Kaminski / Charité & MDC
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Neuer CRISPR-Diagnostiktest
Ein neuer Diagnostiktest für Patienten nach einer Nierentransplantation weist Infektionen und Abstoßungen mithilfe einer einfachen Urinprobe und der CRISPR-Technologie nach. Entwickelt hat ihn Dr. Michael Kaminski, Leiter einer neuen Emmy Noether-Nachwuchsgruppe an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz Gemeinschaft (MDC).
Der neue Test weist zwei Viren nach, die Patientinnen und Patienten nach einer Nierentransplantation häufig infizieren: Cytomegalievirus (CMV) und BK-Polyomavirus (BKV). Das Verfahren detektiert auch CXCL9-mRNA, deren Expression während der akuten zellulären Abstoßung von Nierentransplantaten ansteigt.
„Die meisten Menschen denken an Gen-Editierung, wenn sie an CRISPR denken, aber dieses Tool ist auch für andere Anwendungen, speziell für günstigere und schnellere Diagnostik, geeignet“, sagt Dr. Kaminski, Leiter der neuen Arbeitsgruppe „Kidney Cell Engineering and CRISPR Diagnostics“, die am MDC und an der Charité angesiedelt ist. Der Wissenschaftler, der als Arzt in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin am Campus Charité Mitte tätig ist, leitete die Testentwicklung während seiner Zeit am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. James Collins. 2020 gründete er ein Labor am Berlin Institute for Medical Systems Biology (BIMSB) am MDC.
Nierentransplantierte Menschen nehmen Medikamente zur Unterdrückung ihres Immunsystems, um das Risiko einer Organabstoßung zu reduzieren. Dies wiederum erhöht das Risiko, an Infektionen zu erkranken. Es ist daher wichtig, Betroffene sowohl auf mögliche Infektionen als auch auf Abstoßung des transplantierten Organs hin zu überprüfen. Üblicherweise werden Bluttests und invasive Nierenbiopsien durchgeführt, die zeitintensiv und teuer sind. Es gibt zwar erschwingliche diagnostische Urintests für eine Vielzahl von Biomarkern, die unter anderem bei Diabetes oder Schwangerschaft eingesetzt werden, diese sind jedoch für den Nachweis von Nukleinsäuren, wie DNA oder RNA, meist nicht geeignet. Hier kommt CRISPR ins Spiel.
Die CRISPR-Technologie kann sehr kleine Segmente einer DNA- oder RNA-Sequenz mithilfe eines komplementären RNA-Stücks aufspüren. Bestimmte Arten von Cas-Proteinen schneiden nicht nur die Zielsequenz, sondern auch ein Reportermolekül. Die bei diesem Schneiden entstehende Fluoreszenz zeigt an, ob die Zielsequenz vorhanden ist. Viele Labore haben das diagnostische Potential von CRISPR an synthetischem Material untersucht, aber nur wenige haben echte klinische Proben getestet. „Die Herausforderung besteht darin, klinisch relevante Konzentrationen zu erfassen“, sagt Dr. Kaminski. „Es ist ein großer Unterschied, ob man hohe Konzentrationen synthetischer Zielmoleküle im Reagenzglas oder ein einzelnes Molekül in einer Patientenprobe detektiert.“
Der Test, formal Assay genannt, läuft zweistufig ab: Zuerst wird die virale Ziel-DNA in einer Urinprobe vermehrt. Sie wird so oft kopiert, bis CRISPR sie erkennen kann, auch wenn nur ein einzelnes Zielmolekül vorliegt. Das Team verwendet ein spezifisches, als SHERLOCK bekanntes CRISPR-Cas13-Protokoll, um das Verfahren für virale DNA zu optimieren. Die Ergebnisse ähneln denen eines Schwangerschaftstests für zu Hause. Ein Teststreifen wird in die vorbereitete Probe getaucht; wenn nur eine Bande auf dem Streifen erscheint, ist die Probe negativ, zwei Banden zeigen an, dass das Virus vorhanden ist. „Es ist spannend zu beobachten, wie die Ergebnisse auf den Teststreifen erscheinen", sagt Robert Greensmith, Doktorand im Labor von Dr. Kaminski und Mitautor der Veröffentlichung. Für den Abstoßungsmarker CXCL9 verwendeten die Forscher ein ähnliches Verfahren. Dazu wird mRNA isoliert und vermehrt und dann durch CRISPR-Cas13 nachgewiesen.
Bei sehr geringen Viruskonzentrationen erscheint die zweite Bande auf dem Teststreifen schwach, was eine klare Interpretation erschwert. Daher entwickelte das Team eine Smartphone-App, die Bilder des Teststreifens analysiert und basierend auf der Bandenintensität eine endgültige Entscheidung trifft. Nach der aufwändigen Optimierung des Verfahrens verwendeten die Forschenden ihren Assay zur Analyse von mehr als 100 Proben von Patientinnen und Patienten nach einer Nierentransplantation. Der Assay erwies sich als präzise und konnte selbst bei geringer Viruslast BKV oder CMV detektieren und eine akute zelluläre Transplantatabstoßung korrekt anzeigen.
Um das diagnostische Potenzial des Tests besser einzuschätzen, interessiert sich Dr. Kaminski als Arzt und klinischer Forscher für Studien, die den Test mit herkömmlichen Verfahren vergleichen. Außerdem möchte er den Assay noch einfacher machen. Im Augenblick umfasst der Test mehrere Schritte. Während er im Krankenhausumfeld eingesetzt werden könnte, ist er für eine Testung zu Hause noch nicht geeignet. Das schlussendliche Ziel ist ein einstufiges Verfahren, das mehrere Parameter quantitativ messen kann. So könnten Betroffene Änderungen im Vergleich zu ihren individuellen Normalwerten feststellen.
Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin
15.04.2020