Technik I

Lebertumordiagnostik: Die Qual der Wahl

Viele Wege führen bekanntlich zum Ziel. Dies gilt auch, wenn es um die Diagnostik eines Lebertumors geht. Verschiedene bildgebende Verfahren können angewandt werden, jedes hat seine eigenen Vor- und Nachteile. Doch wie kann man sie vergleichen und ist es überhaupt möglich eine Empfehlung für eine bestimmte Technik zu geben? Wir haben Professor Marius Horger vom Universitätsklinikum Tübingen gefragt.

Interview: Simone Ernst

Prof. Marius Horger
Prof. Marius Horger
Quelle: privat

Herr Prof. Horger, gibt es einen signifikanten Unterschied in der Performance zwischen CEUS, CECT/VPCT und MRT?

Die vier genannten bildgebenden Techniken unterscheiden sich in ihrer Performance aufgrund unterschiedlicher methodenspezifischer Stärken und Schwächen. Deren Einsatz sollte sich in erster Linie nach der Fragestellung und dem gegebenen klinischen Kontext richten. So werden zum Beispiel fürs Staging die CECT oder die MRT empfohlen, da sie eine komplette Erfassung der Leber und anderer Organe ermöglichen. Bei der Charakterisierung von Leberläsionen, zum Beispiel im Kontext einer Leberzirrhose, schneiden alle Methoden gleich gut ab, allerdings nur solange eine oder wenige beieinander gruppierte Läsionen vorliegen und sie sich alle "typisch" im Sinne der positiven Kontrastmittelkinetik (wash-in & wash-out) verhalten. Für atypische HCCs (hypovaskularisiert, kein wash-out Effekt oder kleiner als 1cm) haben sich mittlerweile die Volumenperfusions-CT (VPCT) und die Leber-MRT mit hepatospezifischem Kontrastmittel ausgezeichnet.

Im Falle der VPCT geht es um eine verbesserte und spezifischere Diagnostik basierend auf der simultanen Erfassung aller Leberläsionen, im 1-1,5 Sekundentakt, und der Datennachbearbeitung durch hochentwickelte Software-Programme, die eine getrennte Abbildung der hepatisch-arteriellen versus portal-venösen Leberversorgung ermöglichen und somit eine zuverlässige Bestimmung des Arterialisierungsgrades dieser Läsionen erlauben, welches wiederum mit dem Differenzierungsgrad von HCCs und ihrer Vorstufen akkurat korreliert. Dagegen lässt die MRT unter Nutzung hepatospezifischer Kontrastmittel eine bessere Charakterisierung von Leberläsionen durch Objektivierung einer stetig abnehmenden Kontrastmittelaufnahme im Tumor durch Dedifferenzierung zu. Im Gegensatz dazu, liegen die Ergebnisse der vier Modalitäten bei der Verlaufsbeurteilung bekannter fokaler Leberläsion nah beieinander.

Besonders die Kontrastmittesonographie wird als vielversprechendes Verfahren bei der Diagnostik von Lebertumoren genannt. Zu Recht?

Ja, die CEUS entwickelt sich zu einer vielversprechenden Methode in der Leberdiagnostik. Hier sind neuentwickelte oder in Erprobung befindliche Kontrastmittel auf dem Vormarsch und werden sicherlich in den nächsten Jahren zu einer Reevaluation der aktuell geltenden Empfehlungen in der Leberbildgebung führen. Verbesserte Sono-Hardware wie auch Auswertungssoftware-Programme führen zu einem inkrementellen Benefit für die Alltagsdiagnostik. Im Augenblick sehe ich die Hauptindikation der CEUS beim Leberscreening, zum Beispiel bei Leberzirrhotikern, bei Verlaufskontrollen "unklarer" Läsionen, zum Beispiel solche, die kleiner als 1cm sind – sofern man nicht über VPCT-Technik oder MRT mit hepatospezifischen Kontrastmittel verfügt, wie auch bei der Charakterisierung von Leberläsionen, die zufällig bei der CECT oder MRT entdeckt worden sind. Da spielt die Tatsache, dass das aktuell gängige Kontrastmittel SonoVue ein ausschließlich intravaskuläres Kontrastmittel ist, welches einen zuverlässigeren Nachweis des KM-Auswaschens (wash-out) ermöglicht. Die fehlende Kontrastmitteldiffusion ins Gewebe führt dabei früher und viel prägnanter zu einer Objektivierung der Wash-out-Kontrastmittelkinetik gegenüber der CT- und MRT-Kontrastmittel. Das hilft bei der Differenzierung des HCC von seinen Vorstufen und zum Teil auch von anderen lebereigenen Tumoren, etwa dem Cholangiozelluläres-Karzinom.

Trotzdem werden auch in Zukunft Limitationen bedingt durch die örtliche Anatomie den allgemeinen Einsatz der CEUS zur Leberdiagnostik einschränken. Andererseits bleibt CEUS eine beliebte bildgebende Modalität in der prä- und klinischen Leberforschung aufgrund der beliebigen Wiederholbarkeit, real-time Perfusionsevaluation, niedriger Kosten, fehlender Kontraindikationen wie auch mittlerweile der Kombination mit anderen Informationen abgeleitet zum Beispiel von der Sono-Elastographie.

Kann man aufgrund verschiedener Vor- und Nachteile der Methoden überhaupt eine Empfehlung für eins der Verfahren geben?

Aufgrund der neuen therapeutischen Optionen in der Behandlung zum Beispiel von HCCs (diverse Lokaltherapien inklusive SIRT, aber in erster Linie des kurativen Ansatzes der Lebertransplantation) gewinnen die spezifischeren bildgebenden Techniken allen voran die VPCT und DCE-MRT unter Nutzung hepatospezifischer Kontrastmittel an Gewicht. Ein Vergleich dieser beiden Methoden beziehungsweise eine Evaluation der Wertigkeit deren kombinierten Einsatzes erscheint als wichtige Aufgabe der Radiologie für die nächsten Jahre. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, erscheint zurzeit die VPCT als die praktikablere Lösung insbesondere bei Patienten mit Leberzirrhose. Dies aufgrund der wesentlich kürzeren Acquisitionszeit (40-90s), der exzellenten Bewegunskorrekturtechniken, die essenziell sind im Falle einer eingeschränkten Patienten-Compliance, etwa aufgrund einer Enzephalopathie, großer Mengen Aszites und nicht zuletzt auch der akkuraten Quantifizierungsmöglichkeit.

 

96. Deutscher Röntgenkongress
Workshop Ultraschalldiagnostik I, Mittwoch, 13.05.2015
15:45 Uhr: Lebertumordiagnostik im Methodenvergleich CEUS vs. CECT/VPCT/MRT

 

PROFIL: Prof. Marius Horger, geboren 1957, ist Leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Tübingen. Er promovierte 1982 und ist seit 2009 ordentlicher Professor für Radiologische Diagnostik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen unter anderem die Leberdiagnostik, Bildfusionen (SPECT/CT und PET/CT) und die multimodale Diagnostik rheumatischer Erkrankungen.

13.05.2015

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