Links die Darstellung eines Hirntumors mit konventioneller,...
Links die Darstellung eines Hirntumors mit konventioneller, kontrastmittelverstärkter MRT, rechts die Glukose-MRT Bildgebung bei 7-Tesla.

Quelle: RSNA: Paech D, et al. T1ρ-weighted dynamic glucose enhanced MRI in the human brain.

Interview • Gliom

Auf der Suche nach neuen MRT-Kontrasten

Die MRT ist heutzutage eine unverzichtbare Methode, um Krankheiten zu diagnostizieren und Therapieverläufe zu überwachen. Durch die Diskussionen um Ablagerungen von Gadolinium im Gehirn hat die Suche nach Alternativen nochmals an Bedeutung gewonnen. Einer der daran forscht, ist Dr. Daniel Paech vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Im Gespräch berichtet er über potenzielle Lösungen, qualitativ hochwertige Bilder ohne Kontrastmittel zu gewinnen.

Interview: Sascha Keutel

Dr. Paech, Ihnen ist es gelungen, Gehirntumore mit Hilfe von Glukose sichtbar zu machen. Beschreiben Sie kurz den Inhalt Ihrer Arbeit?
Die klassische MRT beruht auf der Messung der Signale von Protonen im Wasser. Da der Körper zu über 60 Prozent aus Wasser besteht, entsteht so ein deutliches Bild. Kontrastmittel verstärken die Signale in den Blutgefäßen und im Raum zwischen den Zellen, gelangen jedoch nicht ins Zellinnere. Glukose wiederum wird in die Körperzellen aufgenommen und dort abgebaut. Tumorzellen sind in besonderer Weise süchtig nach Zucker, um ihren hohen Energiebedarf zu decken.

Um den viel geringer konzentrierten Traubenzucker sichtbar zu machen, haben meine Kollegen Patrick Schünke und Moritz Zaiss aus der Abteilung für Medizinische Physik in der Radiologie und ich eine spezielle Methode etabliert, um das Glukose-Signal selektiv zu verstärken. Das der Methode zu Grunde liegende physikalische Prinzip ist der „Magnetisierungstransfer-Effekt“, bei dem das Signal der Glukose-Protonen auf das im MRT gemessene körpereigene Wasser übertragen wird. Dieser Effekt verhält sich proportional zur lokalen Glukosekonzentration und bildet damit die regionale Veränderung der Zuckerkonzentration ab.

Nachdem die initialen technischen Entwicklungen abgeschlossen waren, haben wir für den Proof-of-Concept der Studie Gliom-Patienten, in diesem Fall eine Kohorte von zehn Glioblastom-Patienten, untersucht. Dabei konnten wir ein erhöhtes Glukosesignal bei Tumoren nachweisen.

Mithilfe der PET wird bereits seit Jahrzehnten der erhöhte Zuckerverbrauch in Tumoren sichtbar gemacht. Was ist der Unterschied zu Ihrem Verfahren?
Bei der PET werden radioaktiv markierte Zuckermoleküle verwendet. Wir kommen ohne jegliche Radioaktivität und somit ohne Strahlenbelastung für den Patienten aus. Anders als bei radioaktiven PET-Tracern wissen wir allerdings derzeit noch nicht, ob die Bilder metabolische, also Stoffwechselinformationen, oder wie bei normalen MRT-Bildern nur eine Perfusion beispielsweise von Tumorgewebe oder normalen Gefäßen zeigen. Es kann also sein, dass wir nur mehr Durchblutung des Tumors sehen, aber keine erhöhten Stoffwechselaktivitäten. Aktuell betreiben wir Grundlagenforschung, die nicht in Konkurrenz zum PET-Verfahren zu sehen ist, sondern als eigenständige Methode.

Links die konventionelle morphologische kontrastmittelverstärkte Darstellung...
Links die konventionelle morphologische kontrastmittelverstärkte Darstellung eines Hirntumors mit einem klinischen 3-Tesla MRT, rechts die kontrastmittelfreie Protein-Messung mit dem 7-Tesla MRT.

Quelle: D. Paech/DKFZ

In einer anderen Studie haben Sie Protein-Messungen bei Hirntumoren vorgenommen. Welche Ergebnisse haben Sie erzielt?
Das Ziel war, eine kontrastmittelfreie Bildgebung mit dem 7-Tesla MRT zu entwickeln und spezifische Proteinsignale zu isolieren. In nativen Sequenzen haben wir Gliom-Patienten daraufhin untersucht, ob sich Zusammenhänge mit histopathologischen Parametern wie dem IDH-Mutationsstatus oder MGMT-Promotor-Methylierungsstatus nachweisen lassen. Dabei konnten wir eine starke Korrelation mit dem IDH-Mutationsstatus nachweisen. Genutzt wird dabei, in analoger Weise zur Glukose-MRT, ein chemischer Austauscheffekt zwischen Proteinen und dem freien Wasser im Gewebe, der sogenannte Chemical-Exchange-Saturation-Transfer (CEST)-Effekt.

