Doppelportrait von Professor Jens Gottlieb und Professor Nikolaus Kneidinger
Haben die neue Leitlinie der DGP koordiniert: Professor Jens Gottlieb, stellvertretender Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, und Professor Nikolaus Kneidinger, Leiter der Klinischen Abteilung für Pneumologie der Medizinischen Universität Graz.

Bildquelle: DGP; Fotos: Tom Figiel und Mike Auerbach 

News • Orientierung für Fachärzte

Nachsorge bei Lungentransplantation: S3-Leitlinie unterstützt Pneumologen

Mit jährlich nur etwa 300 Eingriffen bundesweit zählt die Lungentransplantation in Deutschland zu den seltenen medizinischen Verfahren. Umso bedeutsamer ist nun ein Novum:

Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) wurde erstmals eine S3-Leitlinie zur Nachsorge bei erwachsenen Lungentransplantierten veröffentlicht. Das neue Werk bietet eine evidenzbasierte und praxisorientierte Orientierung für alle ärztlich Beteiligten – insbesondere Pneumologen – in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 

Die S3-DACH-Leitlinie: Nachsorge von Erwachsenen nach Lungentransplantation ist ab sofort im AWMF-Leitlinienregister online verfügbar

„Es ist weltweit die erste Leitlinie, die sich strukturiert und evidenzgestützt mit der Nachsorge von Lungentransplantierten beschäftigt“, erklärt Professor Jens Gottlieb, stellvertretender Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitglied der DGP. Zusammen mit Professor Nikolaus Kneidinger, Leiter der Klinischen Abteilung für Pneumologie der Medizinischen Universität Graz, hat er die Leitlinie koordiniert. „Wir schließen damit eine erhebliche Lücke in der klinischen Versorgung.“ Beteiligt an der Erstellung waren insgesamt 15 Fachgesellschaften und Organisationen, auch aus Österreich und der Schweiz. 

Unser Ziel ist klar: Wir wollen die langfristigen Ergebnisse nach Lungentransplantation verbessern. Eine strukturierte Nachsorge ist dabei ein zentraler Hebel

Jens Gottlieb

Im Fokus der Leitlinie steht ein strukturierter Nachsorgeplan, der auf den Erfahrungen der größten Transplantationszentren im deutschsprachigen Raum basiert – darunter München, Wien und Hannover. Der Plan legt detailliert fest, welche Kontrolluntersuchungen in welchen zeitlichen Abständen erfolgen sollten: von wöchentlichen Untersuchungen unmittelbar nach der Transplantation bis zu jährlichen Checks ab dem zweiten Jahr. „Bisher gab es so einen strukturierten Plan nur für andere Organtransplantationen, etwa für das Herz“, so Gottlieb. Der Plan sieht unter anderem regelmäßige Lungenfunktionsprüfungen, Bronchoskopien, Schulungen und Screenings auf Komplikationen wie Diabetes oder Hautkrebs vor – selbst das Risiko eines Rückfalls beim Rauchen ist Teil der Nachsorgestrategie. 

Neben Tipps für die Praxis basierend auf Expertenmeinungen enthält die Leitlinie auch 12 evidenzbasierte Empfehlungen. Sie betreffen zentrale Aspekte der medizinischen Versorgung, etwa die Auswahl und Steuerung der Immunsuppression, die Prophylaxe gegen das Zytomegalievirus (CMV) und Pneumocystis-Pneumonien sowie Strategien zur Vorbeugung von chronischem Transplantatversagen. Auch ausgewählte begleitende Erkrankungen wie Osteoporose werden berücksichtigt. „Das ist in dieser Breite und Tiefe bislang einzigartig für die Lungentransplantation“, sagen die Koordinatoren. 

Hintergrund für das Leitlinienprojekt ist auch der medizinische Handlungsbedarf: Im Vergleich zu anderen Organtransplantationen sind die Überlebensraten nach Lungentransplantation niedrig. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt laut internationalen Erhebungen bei rund 60% – deutlich niedriger als bei Herz- (75%), Leber- (65%) oder Nierentransplantationen (90%). „Unser Ziel ist klar: Wir wollen die langfristigen Ergebnisse nach Lungentransplantation verbessern“, erklärt Professor Gottlieb. „Eine strukturierte Nachsorge ist dabei ein zentraler Hebel. Und weil es sich hierbei um ein sehr komplexes Verfahren handelt, ist die enge Kooperation von Pneumologen und Transplantationsmedizinern unerlässlich.“ 

Obwohl die Leitlinie zunächst für den deutschsprachigen Raum entwickelt wurde, zeichnet sich bereits jetzt großes internationales Interesse ab. Eine englischsprachige Kurzfassung der neuen Empfehlungen ist in Vorbereitung und soll im Fachjournal Respiration eingereicht werden. 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin 

28.11.2025

Verwandte Artikel

Photo

News • Reaktion auf Spenderorgan

Lungentransplantation: neue Erkenntnisse zu lebensbedrohlicher Komplikation PLS

Forschung zu einer hochgefährlichen, aber unterschätzten Komplikation bei Lungentransplantationen bringt neue Erkenntnisse und Ansätze zur Früherkennung und rechtzeitigen Therapie.

Photo

News • Nosokomiale Lungenentzündung

Krankenhaus-Pneumonie: Leitlinien-Update verbessert Diagnose und Therapie

Um Lungenentzündungen schneller zu erkennen und besser behandeln zu können, hat die DGP jetzt ein umfassendes Update der S3-Leitlinie zur Epidemiologie, Diagnostik und Therapie herausgegeben.

Photo

News • Transplantationsmedizin

Organspende: Entschluss zu Lebzeiten erhöht Bereitschaft bei Angehörigen

Welchen Einfluss hat ein Entschluss zu Lebzeiten auf die Entscheidung für eine Organspende? Transplantationsbeauftragte werteten in einer Studie die Zustimmungsrate von Angehörigen aus.

Verwandte Produkte

Newsletter abonnieren