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Artikel • Gebärmutterhals, Vulva und Vagina
Mehr Gewissheit durch Methylierungstests zur Krebs-Früherkennung
Mit einem neuen Labortest zur gynäkologischen Krebsfrüherkennung erweitert das Unternehmen Oncgnostics sein Portfolio und will damit insbesondere Frauen in Ländern erreichen, in denen bisher kaum Vorsorge stattfindet. Neueste Studien zur Früherkennung von Vulva- und Vaginalkrebs könnten zudem schon bald dazu führen, dass erstmals ein Test für diese Erkrankung entwickelt werden kann.
Artikel: Sonja Buske
2015 brachte das erst drei Jahre zuvor in Jena gegründete Unternehmen mit GynTect einen Test zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs auf den Markt. Dieser nutzt DNA-Methylierungen als Biomarker, welche auftreten, wenn Krebs entsteht oder bereits vorhanden ist. GynTect war seinerzeit einer der ersten auf dieser Technologie basierenden Krebsfrüherkennungstests weltweit. Inzwischen wird er in mehreren europäischen Ländern vertrieben und hat im August 2022 auch die Zulassung in China erhalten.
Die meisten Krebsneuerkrankungen treten in Ländern auf, in denen bisher keine Früherkennungsuntersuchungen angeboten wurden. Hier können wir mit unserem Test helfen
Alfred Hansel
Da GynTect jedoch sechs methylierte DNA-Regionen nachweist, können maximal zehn Proben gleichzeitig ausgewertet werden, was im Vergleich zu vielen anderen klassischen Labortests deutlich aufwändiger ist. Für Länder, in denen bisher kaum oder gar keine Screenings durchgeführt werden und die labortechnische Ausstattung auf ein Minimum reduziert ist, ist GynTect daher eher weniger geeignet. Daher hat Oncgnostics den Test weiterentwickelt. Das Ergebnis, das auf der diesjährigen Medica einem großen Publikum präsentiert wurde, ist ScreenYu Gyn ein Abklärungstest, der nur eine methylierte DNA-Region nutzt und daher besonders gut für die Automatisierung geeignet ist, da bis zu 100 Proben gleichzeitig analysiert werden können. Er wurde im Mai 2022 zugelassen, kommt allerdings aktuell noch nicht zum Einsatz. „Wir geben den Test momentan nur an Interessierte ab, die damit Studien betreiben möchten“, erklärt Dr. Alfred Hansel, Co-Founder und CEO von Oncgnostics. „Wir haben zwar selbst eine Studie mit mehr als 600 Proben durchgeführt, möchten unsere Ergebnisse aber gerne von extern verifizieren lassen.“ Auch wenn ScreenYu Gyn noch nicht ganz an die Genauigkeit seines Vorgängers herankommt, könnte er dennoch zum Beispiel in Entwicklungsländern sowie in ländlichen, abgeschiedenen Regionen zum Einsatz kommen. Hansel: „Die meisten Krebsneuerkrankungen treten in Ländern auf, in denen bisher keine Früherkennungsuntersuchungen angeboten wurden. Hier können wir mit unserem Test helfen.“
Individuelle Gesundheitsleistung
Keiner der beiden Tests wird derzeit von den Krankenkassen bezahlt, sondern es handelt sich hierbei um eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), für die die Patientin selbst aufkommen muss. Insbesondere Frauen, die einen auffälligen PAP-Abstrich oder ein positives HPV-Testergebnis haben, möchten sich mit den Tests von Oncgnostics Gewissheit verschaffen und wollen nicht warten, bis der Gynäkologe den Test nach drei bis zwölf Monaten wiederholt. „Ein auffälliges Testergebnis bedeutet nicht automatisch eine Krebserkrankung“, weiß Hansel zu berichten. „Gewebeauffälligkeiten und HPV-Infektionen heilen in der Regel von selbst aus, weshalb Ärzte zunächst abwarten und den Verlauf nach einiger Zeit überprüfen. Für viele Frauen stellt diese Wartezeit jedoch eine enorme psychische Belastung dar, weshalb sie sich unseren Test zur Abklärung besorgen. GynTect kann nicht nur eine zuverlässige Aussage darüber treffen, ob ein Tumor bereits vorliegt, sondern auch darüber, ob Gebärmutterhalskrebs entstehen wird.“
Früherkennung von Vulva- und Vaginalkrebs
Einen Test zur Früherkennung von Vulva- und Vaginalkrebs gibt es bisher noch nicht, wegen der unspezifischen Symptome handelt es sich meist um einen Zufallsbefund. Hier könnte auch ein Methylierungstest mit denselben Biomarkern wie für Gebärmutterhalskrebs zum Einsatz kommen, wie Hansel und sein Team in ersten Studien mit ein paar hundert Proben aus zwei Universitätskliniken herausgefunden haben. „Wir erfassen mit dem Test aktuell zu 80 bis 90 Prozent alle Karzinome und sind zuversichtlich, bald auf 100 Prozent zu kommen“, zeigt sich der CEO begeistert. In spätestens zwei Jahren soll es so weit sein, schätzt er, und arbeitet mit seinem Team unter Hochdruck an der Umsetzung. Mit der Erstattung durch die Krankenkassen könnte es dann sogar deutlich schneller gehen als bei den beiden anderen Tests, da es keine Alternative gibt.
28.11.2022