FDG-PET Bilder eines PET/MR Ganzkörper-Datensatzes: Frühe Response Evaluation...
FDG-PET Bilder eines PET/MR Ganzkörper-Datensatzes: Frühe Response Evaluation von zwei Melanompatienten unter Immuntherapie mit PET/MRT. Patient 1 zeigt multiple Metastasen vor Therapie (1A). Nach 2 Wochen Therapie deutliche Aktivierung von Leber, Milz, Knochenmark und lymphatischem Gewebe, als Zeichen der Immunaktivierung (1B). Gutes Ansprechen im Weiteren Therapieverlauf (1C). Patient 2 mit Melanom am Oberschenkel links (2A) zeigt keine Immunaktivierung nach 2 Wochen Immuntherapie (2B) und anschließend trotz Therapie einen Tumorprogress (2C).

Source: Eur J Nucl Med Mol Imaging. 2018 Jan;45(1).

Artikel • Hybridbildgebung

PET/MR: Der Mehrwert wird langsam sichtbar

Noch immer werden für das PET/MR die großen oder optimalen Indikationen diskutiert. Bei komplexen onkologischen Fragestellungen wird allerdings künftig kein Weg an dieser Hybrid-Modalität verbeigehen, ist Prof. Dr. Konstantin Nikolaou überzeugt.

Die Entwicklung von PET/MR scheint auf der Stelle zu treten. Während etwa die PET/CT für verschiedene Indikationen einen etablierten Platz in der radiologischen und nuklearmedizinischen Diagnostik gefunden hat, führt die Kombination aus der Positronen-Emissions-Tomographie und Magnetresonanztomographie (PET/MR) immer noch eine vergleichsweise randständige Existenz bezogen auf die Anzahl der Geräte-Installationen und Untersuchungen. Heute kommt PET/MR vor allem häufig in der Neurologie – Neurodegeneration und Neuroonkologie – zum Einsatz. „Seit der ersten klinischen Installation eines Ganzkörper PET/MR im Jahre 2010 und mehrjähriger klinischer Forschung auf diesem Gebiet hat man zwar einige spannende Anwendungen und Bildbefunde gesehen, aber eine „Blockbuster“-Indikationen lässt noch auf sich warten“, resümiert Prof. Dr. Konstantin Nikolaou, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen.

Nikolaou ist freilich überzeugt, dass dies nicht lange so bleiben wird. Eine große Zukunft für PET/MR sieht der Radiologe, der seit fünf Jahren an diesem System forscht, gerade bei komplexen onkologischen Fragestellungen. „Die Kombination aus neuen PET-Tracern, zahlreichen MR-Bildparametern – Perfusion, Diffusion, Sauerstoffmessung – und künstlicher Intelligenz wird einen großen Mehrwert bringen“, ist er überzeugt: Der mit Jahresbeginn an der Universität Tübingen gestartete Exzellenzcluster „Individualisierung von Tumortherapien durch molekulare Bildgebung und funktionelle Identifizierung therapeutischer Zielstrukturen“ werde daran sicher Anteil haben.

So könnte die PET/MR eine entscheidende Rolle spielen, um zu erkennen, ob ein Tumorpatient auf eine Immuntherapie mittels Checkpoint-Inhibitoren anspricht. „Gerade bei einer so komplexen und kostspieligen Therapie wollen wir früh wissen, wo die Reise hingeht. Im Idealfall schon nach wenigen Tagen oder Wochen“, erklärt Nikolaou. Derzeit werden Patienten unter onkologischen Therapien häufig erst nach zwei bis vier Monaten kontrolliert, um zu klären, ob es sich bei ihnen um Responder oder Non-Responder handelt. Primärer Marker ist bei onkologischen Therapien traditionell die exakte Bestimmung der Tumorgröße bzw. des Tumorvolumens: Wird der Tumor unter Chemotherapie kleiner, dann spricht die Therapie an. Allerdings gelten diese einfachen Größenregeln häufig bei modernen molekularen Therapien oder Immuntherapien nicht mehr. So gibt es gerade bei Immuntherapien auch Effekte wie den sogenannten „Pseudoprogress“: Obwohl der Tumor auf die Therapie anspricht, wächst er auf der Basis von immunologischer Zell-Infiltration und dank inflammatorischer Veränderungen erst einmal an. Man braucht also für neue onkologische Therapien neue und andere Marker, um Response und Non-Response frühzeitig zu erkennen. Gleiches gilt für die Vorhersage und Abschätzung von Therapieerfolgen (prädiktive und prognostische Marker).

