Artikel • Point-of-Care Testing

POCT entwickelt sich

Das Point-of-Care Testing (POCT) hat viele medizinische Facetten, die sich von Jahr zu Jahr weiterentwickeln. Einerseits durch die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitsbereich, andererseits durch die fortschreitende Internationalisierung der medizinischen Zusammenarbeit.

Bericht: Anja Behringer

portrait of peter luppa
Prof. Dr. Peter B. Luppa ist Leiter des Zentrallabors am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.

In der Klinik sind verschiedene Faktoren ausschlaggebend, um die Leistungsfähigkeit der patientennahen labormedizinischen Untersuchung voll ausschöpfen zu können: So müssen POCT-Geräte und -Analysemethoden gründlich validiert und Prozesse zur Qualitätssicherung etabliert werden. Dazu sind Schulungen notwendig, die viel Zeit kosten und für die Mitarbeiter einen deutlichen Mehraufwand bedeuten. Deshalb sollte das Verfahren den Betroffenen gründlich kommuniziert werden. Bei alldem spielt die Zusammenarbeit mit dem Zentrallabor eine entscheidende Rolle. Davon ist Prof. Dr. med. Peter B. Luppa, Leiter des Zentrallabors am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, überzeugt: „Für die Patientensicherheit in diesem Spannungsfeld zwischen POCT und Zentrallabor fordert unsere Arbeitsgruppe POCT eine Koordinationsstelle zur optimalen Versorgung in einem Krankenhaus.“ Diese soll zu einer deutlichen Verbesserung in der Qualitätssicherung beitragen. Auch hat Professor Luppa Forderungen an die Gerätehersteller, nämlich Geräte zur Verfügung zu stellen, die die Anforderungen zur Qualitätssicherung nach der Richtlinie der Bundesärztekammer (Rili-BÄK) erfüllen. Denn das tun derzeit durchaus nicht alle.

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News • Point-of-Care bei Infektionen

Das sind die Treiber der nächsten POCT-Generation

Der europäische Markt für Point-of-Care-Testing (POCT) von Infektionserkrankungen, der derzeit 753,1 Millionen US-Dollar ausmacht, wird laut einer aktuellen Studie von Frost & Sullivan bis 2022 voraussichtlich auf 1,41 Milliarden US-Dollar anwachsen, da ständig neue Anwendungsmöglichkeiten hinzukommen, darunter Sepsis und Krankenhausinfektionen wie Methicillin-resistenter Staphylococcus…

In der Intensiv- und Notfallmedizin lassen sich Laborparameter in drei Kategorien einteilen. An erster Stelle stehen die obligatorischen Parameter, die unmittelbare therapeutische Konsequenzen nach sich ziehen und innerhalb von 60 Minuten vorgehalten werden sollten. Für diese Parameter bietet sich die Bestimmung vor Ort mit POCT. An zweiter Stelle stehen Parameter, die zwar nicht akut zur Abwendung einer Lebensgefahr notwendig sind, jedoch mittelbare diagnostische bzw. therapeutische Konsequenzen haben. Nach dem internationalen Konsens sollte die Aufenthaltsdauer von Patienten in der Notaufnahme 4 Stunden nicht überschreiten. Deshalb müssen entsprechende Parameter innerhalb dieses Zeitfensters verfügbar sein. Daneben gibt es Parameter, die keine dringenden diagnostischen bzw. therapeutischen Konsequenzen nach sich ziehen, die jedoch als Notfallparameter verfügbar sein sollten, um die Prozesse in der Notaufnahme und den Patientenfluss aufrechtzuerhalten. POC-Testverfahren sollten den wenigen dringlichen Parametern vorbehalten sein und in Kooperation mit dem Zentrallabor als Satellitenlabor in der Notaufnahme organisiert werden.

Bei zahlreichen akuten Erkrankungen sind zeitkritische Informationen aus dem Labor erforderlich, beispielsweise für Gerinnungsanalyen beim Schlaganfall oder kardiale Marker beim Herzinfarktverdacht. Selten haben POCT-Verfahren die gleiche analytische Qualität wie die Routinemethoden im Zentrallabor, so dass Schnelligkeit versus Sensitivität und Präzision abgewogen werden muss. Darüber hinaus wird in der Intensiv- und Notfallmedizin 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr gearbeitet, so dass gelegentlich auch Parameter, die nicht innerhalb von 60 Minuten benötigt werden, per POCT ermittelt werden, damit sie überhaupt aktuell verfügbar sind.

Was POCT in Zukunft noch bringen wird

Da in Schwellen- und Entwicklungsländern Zentrallabore selten sind, gehört dem mobilen POCT dort die Zukunft

Peter Luppa

Eine wichtige Anforderung an POCT-Systeme der Zukunft ist die weitere Standardisierung der Methoden und des Qualitätsmanagements. Die Ergebnisse der patientennahen Diagnostik müssen vergleichbar sein mit den Werten aus dem Zentrallabor. Dazu bedarf es Hilfestellungen für die klinische Praxis, wie man die Ergebnisse der POCT-Methoden mit denen im Zentrallabor vergleichen und sicher interpretieren kann. „Die Geräte müssen auch mit der POCT-Koordinationsstelle vernetzt sein, wobei der Durchdringungsgrad schon jetzt ganz gut ist“, sagt Labormediziner Luppa. Nach seiner Einschätzung zu künftigen Entwicklungen befragt, sieht er „großes Potential bei der Detektion von Infektionskrankheiten in Schwellen- und Entwicklungsländern. Die Nachweise der Erreger sind von der Technik her revolutionär. Da in diesen Ländern Zentrallabore selten sind, gehört dem mobilen POCT dort die Zukunft. Deshalb muss die Qualität der Analyse so gut sein wie im Labor.“

17.04.2019

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