Gesundes Gewebe

Strahlentherapie: Protonen und Ionen bieten Kindern Vorteile

Die herkömmliche Bestrahlung von Krebs mit Photonen bringt mit sich, dass auch gesundes Gewebe erreicht wird und dass eventuell viele Jahre später weitere Tumore entstehen können. Protonen- oder Ionenstrahlen mindern diese Effekte und sind deshalb vor allem für die Behandlung von Kindern ein deutlicher Fortschritt. Den aktuellen Stand der Protonen- und Ionentherapie erläutern Experten auf der Pressekonferenz zur 21. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) am 25. Juni in Hamburg.

Professor Dr. Dr. med. Jürgen Debus.
Professor Dr. Dr. med. Jürgen Debus.
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg

Die Strahlentherapie zählt neben der Chemotherapie und der chirurgischen Entfernung von Tumoren zum Standard bei der Behandlung von Krebs. Sie ist sicher und hochpräzise. Die Behandlung wirkt, indem die Strahlen die Tumorzellen vernichten. Um möglichst alle vorhandenen Tumorzellen abzutöten, bedarf es einer bestimmten Strahlendosis. In der Regel werden dabei Photonen, hochenergetische Röntgenstrahlen, verwendet. Sie geben Energie an das durchstrahlte Gewebe ab und können dadurch den Tumor zerstören. Allerdings werden gesunde Bereiche in der Umgebung des Tumors zwangsläufig mitbestrahlt und dadurch in manchen Fällen geschädigt.

„Es gibt Gewebe um den Tumor herum, das sehr strahlenempfindlich ist. Zum Beispiel kann die Photonenbestrahlung eines Tumors, der den Sehnerv umwuchert, im allerschlimmsten Fall sogar zum Erblinden führen“, erklärt Professor Dr. Dr. med. Jürgen Debus, stellvertretender Präsident der DEGRO und Ärztlicher Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Heidelberg. Für den Strahlentherapeuten ist daher die neue Strahlentherapie mit Protonen oder Ionen eine wegweisende Innovation. Seit 2008 gibt es in Deutschland diese Alternative, die jedoch besondere, hochkomplexe Strahlentherapieanlagen voraussetzt. „Damit kann man nicht nur tiefer im Körper liegende Tumoren erreichen und eine stärkere Wirkung erzielen, sondern dabei wird auch das gesunde Gewebe geschont und das Risiko von Krebserkrankungen, die in der Folge auftreten können, gemindert“, sagt Professor Debus. Der Grund dafür sei, dass die elektrisch geladenen Teilchen das Gewebe pfeilschnell durchschlagen und fast sämtliche Energie erst im Tumor abgegeben wird.

Schon jetzt würden deshalb Tumoren bei Kindern vorrangig mit Protonen bestrahlt. „Kinder sind gegenüber Strahlung sehr empfindlich. Sie kann bei ihnen zu Wachstums-und Leistungsstörungen führen“, sagt Professor Debus. Möglich ist eine Protonen- oder Ionentherapie in Deutschland bereits an fünf Standorten: in Heidelberg, München, Berlin (nur für Augentumoren), Essen und Dresden. Marburg soll in diesem Jahr dazukommen.

Allerdings gibt es aufgrund der bisher fehlenden Langzeitbeobachtungen noch keine Erkenntnisse über die Langzeitfolgen der neuen Strahlentherapien. „Es wird aber erwartet, dass das Risiko für Krebserkrankungen als Spätfolge gesenkt werden kann“, sagt Professor Dr. med. Cordula Petersen, Präsidentin der 21. DEGRO-Jahrestagung und Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Wir gehen heute davon aus, dass die Bestrahlung mit Protonen und Ionen insgesamt für etwa jeden zehnten Krebskranken in Frage kommt, allerdings muss dies noch in klinischen Studien genauer untersucht werden.“


Literatur:
Professor Dr. med. Jürgen Debus: Redemanuskript der DEGRO-Pressekonferenz vom 25. Juni 2015
Stellungnahme zur Strahlentherapie mit Protonen in Deutschland. Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). Juni 2015.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V.

25.06.2015

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