Quelle: Centers for Disease Control and Prevention (CDC)/Dr. Libero Ajello
Artikel • Tropen- und Reisemedizin
Parasiten & Co. – was sieht der Radiologe?
Ein Sonnenbrand und schöne Erinnerungen sind nicht immer das Einzige, was man aus dem Urlaub mit nach Hause bringt. Bisweilen sind auf der Rückreise Parasiten, Pilze, Viren oder Bakterien aus fernen Regionen mit an Bord, die sich später beim Patienten unangenehm bemerkbar machen und zum Teil sehr gefährlich werden können. Auf dem Deutschen Röntgenkongress in Leipzig unternimmt Dr. André Lollert gemeinsam mit einigen Kollegen einen Ausflug in die Reise- und Tropenmedizin. Der Oberarzt der Kinderradiologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gibt eine exemplarische Übersicht darüber, welche blinden Passagiere ihren Weg auch in deutsche Kliniken finden – und wie die Radiologie mit ihnen umgeht.
Bericht: Wolfgang Behrends
Der Experte befasst sich in seinem Vortrag mit Würmern (Helminthen) wie Echinococcus und Schistosoma, Pilzen der Gattung Histoplasma, aber auch viralen und bakteriellen Infektionen. Über die Nahrung, seltener durch Verletzungen der Haut dringen diese Erreger in den Körper ein und lösen dort ein breites Spektrum an Erkrankungen aus. „Vor allem zunehmende touristische Reisen, aber auch Migration bringen immer häufiger Krankheitsbilder in unsere Kliniken, die eigentlich in ganz anderen Teilen der Welt beheimatet sind. Die Wahrscheinlichkeit, in der klinischen Routine mit einer dieser exotischen Erkrankungen konfrontiert zu werden, wird also immer größer.“ Während heimische Parasiten wie Fuchs- oder Hundebandwurm vergleichsweise häufig auftreten, steigt auch die Fallzahl von z. B. der Melioidose, einer gefährlichen bakteriellen Infektion, die vor allem in Südostasien vorkommt.
Kommt ein Patient nach einem Auslandsaufenthalt in die Klinik, handelt es sich häufig um vergleichsweise harmlose Fälle, wie den Reiseklassiker Durchfall. „Je nach Reiseland, in dem der Patient war, muss man aber durchaus auch exotischere Differentialdiagnosen in Betracht ziehen.“ Vor allem für Menschen, deren Immunabwehr durch Alter oder Krankheit vorgeschädigt ist, können diese Erreger lebensbedrohlich sein. „Insbesondere Würmer bewegen sich nach ihrer Aufnahme im Körper fort“, erörtert Lollert. „Auf diese Weise können verschiedene Organsysteme betroffen sein.“
Das Bild allein ist nicht genug
Für den Radiologen sind die Erreger selbst meist unsichtbar – zu erkennen sind nur die Spuren, die ein Parasit im Körper hinterlässt. „Jeder Parasit hat eine bevorzugte Stelle im Körper, in der er sich niederlässt – während sich Echinokokken oft in der Leber ausbreiten, befallen Histoplasmose oder Melioidose in aller Regel die Lunge.“
So charakteristisch einige der Krankheitsbilder auch sind, entscheidend ist das Zusammenspiel zwischen Radiologie und Patientenanamnese, so Lollert: „Mit der Bildgebung allein ist keine zuverlässige Diagnose möglich. Die Region, in denen der Patient gewesen ist, gibt wichtige Hinweise darauf, mit welchem Erreger wir es zu tun haben können.“ Gegebenenfalls sichert die Pathologie oder Mikrobiologie die so gewonnenen Erkenntnisse, beispielsweise mithilfe von Biopsien zur Gewebeentnahme.
Quelle: Dr. André Lollert
Das Patientengespräch beziehungsweise die Symptome des Patienten liefern zudem Hinweise darauf, welches bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen sollte. „Bei Verdacht auf eine Echinokokkose mit neurologischer Symptomatik würde man beispielsweise eine Magnetresonanztomographie des Gehirns anfertigen. Im Abdominalbereich lassen sich die typischen Leberzysten, die sich bei Parasitenbefall bilden, gut mit Ultraschall darstellen – die verwendeten Modalitäten sind also ebenso vielfältig wie die möglichen Krankheitserreger.“
Der radiologische Befund wirkt sich auch auf die Therapie aus. Während einige Erreger chirurgisch reseziert werden, wird in anderen Fällen eine medikamentöse Therapie – etwa mit Antibiotika oder Antihelminthika – eingeleitet. Auch beim Monitoring dieser Therapien kommt Bildgebung zum Einsatz.
Klimawandel bringt Überträger nach Norden
Neben Reisetätigkeit des Menschen tragen noch andere Faktoren zur Ausbreitung exotischer Erkrankungen bei, erklärt Lollert: „Der globale Klimawandel ermöglicht es bestimmten Mückenarten, sich immer weiter nach Norden zu bewegen. Diese Insekten sind häufig Träger von Krankheiten, die in Europa bislang kaum vorkommen.“ In Deutschland sind bislang keine signifikanten Häufungen solcher Erkrankungen aufgetreten, doch dieser Übertragungsvektor könnte in Zukunft durchaus an Relevanz gewinnen, so der Radiologe.
Profil:
Dr. André Lollert ist Oberarzt der Kinderradiologie und Strahlenschutzbeauftragter an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der pädiatrischen Radiologie, er befasst sich darüber hinaus mit der Diagnostik von Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten. 2017 erhielt Lollert den Publikationspreis der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie für eine onkologische Forschungsarbeit im Bereich quantitativer Bildgebungsverfahren.
30.05.2019