News • Studie liefert Hinweise

Warum sind ältere Menschen anfälliger für Alzheimer?

Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken. Aber warum ist das so?

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Kaputte Festplatte: Vor allem bei älteren Menschen verhindert die Alzheimer-Krankheit Zugriff auf gespeicherte Erinnerungen. Forscher haben eine mögliche Erklärung dafür gefunden, warum Senioren häufiger betroffen sind.
Quelle: Unsplash/Markus Spiske

Susanne Wegmann, Wissenschaftlerin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Berlin, hat gemeinsam mit Kollegen eine mögliche Ursache für diesen Zusammenhang aufgedeckt: Bestimmte, an der Alzheimer-Erkrankung beteiligte Eiweißstoffe – sogenannte Tau-Proteine – können sich im alternden Gehirn besser ausbreiten. Das zeigen Laboruntersuchungen. 

Die aktuelle Studie entstand in enger Zusammenarbeit mit Forschenden in den USA an der Harvard Medical School und am Massachusetts General Hospital. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Zeitschrift „Science Advances“ publiziert.

Die Alzheimer-Erkrankung beginnt in der Regel mit Gedächtnisstörungen und betrifft im späteren Verlauf auch andere kognitive Fähigkeiten. Beteiligt sind zwei verschiedene Eiweißablagerungen im Gehirn der Patienten: „Amyloid-beta-Plaques“ und „Tau-Neurofibrillen“. Das Auftreten von Tau-Neurofibrillen spiegelt dabei den Krankheitsverlauf recht genau wider: Sie treten zuerst in den Gedächtniszentren des Gehirns auf und erscheinen dann im weiteren Krankheitsverlauf auch in anderen Arealen. Vermutlich wandern Tau-Proteine oder deren Aggregate entlang von Nervenbahnen und tragen so dazu bei, dass sich die Erkrankung im Gehirn ausbreitet.

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Welche Rolle spielt das Alter bei diesen Ausbreitungsprozessen? Wenn sich Tau in älteren Gehirnen leichter ausbreitet, wäre das eine mögliche Erklärung dafür, dass ältere Menschen für die Alzheimer-Erkrankung anfälliger sind. Dieser Hypothese ist Wegmann mit ihren Kollegen nachgegangen. Mit Hilfe einer „Genfähre“ - einem maßgeschneiderten Virus - schleusten die Wissenschaftler den Bauplan des menschlichen Tau-Proteins in die Gehirne von Mäusen ein. Einzelne Zellen begannen daraufhin mit der Herstellung des Proteins. Zwölf Wochen später untersuchten die Forscher, wie weit sich das Tau-Protein von der Produktionsstätte entfernt hatte. „Die menschlichen Tau-Proteine verbreiteten sich bei älteren Mäusen etwa doppelt so schnell wie bei jüngeren“, fasst Wegmann die Ergebnisse zusammen.

Gesundes Tau, krankes Tau

Zellen können auch dadurch geschädigt werden, dass sie sehr viel gesundes Tau-Protein erhalten und anreichern

Susanne Wegmann

Der experimentelle Teil der Studie geschah in der Arbeitsgruppe von Bradley Hyman an der Harvard Medical School im US-amerikanischen Boston. Dort war Susanne Wegmann über mehrere Jahre tätig. Im Jahre 2018 wechselte sie an den Berliner Standort des DZNE, wo ihre Arbeitsgruppe Tau-bezogene Krankheitsmechanismen erforscht. Hier erfolgte nun der größte Teil der Daten-Analyse und die Zusammenfassung der Ergebnisse.

Der Versuchsansatz ermöglichte den Wissenschaftlern darüber hinaus, genauer zu analysieren, wie sich Tau ausbreitet. Dieses Protein kommt in einer gesunden, löslichen Form in allen Nervenzellen im Gehirn vor. Bei Alzheimer kann es sich jedoch krankhaft verändern, indem es seine Gestalt wechselt, und dann zu sogenannten Fibrillen verklumpt. „Lange Zeit hat man angenommen, dass in erster Linie krankhaftes Tau-Protein von einer Nervenzelle zur nächsten weitergegeben wird. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass auch die gesunde Form des Proteins im Gehirn weitergetragen wird und dass dieser Prozess im Alter zunimmt. Zellen können auch dadurch geschädigt werden, dass sie sehr viel gesundes Tau-Protein erhalten und anreichern“, sagt Wegmann.

Die Erkenntnisse aus der Studie werfen eine Reihe neuer Fragen auf, denen Wegmann nun mit ihrer Arbeitsgruppe am DZNE nachgehen wird: Welche Prozesse liegen der verstärkten Ausbreitung von Tau im alternden Gehirn zugrunde? Wird zu viel Tau-Protein produziert oder zu wenig fehlerhaftes Protein abgebaut? Eine Beantwortung dieser Fragen kann auf lange Sicht neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen.


Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

10.07.2019

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