Ferner hat uns interessiert, ob dieses Proteinsignal in irgendeiner Weise mit dem Therapieansprechen und dem Überleben, sprich, der Prognose des Patienten, korreliert.

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7-Tesla-MR zieht in die klinische Routine ein

Ultrahochfeld-Magnetresonanztomographie mit einer Feldstärke von sieben Tesla hält schön langsam Einzug in die klinische Routine. „Dank der sehr hohen räumlichen und spektralen Auflösung ermöglicht Ultrahochfeld-MR detaillierte Einblicke in die menschliche Anatomie und kann präzise die metabolischen Prozesse etwa im Gehirn zeigen“, bekräftigt Univ.-Prof. Dr. Siegried Trattnig, Leiter…

Mit welchem Ergebnis?
Wir haben herausgefunden, dass das progressionsfreie Überleben sowie das Gesamtüberleben der Gliom-Patienten mit dem Proteinsignal invers korreliert. Das heißt, weist der Tumor einen sehr hohen Proteinanteil auf, ist die Prognose des Patienten schlechter. Folglich scheint das Proteinsignal etwas über den Aggressivitätsgrad des Tumors auszusagen.

In Folgeuntersuchungen wollen wir nun prüfen, ob sich diese Ergebnisse auch auf andere Tumore bzw. andere Organsysteme anwenden lassen, insbesondere beim Brust- und Prostatakrebs. Denn diese Tumoren sind aufgrund ihrer Häufigkeit gesellschaftlich noch relevanter als Hirntumore.

Zudem interessiert uns, ob die spezifische Proteinmessung auch mit weniger leistungsstarken MRT-Geräten möglich ist. Aktuell funktionieren diese Techniken nur beim 7-Tesla MRT, weil die Metabolitkonzentrationen niedrig und die gemessenen Effekte klein sind. Daher profitieren wir besonders von dem starken Magnetfeld am 7-Tesla MRT. Unser Ziel ist, die Methode auf die 3-Tesla MRT-Geräte zu übertragen und damit breiter verfügbar zu machen. Ob es technisch möglich ist, mit einem 3-Tesla MRT diese niedrigen Konzentrationen zuverlässig zu messen, ist derzeit allerdings noch unklar.

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Dr. med. Dipl. Phys. Daniel Paech, Ärztlicher Leiter des 7-Tesla MRT in der Abteilung von Prof. Heinz-Peter Schlemmer (E010 Radiologie) am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

An welchen neuen MRT-Kontrasten forschen Sie noch?
Wir wollen MRT-Kontraste finden, die Informationen liefern, die aus den bisher verfügbaren Sequenzen nicht abzulesen sind. Denn dies würde nachhaltig zu einer besseren Patientenversorgung beitragen. Großes Potenzial verspricht die X-Kern-Bildgebung: Normalerweise misst die MRT das mit dem Spin verbundene magnetische Moment der Atomkerne des Wasserstoffs. Die X-Kern-MRT misst jedoch den magnetischen Moment anderer Atomkerne, beispielsweise den Natriumkern oder auch bestimmte Sauerstoff-Isotope, die andere physiologische Informationen hervorbringen. Mit einer normalen MRT gewinne ich diese Informationen nicht, da die Konzentration dieser Stoffe im Körper im Verhältnis zum Wasser so viel geringer ist. Da helfen nur hohe Feldstärken.

Profil:
Dr. med. Dipl. Phys. Daniel Paech studierte Physik (Diplom 2011) und Medizin (Staatsexamen 2015) an den Universitäten Karlsruhe, Heidelberg und Paris-Sorbonne. Er ist Ärztlicher Leiter des 7-Tesla MRT in der Abteilung von Prof. Heinz-Peter Schlemmer (E010 Radiologie) am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Veranstaltungshinweis:
Donnerstag, 30.05.2019, 9:15-9:45 Uhr
Raum Albers-Schönberg
Session: MRT ohne Kontrastmittel
Neue Kontrastmittel-freie Imaging-Biomarker bei Tumoren: Glukose-verstärkte Magnetresonanz und Protein-Bildgebung
Dr. Daniel Paech (Heidelberg)

29.05.2019

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