Quelle: Fraunhofer IGD
News • Gesundheitsdaten vernetzen
Künstliche Intelligenz als medizinische Entscheidungshilfe
Intelligente Algorithmen unterstützen Ärzte im Hintergrund – zeitsparend, objektiv und ohne zusätzlichen Bedienaufwand. Automatisierte Anomalieerkennung, intelligente Kohortenanalyse und virtuelle Biopsie – das Fraunhofer IGD präsentiert seine KI-basierten Lösungen für die Gesundheitsbranche auf der Medizinmesse DMEA im April.
Die Stärke der künstlichen Intelligenz (KI) liegt darin, Muster in komplexen, schwer überschaubaren Datenmengen zu entdecken und gesundheitsbezogene Vorhersagen zu treffen. In der Industrie bereits als Predictive Maintenance etabliert, hält die Anomalieerkennung nun auch in der Medizin Einzug. Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD stellt auf der Gesundheitsmesse DMEA Anfang April in Berlin Data@Hand, ein cloudbasiertes Analysetool vor, das in Gesundheits- und Prozessdaten mittels KI Abweichungen vom Idealzustand untersucht.
Selbstlernende Algorithmen
Machine-Learning-Modelle werden darauf trainiert, den gesunden Zustand eines Menschen zu erfassen. Patientendaten werden dabei in Echtzeit verarbeitet. Am Beispiel der Vitaldatenaufzeichnung einer Smartwatch analysiert Data@Hand die Datenströme und leitet diese mitsamt den erkannten Anomalien an die visuelle Assistenzanwendung weiter. Ärztinnen und Ärzte werden damit auf die besonders auffälligen Werte hingewiesen und können ihre medizinische Diagnose auf einer leicht zugänglichen Datenbasis treffen. Die Wissenschaftler des Fraunhofer IGD zeigen, wie aus einer reinen Datensammlung durch die intelligente Analyse mit Data@Hand und der Visualisierung kritischer Zustände ein echter Mehrwert generiert wird. Erkenntnisse aus dem Predictive-Analytics-Ansatz finden direkte Anwendung auf Behandlungspläne und Prognosen für Behandlungserfolge. Data@Hand arbeitet dabei in der Cloud komplett im Hintergrund und erfordert von den Anwendern keine Bedienkompetenz oder das Einarbeiten in ein neues System. Als Referenzimplementierung arbeitet es vorgelagert zu vorhandenen Schnittstellen oder visuellen Systemen wie dem Health@Hand.
Kohortenanalysen
Die datenbasierte Medizin bezieht eine wachsende Menge an Informationen über Krankheitsverläufe und Patienten in die Entscheidungsfindung mit ein. Je mehr Vergleichsdaten unterschiedlicher Patienten und Krankheitsfälle zur Verfügung stehen, umso genauer kann die Analyse eines einzelnen Falls stattfinden – auf dieser Grundannahme basiert die visuelle Kohortenanalyse. Das Softwaretool fasst Daten von Menschen mit ähnlichen Krankheitsbildern, -verläufen oder Eigenschaften wie Alter oder Geschlecht zu speziellen Kohorten zusammen. Diese untersucht es auf signifikante Zusammenhänge und identifiziert klinisch relevante Hypothesen unter Einbindung von KI – im Hintergrund ablaufend und in Sekundenschnelle.
Virtuelle Biopsien
Auch bei der Auswertung medizinischer Bilddaten kann künstliche Intelligenz unterstützen. Dreidimensionale Bilddaten wie MRT oder CT geben Auskunft über Gestalt und Lage von Körperstrukturen und Tumoren. Die manuelle Auswertung der Bilder ist extrem aufwendig und zeitintensiv. Eine spezielle Software aus dem Fraunhofer IGD unterstützt Mediziner bei der Analyse und erstellt darüber hinaus automatisiert eine "virtuelle Biopsie". Dafür lokalisiert und markiert das Softwaretool den Tumor, stellt ihn dreidimensional dar und analysiert die Daten. Die Bilder liefern damit Informationen, die man sonst nur über eine Biopsie gewinnen könnte.
Digitales Patientenmodell
Damit die Vorteile von KI und ihrer Auswertungen voll genutzt werden, ist die Bündelung aller vorliegenden Informationen eines Patienten unabdingbar. Ende 2018 startete ein Fraunhofer-Leitprojekt unter der Koordination des Fraunhofer IGD mit dem Ziel, ein ganzheitliches digitales Patientenmodell zu schaffen. Dieses fokussiert sowohl auf die Verbesserung für die Behandlung von Einzelpersonen als auch auf einen intelligenteren Einsatz von Gesundheitsausgaben. Vision der Forschenden ist, medizinische Daten entlang der gesamten Behandlungskette von der Vorsorge über Diagnose und Therapie bis hin zur Nachsorge mit einem Klick zur Verfügung zu stellen. Wichtiger Forschungsaspekt bei dem Leitprojekt, bei dem sieben Forschungsinstitute ihre wissenschaftliche Exzellenz und interdisziplinäre Kompetenz einbringen, ist die Entwicklung neuer Methoden des Maschinellen Lernens.
Die DMEA (ehemals conhIT) findet vom 9.-11. April 2019 in Berlin statt.
Quelle: Fraunhofer IDG
07.03.2019