Quelle: NCT Heidelberg / Philip Benjamin
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Familiärer Darmkrebs: Unterschätztes Risiko für Halbgeschwister
Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung weltweit und gehört zu den häufigsten Krebsarten in Deutschland. Wenn es in der Familie Darmkrebsfälle gibt, ist bekanntlich das Risiko erhöht, selbst daran zu erkranken. Heidelberger Krebsforscher haben nun gemeinsam mit internationalen Kollegen in der weltweit größten registerbasierten Kohortenstudie anhand der Familiengeschichte von über 170.000 Darmkrebspatienten das Erkrankungsrisiko für die Verwandten ersten und zweiten Grades untersucht. Dabei fanden Sie heraus, dass Halbgeschwister von Darmkrebspatienten ein ebenso erhöhtes Erkrankungsrisiko haben wie die Geschwister.
Jedes Jahr erkranken ca. 1,8 Millionen Menschen weltweit an Darmkrebs, etwa die Hälfte von ihnen stirbt daran. Verwandte ersten Grades wie Kinder oder Geschwister von Darmkrebspatienten haben ein erhöhtes Risiko, selbst an Darmkrebs zu erkranken. Mit einem regelmäßigen Screening lässt sich dieses Krebsrisiko allerdings deutlich verringern. Die Vorsorgeempfehlung für alle, die Darmkrebs in der Familie haben lautet daher: Vorsorgebeginn zehn Jahre vor dem Diagnosealter des jüngsten erkrankten Familienmitglieds, spätestens aber mit 40 bis 45 Jahren. Ergibt die Familienanamnese einen Hinweis auf Vorliegen eines erblichen Darmkrebsrisikos in der Familie, wird empfohlen, dass Verwandte ersten Grades bereits ab dem Alter von 25 Jahren regelmäßig eine Darmspiegelung durchführen lassen.
„Obwohl schon lange bekannt ist, dass ein Zusammenhang zwischen einer familiären Belastung und einem erhöhten Risiko selber an Darmkrebs zu erkranken besteht, wurden die einzelnen Verwandtschaftsgrade bisher nicht im Detail untersucht“, berichtet Mahdi Fallah, Leiter der Arbeitsgruppe „Risikoadaptierte Prävention“ in der Abteilung Präventive Onkologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg. Die Wissenschaftler des DKFZ und NCT Heidelberg werteten daher zusammen mit Kollegen aus Schweden, Japan und den USA den weltweit größten Datensatz zu Patienten mit familiärem Krebsrisiko aus. Über 16 Millionen Personen aus Schweden sind in diesem Datensatz erfasst. Hiervon bekamen 173.796 Menschen Darmkrebs im Laufe ihres Lebens. Anhand der Stammbäume und Familiengeschichte konnten die Forscher Rückschlüsse auf das Erkrankungsrisiko der Verwandten ersten und zweiten Grades ziehen.
Die Ergebnisse ihrer Untersuchung zeigten, dass Geschwister von Darmkrebspatienten ein 1,7- Fach erhöhtes Risiko haben an Darmkrebs zu erkranken gegenüber Geschwistern aus Familien ohne Darmkrebsfälle. Ein vergleichbares Risiko errechneten die Forscher für Halbgeschwister. Halbgeschwister haben damit ein höheres Erkrankungsrisiko als andere Verwandte zweiten Grades, wie beispielsweise ein Großelternteil oder eine Tante. Das höchste Erkrankungsrisiko haben Menschen in deren Familie mehrere Verwandte ersten als auch zweiten Grades erkrankt sind.
„Wir konnten nachweisen, dass das familiäre Risiko für Halbgeschwister von Darmkrebspatienten deutlich höher war als bisher erwartet. Halbgeschwister sollten daher bei der Familienanamnese in der Risikobewertung für eine Darmkrebserkrankung wie Verwandte ersten Grades eingestuft werden“, rät Fallah. „Zugleich zeigen die Ergebnisse aber auch, dass neben den Genen auch gemeinsame Lebensbedingungen und Lebensgewohnheiten innerhalb von Familien bei der familiären Häufung von Darmkrebs eine große Rolle spielen, denn sonst würde man deutliche Unterschiede im Risiko für „Vollgeschwister“ und Halbgeschwister erwarten“, ergänzt Hermann Brenner, der Leiter der Abteilung Präventive Onkologie am DKFZ.
Quelle: Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
21.03.2019