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Artikel • DMEA 2022
Bundesminister Lauterbach verkündet nationale Digitalisierungsstrategie
Zur Eröffnung des Health-IT-Treffs DMEA 2022 Ende April berichtete Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach über seine Rolle bei der Einführung der elektronischen Gesundheitsakte, erklärte, warum er sich auch als „Digitalisierungsminister“ versteht, und kündigte eine Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen an.
Bericht: Sascha Keutel
Digitalisierung im Gesundheitswesen bedeute für ihn „nicht eine andere Form der Dokumentation und Archivierung der Medizin, die wir immer gemacht haben“, sondern „eine bessere Medizin“, die Dinge ermöglichten, die sonst nicht möglich gewesen wären. Der Nutzen der Digitalisierung müsse täglich für Patienten und für Leistungserbringer erlebbar und spürbar sein.
Als Minister sei er nun selbst in Verantwortung für die Umsetzung neuer Maßnahmen und nähme diese gerne an. „Das deutsche Gesundheitssystem lässt sich nicht wesentlich weiterentwickeln, ohne dass wir einen strategischen Ausbau der Digitalisierung verfolgen.“
Grundsätzlich sei die Digitalisierung des Gesundheitssystems auf einem guten Wege, sagte Lauterbach, der auf viele Anwendungen und auch eine gute Infrastruktur verwies. Doch er bemängelte das fehlende planmäßige Vorgehen. „Wir haben viel Taktik, Technik und Innovation, aber es fehlt eine übergreifende Strategie“, kritisierte der Minister.
Das soll sich nun ändern: Lauterbach kündigte eine zielgerichtete Digitalisierungsstrategie an, die das Gesundheitsministerium nach der Sommerpause vorlegen werde. „Alle drei Ampel-Partner sind fest davon überzeugt, dass wir im Gesundheitswesen Digitalisierung dringend benötigen – und zwar weit darüber hinaus, was im Koalitionsvertrag steht“, sagte Lauterbach.
Auch die Infrastruktur solle noch weiter ausgebaut werden, denn es „nützt keine Strategie, wenn ich keine Mittel habe, diese umzusetzen“, sagte der Minister und ergänzte: „Strategie ohne Struktur ist nutzlos.“
Daher werde die Infrastruktur parallel noch weiter ausgebaut. „Diese Strategie werden wir später in ein Gesetz gießen, das Strategie und Infrastruktur zusammenbringt.“
Digitale Identitäten
Ebenfalls ausgebaut werden sollen die digitalen Identitäten. Diese sollen Versicherte und Leistungserbringer erhalten ab 2023 erhalten, um sich zum Beispiel für eine Videosprechstunde oder bei digitalen Gesundheitsanwendungen sicher zu authentifizieren.
Dieser Ausbau erfolge in enger Absprache mit den Datenschutzbeauftragten, damit sie dann umfangreich für eine tiefergehende Nutzung, etwa für das E-Rezept, digitale Sprechstunden oder die Teilnahme an Registern – etwa für die Organspende – zur Verfügung stünden.
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Die Digitalisierung schafft neue Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten und erleichtert die Kommunikation der Akteure. Professor Jochen Klucken fordert, die Patientinnen und Patienten stärker in die Behandlung einzubinden.
Elektronische Patientenakte und E-Rezept
Lauterbach lobte die elektronische Patientenakte (ePA), die nicht einfach eine moderne Form der medizinischen Kommunikation sei, sondern als "Kernanwendung" für eine andere, bessere Medizin stünde. Sie ermögliche Ärzten ein anderes Arbeiten, trage Befunde zusammen und vermeide Doppeluntersuchungen. Daher müsse es darum gehen, „die Nutzbarkeit der elektronischen Patientenakte zu beschleunigen.“
Er berichtete davon, wie er im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes 2002 dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder die Idee einer ePA als innovative technische Vision für das Gesundheitssystem vortrug. Dies sei „die Geburtsstunde der Digitalisierung gewesen“, so Lauterbach. Umso mehr bedauere er, dass die Einführung der ePa noch immer nicht abgeschlossen sei. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich genau 20 Jahre später hier stehe und die elektronische Patientenakte ist noch nicht vollständig eingeführt. Das hätte damals meine Fantasie gesprengt“, spottete Lauterbach.
Im Zusammenspiel mit anderen Anwendungen wie dem E-Rezept, der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) oder dem digitalen Identitätsnachweis komme so „tatsächlich eine neue Medizin zustande“.
Den Rollout des E-Rezeptes stellte der Bundesminister für die zweite Jahreshälfte in Aussicht. Für die von ihm initiierte Aufschiebung des zunächst früher anvisierten Starttermins gebe es gute Gründe, so der Minister: „Es ist richtig, etwas zu stoppen, wenn es noch nicht richtig da ist“, merkte Lauterbach an.
In der aktuellen Testphase seien bislang rund 10.000 E-Rezepte ausgestellt worden. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Zielmarke von 30.000 schon bald erreicht werde. Der Rollout erfolge dann, wenn der Mehrwert für die Patienten deutlich herausgearbeitet und spürbar sei. „Nicht, dass man statt des Rezeptes den QR-Code in die Apotheke bringt. Das kann nicht die Anwendung sein“, betonte Lauterbach.
Zur Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Oktober 2021 zog Lauterbach ein positives Fazit. Rund 5,6 Millionen seien bislang ausgestellt worden, der Arbeitgeberabruf der eAU werde derzeit vorbereitet.
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Lauterbach dämpfte die Erwartungen an ein baldiges Ende der Pandemie, die noch lange nicht vorbei sei. Er kündigte weitere Wellen und insbesondere für Herbst schwierige Zeiten an.
Die Gesundheits-IT sei einer der ganz wenigen Bereiche gewesen, die während der Pandemie einen Schub erfahren habe. Sehr viele Menschen seien erstmals mit der Digitalisierung persönlich in Kontakt getreten, beispielsweise durch die Corona-Warn-App oder die digitalen Impf-Zertifikate.
Zudem sei der Krankenhauszukunftsfonds von drei Milliarden Euro für die Krankenhäuser ein „Senkrechtstart in die Digitalisierung“. Dieser werde die digitale Dokumentation, Medikationsmanagement und andere Anwendungen wie Patientenportale massiv nach vorne bringen, so der Minister. Über 6000 Förderungsanträge seien bereits eingegangen.
Darüber hinaus sei der öffentliche Bereich von der Digitalisierung erfasst worden. Mit den 800 Millionen Euro, die für das digitale Gesundheitsamt zur Verfügung stünden, würde der öffentliche Gesundheitsdienst in eine neue Phase übergehen.
24.05.2022