Schicht für Schicht im Doppelspiel
Der mit Satellitensymposien, Refresherkursen und Workshops viel beschäftigte Besucher des Österreichisch-Bayerischen Röntgenkongresses sollte es auf keinen Fall versäumen, der kongressbegleitenden Kunstausstellung einen Besuch abzustatten. Dort können die österreichisch-bayerischen Beziehungen auf ganz eigene Weise betrachtet werden. Zwischen den gemeinsamen Ölgemälde-Arbeiten der freischaffenden Künstlerinnen Trudi Dorn aus Passau und Undine Pega aus Graz kann man wunderbar auf andere Gedanken kommen. Schicht ist eben nicht immer gleich Schicht.
radiologia bavarica: Frau Pega, Frau Dorn, Sie malen Ihre Bilder gemeinsam. Im Doppelspiel, wie Sie das einmal genannt haben. Malen Sie immer zu zweit?
Trudi Dorn: Die im Doppelspiel gemalten Bilder sind seit zwei Jahren ein gemeinsames Projekt. Aber unabhängig davon arbeitet jede von uns auch selbstständig im eigenen Atelier. Undine in Graz, ich in Passau. Wenn Sie unsere Bilder vergleichen, werden Sie sehen, dass jede von uns einen ganz eigenen Stil hat.
rb: Wie kann es dann funktionieren, Bilder gemeinsam zu malen?
Trudi Dorn: Weil wir dann eine Einheit sind. Wir kennen uns schon lange. Seit Studienzeiten. Beim gemeinsamen Malen ergänzen wir uns.
rb: Eine Einheit? Können Sie das erklären?
Undine Pega: Wir vertrauen darauf, dass alles, was die andere in das Bild hineinbringt, richtig ist. Wir bremsen uns nicht aus, sondern sind sicher, dass es passt.
rb: Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen? Frau Pega fängt rechts unten an, dann übernimmt Frau Dorn, dann ist Frau Pega wieder dran?
Undine Pega: Wir malen gleichzeitig an einem Bild, kreuz und quer, dabei wird auch der anderen erlaubt, darüberzumalen. Das ist wie tanzen – ohne Angst, dass man sich auf die Füße steigt.
rb: Und es gibt keinen Streit, wenn Sie sich gegenseitig übermalen?
Undine Pega: Dieses gegenseitige Vertrauen, das ist unsere Spezialität. Wenn ich eine Stelle habe, bei der ich will, dass sie so bleibt, brauche ich gar nichts zu sagen. Trudi spürt es, wenn mir etwas wichtig ist. Ich könnte ihr natürlich auch sagen, dass sie hier nichts ändern soll, und sie würde es respektieren. Aber das brauche ich gar nicht. Sie weiß es auch ohne Worte. Es ist ein nonverbales Verstehen.
Trudi Dorn: Das nonverbale Verstehen gelingt, weil wir uns nicht als getrennt empfinden und weil wir die andere in ihrer Art, wie sie sich gerade ausdrückt, akzeptieren. Man ist in dem Moment sensitiv genug, um zu sehen, dass eine Stelle gelungen ist, kraftvoll, etwas Besonderes. Dann will man sie auch schützen.
rb: Wie kamen Sie dazu, gemeinsam zu malen?
Trudi Dorn: Ich wünschte mir schon lange ein gemeinsames künstlerisches Projekt mit Undine. Aber es hat Zeit gebraucht, bis wir beide an dem Punkt waren, an dem wir uns vorstellen konnten, gemeinsam Bilder zu malen. Bis wir beide den Wunsch verspürten auszuprobieren, ob das funktioniert.
Undine Pega: Wir haben immer wieder mal gemeinsame Projekte gemacht. Ausstellungen zum Beispiel, aber jede noch mit ihren eigenen Bildern. Noch früher haben wir zusammen Stoffe bemalt und Kleider genäht, die wir dann gemeinsam getragen haben.
rb: Ihr Gemälde „Sandkugeln“ wurde als Plakat für den Radiologenkongress ausgesucht. Können Sie eine Verbindung zwischen dem Bild und der Radiologie herstellen?
Trudi Dorn: Unsere Malerei ist meistens aus verschiedenen, übereinanderliegenden Schichten aufgebaut, wodurch eine gewisse Transparenz entsteht. Ein Betrachter, der sich darauf einlässt, kann verschiedene Ebenen in den Bildern sehen und erfahren. So könnte man sagen: Ähnlich wie die Radiologie haben auch unsere Bilder einen Röntgenblick.
Undine Pega: Oft ist eine Schicht Farbe transparent, man sieht eine andere Farbschicht darunter durchscheinen und dann vielleicht noch einmal eine dritte. Durchaus vergleichbar mit dem Schichtbildverfahren in der Radiologie.
rb: Vielen Dank für das Gespräch!
Trudi Dorn-Tacke, Tel. +49 851 890 19
www.trudi-tacke.de, info@trudi-tacke.de
Undine Pega, Tel. +43 676 574 3864
www.undinepega.com, undine_pega@hotmail.com
06.10.2010