Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus)

Bildquelle: James Gathany, CDC, CDC-Gathany-Aedes-albopictus-1, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

News • Zum Welt-Moskito-Tag 2021

Klimawandel fördert Ausbreitung von Tropenviren durch Stechmücken

Durch weltweit steigende Temperaturen können wärmeliebende Stechmückenarten wie die Asiatische Tigermücke neue Lebensräume besiedeln,warnen Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) anlässlich des heutigen Welt-Moskito-Tags.

Im Gepäck haben die Insekten mitunter gefährliche Fracht: tropische Viren, die durch Stechmücken übertragen werden, verbreiten sich zunehmend auch in Europa und Deutschland. So gab es in den letzten Jahren in Südeuropa mehrere Ausbrüche von Chikungunya- und Dengue-Fieber und in Deutschland wiederholt Infektionen mit Usutu- und West-Nil-Viren.

portrait of jonas schmidt-chanasit
Prof. Jonas Schmidt-Chanasit. Leiter der Abteilung Arbovirologie

Bildquelle: BNITM

Die jüngste Forschungsabteilung des BNITM untersucht unter der Leitung von Prof. Jonas Schmidt-Chanasit unter anderem, wie Viren mit Stechmücken interagieren, wie beide sich in verschiedenen Ländern des globalen Südens, aber auch in Europa und Deutschland ausbreiten und wie sich Ausbrüche noch schneller diagnostizieren und kontrollieren lassen.

Die Erwärmung des globalen Klimas hat Folgen für die menschliche Gesundheit. Das hat auch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) kürzlich in seinem jüngsten Weltklimabericht bekräftigt. Dazu gehört, dass durch Stechmücken übertragene Viren, sogenannte Arboviren, sich zunehmend Richtung Norden ausbreiten. Auch die Verstädterung, der globale Warenhandel, der zunehmende Reiseverkehr und der Vogelzug tragen dazu bei, dass Arboviren verschleppt werden und sich invasive Stechmückenarten wie etwa die asiatische Tigermücke Aedes albopictus verbreiten. 

Das BNITM widmet einen bedeutenden Teil seiner Arbeit der Erforschung von Arboviren und Stechmücken sowie der Entwicklung von Frühwarnsystemen für Arboviren. Die Laborgruppe von Dr. Anna Heitmann und Dr. Stephanie Jansen (Universität Hamburg) etwa untersucht das Zusammenspiel von Viren und Stechmücken. Im Sicherheitsinsektarium der Stufe 3 arbeiten sie bei ihren Experimenten mit unterschiedlichen Temperaturen und sich änderndem Lichtrhythmus. Ziel ist herauszufinden, welchen Einfluss Klimaveränderungen beispielsweise auf die sogenannte Vektorkompetenz von Stechmücken haben können, das heißt auf deren Fähigkeit, Arboviren zu übertragen.

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Parasiten & Co. – was sieht der Radiologe?

Ein Sonnenbrand und schöne Erinnerungen sind nicht immer das Einzige, was man aus dem Urlaub mit nach Hause bringt. Bisweilen sind auf der Rückreise Parasiten, Pilze, Viren oder Bakterien aus fernen Regionen mit an Bord, die sich später beim Patienten unangenehm bemerkbar machen und zum Teil sehr gefährlich werden können.

Gemeinsam mit der Laborgruppe von Dr. Renke Lühken („Arbovirus Ökologie“) erforscht die Gruppe zudem, wie sich Insektizide, in diesem Fall Larvizide, auf die Vektorkompetenz von Stechmücken auswirken. Dr. Lühken und seine Kolleginnen und Kollegen sind darüber hinaus an verschiedenen nationalen und internationalen Forschungs-Projekten beteiligt, um die Ausbreitung verschiedener Stechmückenarten zu überwachen und ggf. kontrollieren zu können. Dabei arbeiten sie eng mit der Laborgruppe von Dr. Dániel Cadar zusammen.

Bei Klimafolgenforschung und Klimaanpassung geht es nicht ‚nur‘ um Küsten- oder Hochwasserschutz. Der globale Temperaturanstieg hat schon jetzt erhebliche Konsequenzen für unsere Gesundheit

Jonas Schmidt-Chanasit

Dr. Cadar und die Mitglieder seiner Forschungsgruppe befassen sich mit neu auftretenden Infektionskrankheiten. Ziel ihres Projekts PREPMedVet ist es unter anderem, eine tragbare diagnostische Sequenzierungsplattform aufzubauen. Sie soll es ermöglichen, bei einem Ausbruch innerhalb kürzester Zeit durch breites molekulares Testen Proben auf viele unterschiedliche Krankheitserreger gleichzeitig zu analysieren. In Zusammenarbeit mit südamerikanischen Partnern richtet Cadar in den tropischen Regionen des Amazonas ein sogenanntes metagenomisches Überwachungssystem ein. Dabei geht es darum, potenziell pathogene Viren schon an ihrer Quelle - in Wildtieren und Insekten - ausfindig zu machen und Zeit zu gewinnen, um ein Überspringen auf den Menschen (Spillover) zu verhindern. Die Forschungsgruppe von Dr. Hanna Jöst untersucht Vorkommen und Verbreitung von Stechmücken und Arboviren in Afrika. Dort werden Fiebererkrankungen unbekannter Herkunft häufig als Malaria fehldiagnostiziert. Denn in ressourcenarmen Gebieten ist es oft schwierig, Arbovirus-Infektionen labordiagnostisch zu untersuchen. 

Abteilungsleiter Prof. Jonas Schmidt-Chanasit: „Bei Klimafolgenforschung und Klimaanpassung geht es nicht ‚nur‘ um Küsten- oder Hochwasserschutz. Der globale Temperaturanstieg hat schon jetzt erhebliche Konsequenzen für unsere Gesundheit. Mit der neu eingerichteten Abteilung Arbovirologie trägt das BNITM dazu bei, die Gefahren durch Stechmücken-übertragene Viren zu überwachen und zu kontrollieren.“ Die unabhängige Arbeitsgruppe von Prof. Esther Schnettler erforscht auf molekularer Ebene die Interaktion von Viren und Stechmücken. Hierbei untersucht sie im Sicherheitsinsektarium, welche Faktoren die Vektorkompetenz beeinflussen: etwa das Immunsystem von Stechmücken oder Ko- Infektionen mit anderen Viren (zum Beispiel Insekten-spezifischen Viren, die nicht auf den Menschen übertragen werden können). Die Arbeitsgruppe nutzt ihre Ergebnisse, um neue Methoden zu entwickeln, um die Übertragung von Arboviren durch Stechmücken zu reduzieren. 


Quelle: Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin 

20.08.2021

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