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Pankreaskarzinom: Staging ist nicht gleich Re-Staging

Das Adenokarzinom des Pankreas gehört zu den Malignomen mit der höchsten krebsspezifischen Mortalität. Therapie und Prognose des Pankreaskarzinoms sind abhängig vom Krankheitsstadium bei Erstdiagnose. „Ob operiert werden kann oder nicht, entscheidet letztlich der Chirurg – aber bei der Entscheidungsfindung hat die Radiologie einen hohen Stellenwert“, betont Univ.-Prof. Dr. Helmut Schöllnast, stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine radiologische Diagnostik der Medizinischen Universität Graz.

Das lokale Staging, also die Beurteilung des Ausmaßes der lokalen Ausdehnung des Tumors, erfolgt in erster Linie mittels CT. Ein Pankreaskarzinom kann als resektabel, „Borderline resektabel“ oder nicht resektabel beurteilt werden. Als „Borderline resektabel“ wird eine Gruppe von Patienten mit lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom bezeichnet, die zwar operiert werden können, aber ein höheres Rezidivrisiko solche mit eindeutiger Resektabilität haben. Ob der Tumor operabel ist oder nicht, hängt vor allem davon ab, welche vaskulären Strukturen betroffen sind und in welchem Ausmaß Arterien bzw. Venen mit Tumorzellen infiltriert sind. Dabei spielt auch eine Rolle, welche anatomische Normvariante in Bezug auf die vaskuläre Versorgung vorliegt.

Mehrphasen-CT zum Staging eines Pankreaskarzinoms. Coronale Reformatierung in...
Mehrphasen-CT zum Staging eines Pankreaskarzinoms. Coronale Reformatierung in der arteriellen Phase (A) und der portalvenösen Phase (B). Es zeigt sich eine zirkuläre Tumorumscheidung des Truncus cöliakus (A, langer Pfeil) und der Arteria mesenterica superior (A, kurzer Pfeil). Die Vena portae ist ebenfalls zirkulär umschieden mit Gefäß-abbruch (B, Pfeil). Der Befund spricht für Inoperabilität.

Auffinden von Peritonealkarzinosen

Zum Staging gehört auch das Auffinden von Peritonealkarzinosen – also von diffusen Metastasierungen im Bauchraum – oder von Fernmetastasen. Dafür kommen in erster Linie die CT bzw. auch 18F-FDG-PET/CT zum Einsatz; für die Beurteilung von Lebermetastasen auch die MRT, insbesondere unter Verwendung von leberspezifischem Kontrastmittel und diffusionsgewichteten Sequenzen. Peritonealkarzinosen oder Fernmetastasen sprechen gegen eine Operation. „Wenn der Tumor grundsätzlich resektabel ist, aber bereits Fernmetastasen oder eine Peritonealkarzinose vorhanden sind, ist eine Operation nicht mehr zielführend, da keine Verbesserung der Prognose zu erwarten ist“, erklärt Schöllnast.

Beim lokal begrenzten Pankreaskarzinom steht laut aktueller Leitlinien die Operation an erster Stelle, eine neoadjuvante Chemotherapie verbessert die Überlebensraten. Bei lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom ohne Fernmetastasen, so die unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) sowie der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) ausgearbeiteten Leitlinien, kann versucht werden, durch eine primär medikamentöse Tumortherapie den Status einer resektablen Erkrankung zu erreichen. Im fortgeschrittenen Stadium ist nur noch eine palliative Behandlung möglich.

Studien unterstützen Konzept

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Univ.-Prof. Dr. Helmut Schöllnast, stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine radiologische Diagnostik der Medizinischen Universität Graz.

Das Konzept, bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Pankreaskarzinom ohne Fernmetastasen den Tumor vor der Operation mittels neoadjuvanter Tumortherapie zu behandeln, wurde durch internationale Studien bestätigt. Auch die Medizinische Universität Graz nimmt an einer nationalen Studie teil, die eine Evaluierung des Konzeptes der neoadjuvanten Tumortherapie des Pankreaskarzinoms zum Ziel hat. „Die Ansprechraten nach neoadjuvanter Tumortherapie sind gut, ebenso die anschließenden operativen Ergebnisse“, verrät Schöllnast. Dabei stehen die Mediziner allerdings vor einer Herausforderung: „Egal ob MRT oder CT – den Erfolg einer neoadjuvanten Chemotherapie zu beurteilen, stellt uns vor große Probleme“, räumt Schöllnast ein: „Die Kriterien für das primäre Staging lassen sich nicht eins zu eins auf das Re-Staging nach der Chemotherapie übertragen.“

Wenn zum Beispiel beim primären Staging das Fettgewebe um Gefäße mit Weichteilgewebe infiltriert ist, so spricht dies eindeutig für eine Tumorinfiltration des perivaskulären Fettgewebes, wobei das Ausmaß der Infiltration Rückschlüsse auf die Resektabilität erlaubt. Nach der neoadjuvanten Chemotherapie bleibt diese Infiltration oft bestehen – allerdings handelt es sich dabei in sehr vielen Fällen histologisch nicht mehr um vitales Tumorgewebe, sondern um eine Fibrose. „Auch wenn nach der neoadjuvanten Therapie noch immer Weichteilgewebe um die Gefäße vorhanden ist, sollte man trotzdem operieren“, bekräftigt Schöllnast. Eine perivaskuläre Ausdehnung spricht also im neoadjuvanten Setting nicht gegen eine Operation. „Im Vergleich zu anderen Organsystemen wird man beim Pankreaskarzinom wegen der Umwandlung von Tumorgewebe in Fibrose nur in den seltensten Fällen – wenn überhaupt – eine komplette Remission in der Bildgebung erleben“, weiß Schöllnast: „Bereits eine geringe Verkleinerung des Tumors ist in diesem Fall ein sehr positives Zeichen.“ Die primär an der Tumorgröße orientierte RECIST-Klassifikation (Response Evaluation Criteria In Solid Tumors) ist daher für die Beurteilung eines Therapieansprechens beim Pankreaskarzinom nicht geeignet.


Profil:
Univ.-Prof. Dr. Helmut Schöllnast, MBA, ist stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine radiologische Diagnostik der Medizinischen Universität Graz. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte des Radiologen, der in Graz studierte und sich habilitierte, liegen in der onkologischen Bildgebung, insbesondere in der Beurteilung des Therapieansprechens durch etablierte und experimentelle Verfahren.

Veranstaltungshinweis:
Freitag, 27. September 2019, 15:45-16:00 Uhr
Raum: Chiemgau
Session: Symposium 7 – Leber/Pankreas
Staging und Re-Staging des Pankreaskarzinoms
Prof. Dr. Helmut Schöllnast (Graz)

27.09.2019

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