„Das Kommen und Gehen von unterschiedlichen pathologischen Tumorqualitäten im Krankheitsverlauf des individuellen Patienten über Jahre zu monitoren und die Therapie dabei ständig zu adaptieren ist eine klare Vision der modernen Onkologie“

Ein solcher Indikator ist unter Immuntherapie u.a. der Grad der Aktivierung des Immunsystems. „Wenn unter Immuntherapie das gesamte Immunsystem – Milz, Leber, Knochenmark – primär stark aktiviert wird, so kann dies ein guter prädiktiver Marker dafür sein, dass der Patient auf die Therapie anspricht“, weiß Nikolaou. Diese Aktivierung oder Aktivität des Immunsystems ist sowohl mit PET als auch mit MR gut nachweisbar, die CT tut sich da deutlich schwerer. Der Tübinger Radiologe ist überdies davon überzeugt, dass es neben der Aktivierung des Immunsystems weitere PET/MR-Parameter geben wird, um das Therapieansprechen zu evaluieren.

Auch innovative PET-Tracer eröffnen neue Chancen für PET/MR. So wurde in Tübingen ein Tracer entwickelt, mit dem seneszente Tumorzellen aufgespürt werden können. Manche Tumorzellen gehen in eine Art Ruhezustand, Seneszenz genannt. In diesem Zustand reduzierten Stoffwechsels können die Tumorzellen mit bestimmten Therapien nicht erreicht werden. In diesem Fall müsste additiv eine senolytische Therapie gegeben werden, um diese ruhenden, aber wieder reaktivierbaren Tumorzellen zu erreichen. Die Beschreibung der Therapie-Sensitivität eines Tumors ist dabei auf vielerlei Arten möglich. Ein anderes Beispiel ist die Darstellung der Tumor-Oxygenierung, also die Sauerstoffaufnahme des Tumors, bei geplanter Strahlentherapie. Diese Oxygenierung lässt sich mit bestimmten PET-Tracern, aber auch mit MRT gut darstellen. Entsprechend müssten Tumorareale mit niedriger Oxygenierung höher dosiert bestrahlt werden, um den individuell optimalen Behandlungserfolg zu erzielen. „Man wird also pro Tumor-Entität und pro Behandlungskonzept lernen müssen, welche Kombination komplexer PET- und MR- Parameter unter welchen Therapiesituationen am meisten bringen“, bekräftigt Nikolaou.

In fernerer Zukunft könnten neue PET-Tracer auch zur Beschreibung der komplexen Tumor-Heterogenität eingesetzt werden. Denn Tumorzellen bilden beim Fortschreiten der Erkrankung ständig neue Mutationen und sind räumlich und zeitlich variabel bezüglich Aggressivität und Therapie-Ansprechverhalten. So werden im Laufe der gleichen Tumor-Erkrankung immer wieder eine neue Behandlungsstrategie notwendig. „Das Kommen und Gehen von unterschiedlichen pathologischen Tumorqualitäten im Krankheitsverlauf des individuellen Patienten über Jahre zu monitoren und die Therapie dabei ständig zu adaptieren ist eine klare Vision der modernen Onkologie“, bekennt Nikolaou.

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Prof. Dr. Konstantin Nikolaou ist Ärztlicher Leiter der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Tübingen.

Auch die Kardiologie könnte künftig ein lohnendes Einsatzgebiet für die PET/MR sein. „Die MRT allein ist in diesem Bereich schon sehr stark, so dass sich die PET schwertut, einen Mehrwert zu liefern“, räumt Nikolaou ein. Bei entzündlichen Herzerkrankungen oder bei bestimmten Kardiomyopathien jedoch ließen sich durchaus Anwendungsmöglichkeiten für PET/MR finden. Bei einer Sarkoidose zum Beispiel ist die MRT wichtig zur Diagnostik der typischen Narbenbildung. Veränderungen im Sinne eines Therapieansprechens sind aber unter PET deutlich früher zu erkennen. Nikolaou: „Hier ist zu diskutieren, ob PET in Bezug auf die entzündliche Komponente dieser Erkrankungen nicht wichtige zusätzliche Informationen liefern kann.“

Profil:
Prof. Dr. Konstantin Nikolaou gehörte 14 Jahre zum Ärzteteam von Prof. Dr. Maximilian Reiser am Institut für Klinische Radiologie am Klinikum der Universität München, davon sieben Jahre lang als Leitender Oberarzt und stellvertretender Ärztlicher Direktor. Er gehörte mehrere Jahre zum Organisationskomitee des Internationalen MR- und CT-Symposiums Garmisch und wurde dort 2013 mit dem „Magnetic Resonance Imaging Award“ ausgezeichnet. Im April 2014 wechselte Nikolaou an das Universitätsklinikum Tübingen, um dort die ärztliche Leitung der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie zu übernehmen. Neben seiner Professur verfügt der 45-Jährige über einen Master of Health Business Administration (MHBA) und einen zusätzlichen Abschluss auf dem Gebiet des ärztlichen Qualitätsmanagements.

Veranstaltung
Freitag, 18.01.2019, 15:50–17:50 Uhr
Moderator Prof. Dr. Konstantin Nikolaou
Session: Kardiale Bildgebung

16.01.2019

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