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News • Validierung von Biomarker-Signaturen
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Erster Labortest zur Frühdiagnose bei Risikopatienten
Krebs der Bauchspeicheldrüse ist die dritthäufigste Krebstodesursache weltweit – auch, weil er meist erst sehr spät erkannt wird. Denn eine Methode zur Früherkennung ist nicht etabliert und der einzige Biomarker, das CA19-9, ist im Frühstadium wenig aussagekräftig.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Julia Mayerle von der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des LMU Klinikums München hat in einer prospektiven Studie untersucht, ob sich bei Risikopatienten mit einer Biomarkersignatur aus 12 bzw. vier Blutmetaboliten ein Bauchspeicheldrüsenkrebs ausschließen lässt. Die Biomarkersignaturen erreichten dies mit einer Spezifität von 90-4% bzw. 93-6% (CA19-9 alleine nur mit 79-1%). Damit steht erstmals ein Labortest für die Überwachung von Risikopatienten zur Verfügung, der den Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem noch heilbaren Stadium diagnostizieren kann. Das Ergebnis wurde jetzt im Fachjournal The Lancet Gastroenterology and Hepatology veröffentlicht.
Dieser Metabolom-Test kann den Betroffenen invasivere Diagnoseverfahren ersparen und mit ihm lässt sich der Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem noch heilbaren Stadium diagnostizieren
Julia Mayerle
Das Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) ist eine Tumorerkrankung mit sehr schlechter Prognose, denn meist wird es zu spät für eine Heilung durch chirurgische oder konservative Behandlung entdeckt. Weil sich auch die Ergebnisse der Therapie in den letzten 20 Jahren kaum verbessert haben wird es bald an zweiter Stelle der häufigsten Krebstodesursachen stehen. Menschen mit chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis), Verwandte ersten Grades von Patienten mit einem Pankreaskarzinom, aber auch normalgewichtige Menschen, die im Alter von über 50 Jahren einen Diabetes entwickeln, haben ein deutlich erhöhtes Risiko an Pankreaskrebs zu erkranken. Für diese Risikogruppen existiert bisher, im Gegensatz zum Brustkrebs oder zum Darmkrebs, keine effektive Vorsorge- oder Früherkennungsmethode, mit der sich der Tumor in einem noch heilbaren Stadium diagnostizieren ließe. Der einzige etablierte Tumormarker, das CA19-9, ist nur wirklich aussagefähig, wenn das Pankreaskarzinom schon fortgeschritten oder bereits metastasiert, also nicht mehr heilbar ist.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Julia Mayerle hat in den letzten 12 Jahren die Möglichkeit untersucht, ob sich anhand von im Blut zirkulierenden Metaboliten, kleinen Stoffwechselprodukten wie Aminosäuren, Ceramiden oder Sphingolipiden, die sich massenspektrometrisch bestimmen lassen, ein diagnostischer Test für die Früherkennung des Pankreaskarzinoms entwickeln lässt. In drei aufeinander aufbauenden Studien unter Nutzung des Bluts von Patienten mit Pankreaskarzinom und verschiedenen Kontrollkohorten mit anderen Krankheiten oder von Gesunden ließen sich aus den über 1600 messbaren Metaboliten Muster identifizieren, sogenannte Metabolom-Signaturen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einem Patienten mit einem Risiko für oder dem Verdacht auf ein Pankreaskarzinom dieses ausschließen können. Ein solches Testergebnis würde den Betroffenen weitere, unnötige und belastende Untersuchungen ersparen oder sogar eine Operation.
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An der neuen Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde, haben 23 deutsche Kliniken, in denen entweder die chirurgischen oder die gastroenterologischen Fachabteilungen auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse spezialisiert sind, teilgenommen. In die Studie aufgenommen wurden 1370 Patienten, bei den die Bildgebung eine Raumforderung der Bauchspeicheldrüse gefunden hatte und es deshalb notwendig war, ein Pankreaskarzinom auszuschließen oder zu therapieren. Das Blutplasma der Patienten wurde massenspektrometrisch auf das Vorliegen von zwei Biomarkersignaturen untersucht, eine mit 12 und eine mit nur 4 Metaboliten, sowie auf eine Erhöhung des Tumormarkers CA19-9. Die Patienten wurden zwei Jahre nachbeobachtet um sicherzustellen, ob ein Pankreaskarzinom vorlag oder sich entwickelte und ob eine andere Diagnose die Ursache des CT-Befunds war. Beide Biomarkersignaturen konnten wesentlich zuverlässiger als CA19-9 die Diagnose eines Pankreaskarzinoms ausschließen. Interessanterweise schnitt das kleinere Panel, bei dem nur vier Metaboliten quantifiziert werden und das dadurch kostengünstig auf nur einer Laborplattform gemessen werden kann, praktisch genauso gut ab wie der aufwendigere Test (Area under the curve AUC 0·846 (95% CI 0·842–0·849; p<0·0001 gegen CA 19-9, Spezifität von 93·6% (93·1–94·0) und Accuracy von 79·0% (78·8–79·2). Noch wichtiger für die klinische Anwendung ist, dass der negative Vorhersagewert, also die Feststellung, dass ein Pankreaskarzinom beim Betroffenen ausgeschlossen werden kann, bei über 90% liegt.
Damit wurde erstmals ein in der klinischen Routine einsetzbarer Labortest entwickelt, mit dem die Überwachung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein Pankreaskarzinom oder von Patienten mit dem bildgebenden Verdacht auf ein Pankreaskarzinom vorgenommen werden kann. "Dieser Metabolom-Test kann den Betroffenen invasivere Diagnoseverfahren ersparen und mit ihm lässt sich der Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem noch heilbaren Stadium diagnostizieren", sagt Letztautorin der Studie Prof. Julia Mayerle.
Quelle: LMU Klinikum München
23.05.2025