Mit zwei Disziplinen diagnostiziert man besser

Die radio-pathologische Zusammenhangsdiagnostik stärken

Radiologie und Pathologie teilen in mancher Hinsicht das gleiche Los: Es sind Querschnittsfächer, die mit ihrer Diagnostik nicht nur die Anforderungen der klinischen Kollegen erfüllen müssen, sondern gleichzeitig entscheidend für die Therapieplanung sind.

Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Dietel
Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Dietel

Die Digitalisierung in beiden Bereichen erlaubt sowohl einen Bildaustausch für das Einholen einer Second Opinion als auch die diagnostische Teleradiologie und Telepathologie. In fast allen Tumorkonferenzen sind Radiologen und Pathologen anzutreffen, was für die Abteilungen eine organisatorische Herausforderung darstellt. Was liegt da also näher, als einen Schulterschluss beider Fachgesellschaften zu versuchen?

In der Tat wurde im Rahmen eines gemeinsamen Vorstandsgesprächs der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) und der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) Anfang Mai darüber nachgedacht, aufgrund der Parallelität der Fächer gemeinsame Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen durchzufüh ren. „Das Ziel sollte sein, dass der Radiologe mehr von der Pathologie, den morphologischen Veränderungen und den damit verbundenen Techniken versteht – und umgekehrt der Pathologe mehr Kenntnis über die Interpretation der Röntgen- und Schnittbilder erhält“, erklärt Prof. Dr. Dr. Manfred Dietel, Vorsitzender der DGP. Denn bei schwierigen Tumordiagnosen unter dem Mikroskop können die radiologischen Bilder eine wertvolle Hilfe sein, um die diagnostische Sicherheit zu erhöhen. So kann der Pathologe nicht selten einen Knochentumor nur verlässlich diagnostizieren, wenn er das Röntgenbild dazu hat.

„Unter dem Mikroskop lassen sich manche Knochentumoren nicht eindeutig zuordnen, wenn nicht gleichzeitig die Wachstumsform und die Struktur erkennbar sind. Diese ist im Röntgenbild naturgemäß besser zu beurteilen. Morphologie und Radiologie ergänzen sich nicht nur bei Knochentumoren, sondern auch bei zahlreichen anderen soliden Malignomen“, schildert der Pathologe.

Auch bei Stanzbiopsien im Rahmen der Mammadiagnostik kann es für den Pathologen hilfreich sein, das Mammographiebild einschließlich möglicher Verkalkungsmuster in die Diagnostik einzubeziehen. Für den Radiologen wiederum ist das pathologische Resultat der letzte und vor allem rechtlich bindende Beweis, dass seine Verdachtsdiagnose richtig war oder nicht. Die systematische radio-histomorphologische Korrelation kann in insbesondere in schwierigen Fällen die Präzision der Diagnostik erhöhen. Gründe, die Ausbildung beider Disziplinen um das jeweils andere Fach zu ergänzen, gibt es also ausreichend, nicht zuletzt profitiert die Patientensicherheit davon.

Die Umsetzung neuer Formen der Kooperation ist allerdings nicht so einfach: „Der Rahmen für gemeinsame Ausbildungswege ist aufgrund der Voraussetzungen, die angehende Radiologen und Pathologen für die Facharztprüfung erbringen müssen, zurzeit relativ eingeschränkt, ungeachtet dessen, dass ein engeres und besseres Verständnis der gegenseitigen Belange und Befunde sicherlich sehr wünschenswert ist“, so Dietel.

Beide Disziplinen teilen ein weiteres Problem, nämlich die nicht ausreichende Finanzierung der Tumorkonferenzen. In der Charité zum Beispiel besetzt die Pathologie mittlerweile über 20 Tumorboards. „Das kostet viel Zeit und ist ein ewiger Streitpunkt zwischen Administration und Pathologen beziehungsweise Radiologen, weil die Personalbudgets nicht angemessen sind, um diesen Aufwand abzudecken. Es werden immer neue Tumorzentren mit zum Teil erweiterten Anforderungen eingerichtet, die Finanzierung der Besetzung dieser Konferenzen hinkt leider erheblich hinterher“, meint Dietel. Ein Grund mehr also für ein konzertiertes Vorgehen der Pathologen und Radiologen.

IM PROFIL
Nach dem Medizinstudium in Hamburg wirkte Prof. Dr. Dr. h. c. Manfred Dietel an der Universität der Hansestadt zunächst als Oberarzt und C3-Professor. 1989 wechselte er als Direktor des Instituts für Pathologie an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und 1993 in die gleiche Position an die Charité. 2001 wurde er deren Ärztlicher Direktor und Vorsitzender des Vorstands. Als Mitglied der WHO Working Group on Tumours of the Breast and Female Genital Tract und Vorstandsmitglied des Verbands der Universitätskliniken Deutschlands vertritt er die Pathologie auf nationaler und internationaler Ebene. Seit 2007 ist er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pathologie.

31.05.2013

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