten Zelltod von Tumorzellen. Behandelten die Forscher Mäuse mit einer Kombination beider Substanzklassen, überlebten die Tiere deutlich länger.
Das Pankreaskarzinom ist fast immer durch eine Mutation im RAS-Gen bedingt. Bisher gibt es keinen Wirkstoff, der sich gezielt gegen diese tumortreibende Genveränderung richtet. Das Team stellte sich daher die Frage, ob die Kombination von JQ1 und SAHA auch bei anderen durch das RAS-Gen angetriebenen Tumorarten wirksam sein könnte. An Mäusen, denen menschliche Lungentumoren übertragen worden waren, schlug die Wirkstoff-Kombination gut an. Die Forscher hoffen daher, dass die Kombination der beiden epigenetisch wirkenden Substanzen möglicherweise auch bei anderen, schwierig zu behandelnden Tumoren aussichtsreich sein könnte.
„Es ist zu hoffen, dass diese Ergebnisse dazu beitragen, dieses Therapieprinzip nun schnellstmöglich in klinischen Studien zu evaluieren“, sagt Jens Siveke, der zahlreiche Patienten in onkologischen Studien betreut. „Leider haben wir bisher kaum effektive Mittel gegen fortgeschrittene Stadien der Erkrankung. Im Sinne unserer Patienten ist daher eine schnelle Umsetzung in klinische Studien und ein besseres Verständnis der Wirkmechanismen für noch zielgenauere Therapien unsere zentrale Aufgabe“ so der Mediziner.
Die Wissenschaftler wollen nun unter anderem die Substanzen weiter verbessern, um ihre Wirkung zu präzisieren und Nebenwirkungen zu verringern. Des Weiteren planen sie, bereits vor einer Behandlung diejenigen Patienten besser zu identifizieren, die von einer derartigen Therapie profitieren können. Die Autoren haben bereits erste Kandidaten für derartige Biomarker identifizieren, etwa das Apoptose-Gen p57.
Quelle: DKFZ
09.11.2015