Bildquelle: Ziegler et al., Viruses 2019 (CC BY 4.0)
News • Stechmückenforschung
Krankheitsausbrüche frühzeitig erkennen und managen
Das interdisziplinäre Forschungsprojekt Culiciden- (von Culicidae, lat. Stechmücken) Forschung (CuliFo) startete jetzt mit einem Kick-Off-Meeting im historischen Hörsaal des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in die dritte Runde.
Hohe sommerliche Temperaturen, milde Winter, veränderte Niederschläge: Durch den Klimawandel steigt das Risiko, dass exotische Stechmücken und die von ihnen übertragenen Viren auch in Deutschland vorkommen. Welche Stechmückenarten leben in Deutschland, welche Viren lassen sich in ihnen nachweisen, und welche Fähigkeit besitzen die Stechmücken, sogenannte Arboviren auf den Menschen zu übertragen? CuliFo ist ein breites Verbundprojekt, das Feld- und Laborforschung miteinander verbindet: Bis 2016 gab es kein Überwachungs- oder Meldesystem für medizinisch relevante Stechmückenarten. Hier hat das Konsortium in den letzten Jahren wichtige Impulse gesetzt. Unter anderem hat der Verbund die Epidemien des Usutu-Virus (USUV) und des West-Nil-Virus (WNV) in Deutschland erforscht (vor allem bei Vögeln) und erstmals auch menschliche Erkrankungsfälle entdeckt.
Das Fortsetzungsprojekt CuliFo 3 will sich noch stärker auf die Frage fokussieren, wie sich insektenspezifische Viren und Arboviren in Stechmücken gegenseitig beeinflussen und was das für deren Fähigkeit bedeutet, Tiere und Menschen zu infizieren. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, welche Infektionsdosis mindestens nötig ist, damit Stechmücken Arboviren übertragen und sich Infektionszyklen aufrechterhalten. Außerdem will der Verbund untersuchen, welche Umweltbedingungen (Temperatur, Niederschläge, Landschaftsstruktur) Ausbrüche begünstigen. Mit Hilfe dieser Daten wollen die Forschenden Ausbruchsszenarien modellieren, um umweltverträgliche und nachhaltige Bekämpfungsstrategien zu entwickeln.
„Unser Fernziel ist ein verbessertes Arbovirus-Frühwarnsystem“, sagt Projektkoordinator Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit. „Die Zunahme von WNV-Infektionen in Deutschland ist besorgniserregend. Und auch die starke Ausbreitung der Tigermücke (Aedes albopictus) in Südwest-Deutschland beunruhigt uns. Was uns vorschwebt, ist ein Überwachungssystem, das Ausbrüche nicht nur frühzeitig erfasst, sondern sogar vorhersagt.“
So könnte man Regionen mit hoher Ausbruchswahrscheinlichkeit prospektiv geografisch eingrenzen. Auf diese Weise könne man dann schon Larven zielgenau mit stechmückenspezifischen Insektiziden in den Brutgewässern bekämpfen und einem Ausbruch zuvorkommen. Zum Kickoff-Meeting am 16. Februar 2023 im historischen Hörsaal des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) kamen Vertreter aller an dem Forschungsvorhaben beteiligten Institutionen. Das sind neben dem BNITM und dem FLI die Carl-von-Ossietzky-Universität (CvO) in Oldenburg, das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) in Müncheberg, die Gesellschaft zur Förderung der Stechmückenbekämpfung (GFS) e.V. in Speyer und das Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) Leipzig. CuliFo 3 erhält in den kommenden drei Jahren drei Millionen Euro Förderung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Quelle: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin
17.02.2023