Prof. Dr. Christoph Alexiou (r.) und Dr. Stefan Lyer am neuen Magnet-Roboter....
Prof. Dr. Christoph Alexiou (r.) und Dr. Stefan Lyer am neuen Magnet-Roboter. Die Magnetspitze des Gerätes bewegt Eisenoxidnanopartikel gezielt an eine bestimmte Stelle im Körper und konzentriert sie dort – etwa in einem Tumor.

Quelle: Michael Rabenstein/Uni-Klinikum Erlangen

Artikel • Feinfühliger Riese

Magnet-Roboter macht Nanomedizin so präzise wie noch nie

Ein Roboter-Riese in der Welt der Nanomedizin: Der steht nun in der Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON) der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Erlangen. Zwei Tonnen wiegt der Roboter – trotzdem sind seine Bewegungen feinfühliger als die der menschlichen Hand. Er arbeitet halbautomatisch: „Programmieren und steuern müssen ihn speziell geschulte Mitarbeiter, das passiert nie ganz autonom“, erklärt SEON-Leiter Prof. Dr. Christoph Alexiou.

Der Roboter soll die SEON-Experten künftig beim Magnetischen Drug Targeting unterstützen: Dabei werden Nanopartikel aus Eisenoxid mit Medikamenten beladen und dann mit magnetischer Unterstützung gezielt in erkranktes Gewebe geführt – zum Beispiel in einen Tumor oder in entzündete und verkalkte Gefäße. Das macht Therapien effektiver und nebenwirkungsärmer.

In diesem Jahr feiern Prof. Alexiou und das SEON-Team das zehnjährige Jubiläum ihrer Einrichtung. Jüngster Meilenstein ist der neue Magnet-Roboter. „So wie die Robotik die Industrie revolutioniert hat, so erleben wir das jetzt auch in der Medizin“, erklärt Christoph Alexiou. „Wir haben das einzige Gerät dieser Art weltweit. Es wird die Nanomedizin auf ein neues Level heben. Wenn wir die entsprechenden Gelder dafür bekommen, können wir mit dem Magnet-Roboter schon in wenigen Jahren Patienten behandeln.“

Ein Roboter, der „weiß“, was er tut

Der Roboter soll die Ärzte im Kampf gegen Tumoren, Arteriosklerose, aber auch gegen Herz-Kreislauf- und Infektionskrankheiten unterstützen. „Wir haben die großen Volkskrankheiten im Blick“, bringt es Prof. Alexiou auf den Punkt. Bald soll dieses Szenario Realität sein: Der Patient liegt entspannt auf der Behandlungsliege. Über einen Katheter in der Leiste – ähnlich wie bei einer Herzkatheteruntersuchung – injizieren ihm die Ärzte ein Kontrastmittel und stellen auf einem Röntgenbild Gefäße, Gewebe und Organe dar. Auch solide Tumoren – zum Beispiel im Kopf-Hals-Bereich oder in der weiblichen Brust – sowie Gefäßverkalkungen (Plugs) werden in dieser sogenannten Angiografie sichtbar, inklusive ihrer genauen Lage und Größe. 

Ebenfalls über einen Katheter injizieren die Ärzte dem Patienten dann magnetische Nanopartikel aus Eisenoxid. Diese führen ein Medikament im „Huckepack“ mit sich. Sind die Partikel samt Wirkstoff im Körper angekommen, gleitet die Magnetspitze des Roboters sanft an der Haut des Patienten entlang und führt die Eisenoxidteilchen mithilfe eines Magnetfeldes genau an die Stelle, an der das Medikament – zum Beispiel ein Chemotherapeutikum – wirken soll. Im Tumor und in den befallenen Lymphknoten angelangt, reichert sich das Arzneimittel in den Krebszellen an und zerstört schließlich ihre DNA. „Das alles geschieht unheimlich präzise und unter permanenter Bildkontrolle“, erklärt Dr. Stefan Lyer, Biologe und stellvertretender SEON-Leiter. „Der Roboter ‚fühlt‘ sozusagen das Magnetfeld, ‚sieht‘ dank der Bildgebung den Tumor vor sich, und wird von uns so programmiert, dass er exakt die richtige Körperstelle trifft, mit exakt der richtigen Magnetfeldstärke“, so Dr. Lyer weiter. „Solche präzisen und koordinierten Bewegungen könnte die menschliche Hand nicht ausführen – und vor allem nicht reproduzieren. Der Roboter kann jedes Bewegungsmuster exakt wiederholen.“ Mensch und Maschine arbeiten hier Hand in Hand, denn zu jeder Zeit bedient ein geschulter Experte die kleine Steuerkonsole, die dem Roboter seine Kommandos gibt.

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen

23.09.2019

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