Extraaortale Gegenpulsation

Weder ist es ein pulsatiles Kunstherz noch eines der inzwischen weithin bekannten nichtpulsatilen Linksherz-unterstützungssysteme, das C-Pulse der australisch-amerikanischen Sunshine Heart, Inc.

Prof. Dr. Thomas Krabatsch
Prof. Dr. Thomas Krabatsch

Dennoch scheint es geeignet, bei Patienten mit mittelschwerer chronischer Herzinsuffizienz das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder gar ganz zu stoppen. Die Technik ist innovativ: das Prinzip der Gegenpulsation (CP) wird hier nicht intraaortal angewendet sondern extraaortal. Eine Manschette wird um die aufsteigende Aorta gelegt und von einer EKG-Elektrode getriggert, die auf die linke Herzspitze epimyokardial aufgeschraubt wird (Bilder 1, 2). Hat der linke Ventrikel kontrahiert und den Blutinhalt in die Aorta ausgeworfen, wird der in der Manschette befindliche Ballon aufgeblasen und komprimiert die Aorta ein wenig, so dass mehr Blut zurückgehalten wird und in die Koronararterien fließt, was die Sauerstoffversorgung des Herzens direkt verbessert. Darüber hinaus sorgt das Leersaugen des Ballons unmittelbar vor jeder Kontraktion des Ventrikels kurzzeitig für einen geringeren Widerstand in der Aorta und erleichtert so dem Herzen die Arbeit.

Der erste Einsatz am Menschen fand schon vor acht Jahren statt, am 4. Mai 2005 am Auckland City Hospital in Neuseeland. Dr. William S. Peters, der Entwickler des Systems, implantiert das C-Pulse seit 2010 in Australien [Quelle: J Heart Lung Transplant. 2010;29:1427-32]. Am 7. Mai 2013 begleitete er den europäischen Ersteinsatz am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB): Prof. Roland Hetzer und Prof. Thomas Krabatsch vom DHZB sowie Dr. Holger Hotz vom Cardio-Centrum Berlin versorgten im Rahmen einer europaweiten multizentrischen Studie inzwischen drei Patienten, die auf eine vorherige kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) nicht ansprachen, mit dem C-Pulse (Bild 3). Professor Krabatsch sieht zwei Vorteile: „Das System kommt nicht mit dem Blutstrom des Patienten in Berührung, deshalb ist keine dauerhafte Antikoagulationstherapie nötig. Außerdem kann der Patient es für einige Zeit abschalten oder ganz abkoppeln, zum Beispiel, um zu Duschen. Das geht mit den sonst verfügbaren, im Blutstrom befindlichen Pumpen natürlich nicht.“ Die Operation ist ohne Herzlungenmaschine durchführbar, dauert weniger lange als die Implantation einer klassischen Blutpumpe, ist aber dennoch technisch anspruchsvoll: „Die Aorta muss vollständig freipräpariert werden, damit die Manschette sie richtig umschließen kann“, sagt Krabatsch, und fügt hinzu: „Außerdem muss die EKG-Elektrode von außen auf das Herz aufgeschraubt werden, zumeist genau an der Stelle, die am weitesten vom operativen Zugang, von der Sternotomie entfernt ist.“ Insuffiziente, medikamentös austherapierte Herzen tolerieren solche Manöver hämodynamisch nicht uneingeschränkt. Ein Patient benötigte nur wenige Tage nach dem Eingriff ein Ventricular Assist Device (VAD).

Diese VAD werden einem Patienten üblicherweise nur dann implantiert, wenn er sich im Stadium der terminalen Herzinsuffizenz befindet, als bridge-to-transplant oder als destination therapy. Mit dem C-Pulse wird ein anderer Ansatz verfolgt: Die Implantation in einem früheren Stadium erspart möglicherweise oder verzögert wenigstens den Einbau eines VAD. Dr. Peter Göttel, Medical Director Europe von Sunshine Heart, sagt: „Das C-Pulse System füllt die Lücke im therapeutischen Repertoire, die sich zwischen CRT-Non-Repondern und der LVAD-Indikation auftut. Es ist wichtig, die Kardiologen, bei denen sich diese Patienten zumisst in ambulanter Behandlung befinden, mit der Existenz neuer, weniger invasiver Methoden der Herzunterstützung wie der extraaortalen Gegenpulsation vertraut zu machen. Das C-Pulse ermöglicht die symptomatische Verbesserung des Patienten bei gleichzeitig nur wenig eingeschränkter Lebensqualität. Zukünftig werden wir auch eine vollständig implantierbare Version anbieten. Da das System keine implantierte Pufferbatterie benötigt, ist dieser Technologiesprung sehr bald möglich".

Studien an 20 Patienten in Kanada und den USA und 50 Patienten in 10 Kliniken in Europa sollen die bislang gewonnen Erkenntnisse überprüfen. In Deutschland beteiligen sich neben dem DHZB Kliniken in Hannover und Duisburg, in Düsseldorf und Erlangen an der Studie, in Schottland Glasgow, in England das Royal Brompton & Harefield Hospital London, sowie in Italien Kliniken in Mailand, Padua und Turin.

Im Profil:

Nach dem Studium der Humanmedizin an der Humboldt-Universität Berlin ließ sich Prof. Dr. Thomas Krabatsch am Deutschen Herzzentrum Berlin zum Facharzt für Herzchirurgie ausbilden. Seit 1999 ist er hier Oberarzt für den Bereich Thorax- und Gefäßchirurgie. Im Jahr 2002 habilitierte er sich mit einer Arbeiter zum Thema: „Untersuchungen zu klinischem Stellenwert und zugrunde liegenden Mechanismen der transmyokardialen Laserrevaskularisation“

 

 

 

 

 

30.09.2013

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