Wie Darm- und Lebererkrankungen sich gegenseitig beeinflussen

Bildquelle IfADo

News • Überraschende Entdeckung

Wie Darm- und Lebererkrankungen sich gegenseitig beeinflussen

Mehreren Lebererkrankungen liegt zugrunde, dass die in der Leber produzierte Galle nicht wie vorgesehen in den Darm abgegeben werden kann. Somit kommt es zu einem Rückstau der Galle, was zur Schädigung des Lebergewebes führen kann.

Über das Zusammenspiel von Leber und Darm haben die Arbeitsgruppen von Prof. Trautwein (Uniklinik RWTH Aachen) und Prof. Hengstler (Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund; IfADo) eine überraschende Entdeckung gemacht. Eine Lebererkrankung mit Gallenstau verläuft dann milder, wenn zusätzlich zu der Lebererkrankung noch eine entzündliche Erkrankung des Darms hinzukommt. Das Forschungsteam hat entdeckt, dass ein entzündeter Darm die Leber dazu bringt, weniger Gallensäuren zu produzieren. Diese Studie wurde jetzt im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

Die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) ist eine cholestatische (Cholestase = „Stillstand der Galle“) Lebererkrankung, die durch eine chronische Entzündung und eine fortschreitende Vernarbung der Gallenwege gekennzeichnet ist. Bis zu 80% der PSC-Erkrankten leiden gleichzeitig an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, insbesondere Colitis ulcerosa. Es wird angenommen, dass sie die Entwicklung und das Fortschreiten der PSC fördert. Da es keine wirksamen medikamentösen Therapien gibt, die den natürlichen Verlauf der PSC verändern, kommt es in vielen Fällen zu einer Leberzirrhose – dann bleibt die Lebertransplantation als letzte Therapieoption. 

Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Studie zeigen, dass eine lokale, zum Darm gehörende Entzündung, die durch das Molekül Dextransulfat (DSS) ausgelöst wird, große Veränderungen in den zur Leber gehörenden Signalwegen herbeiführt. So konnten die Teams aus Dortmund und Aachen eine Hochregulierung der Entzündungswege und überraschenderweise eine Unterdrückung der Gallensäuresynthese und des Gallensäuretransports feststellen. Damit identifiziert die Studie einen molekularen Regelkreis, durch den die Entzündung im Darm den Gallestau reduziert und damit das Fortschreiten der Erkrankung unterdrückt. 

Der entdeckte molekulare Mechanismus könnte in Zukunft genutzt werden, um die Produktion von Gallensäuren zu bremsen, wenn die Leberzellen ohnehin schon mit diesen Substanzen überladen sind. Der Beitrag des IfADo-Teams bestand in einer speziellen funktionellen Bildgebung, mit welcher die Konzentrationen an Gallensäuren und weiteren Metaboliten im Gewebe dargestellt und analysiert werden können. 

Die Leber ist das größte Organ des Menschen und für mehr als 500 spezifische Funktionen im Organismus zuständig, zum Beispiel für die Entgiftung von giftigen Substanzen. Erkrankungen der Leber haben auch einen negativen Einfluss auf Zellen und andere Organe, besonders auf das Gehirn, die Niere und Immunfunktionen. Die Leber arbeitet außerdem eng mit dem Darm zusammen. Sie gibt über die Galle Botenstoffe in den Darm ab und empfängt umgekehrt auch Signale vom Darm über das Blut der Pfortader. 


Quelle: Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund

04.07.2023

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