Die Zukunft der gynäkologisch-onkologischen Bildgebung
Die MRT ist heute integraler Bestandteil von Diagnose und Management von Patientinnen mit malignen gynäkologischen Tumoren, da diese Technologie sowohl anatomische Details in hoher Auflösung darstellt, als auch die quantitative, multiparametrische funktionelle Beurteilung von Tumoren ermöglicht.
Die Unterstützung der herkömmlichen MRT durch funktionelle Sequenzen wie die dynamische kontrastverstärkte MRT (DCE-MRT), die diffusionsgewichtete MRT (DW-MRT) und neuerdings die Intravoxel Incoherent Motion (IVIM MRT) hat sich insbesondere bei der Läsionscharakterisierung, der Beurteilung des Ansprechens gynäkologischer Tumoren auf die Therapie sowie bei der Differenzierung posttherapeutischer Veränderungen und Tumorrezidiven als hilfreich erwiesen.
Die neue Hybridmodalität MR/PET ergänzt die detailgenaue Darstellung anatomischer Strukturen mit noch komplexeren funktionellen und metabolischen Daten und wird die Art und Weise, wie wir Patientinnen in der Gynäkologie befunden, grundlegend verändern. Ihr Einsatz in Forschung und Klinik wird die Entwicklung von Medikamenten vorantreiben und eine stärker individualisierte Behandlung von Krebspatienten ermöglichen.
Der Wert der MR/PET wird durch die neue klinische hyperpolarisierte Magnetresonanz-Spektroskopie (HP-MRSI) noch gesteigert. Die klinische HP-MRSI verstärkt das MR-Signal um das 10.000- bis 100.000-fache, was eine Nicht-1H-Bildgebung mit bisher unerreichter Sensitivität und Geschwindigkeit ermöglicht. Das bedeutet, nicht nur Position und Menge der hyperpolarisierten Substanzen können bestimmt werden, sondern auch die daraus folgenden enzymatischen Produkte. So wird eine ganze metabolische Ereigniskette in vivo sichtbar. Durch die parallele Injektion und Nachverfolgung mehrerer hyperpolarisierter Substanzen können mehrere metabolische Pfade in einer einzigen bildgebenden Untersuchung erfasst werden. Mit der klinischen HP-MRSI tritt die Bildgebung in eine neue Ära der quantitativen Echtzeitbeurteilung der Tumorbiologie ein. Sie eröffnet so ein ungeahntes Potenzial für die Entwicklung leistungsstarker, prädiktiver und prognostischer Biomarker sowie auch für Biomarker, die das Therapieansprechen früher signalisieren.
HP-MRSI, MRT und PET haben unterschiedliche, sich ergänzende Stärken. In Zukunft wird die kombinierte MRT/HP-MRSI/PET die exakte Korrelierung der Ergebnisse der verschiedenen Modalitätsansätze ermöglichen und damit neue Erkenntnisse in der Tumorbiologie liefern, die den Wert der Bildgebungsbiomarker sowohl in der Medikamentenentwicklung als auch in der klinischen Versorgung steigern.
Frau Prof. Hricak, bei welchen gynäkologischen Tumoren erweist sich die MRT als hilfreich?
Prof. Hedvig Hricak: Bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom ermöglicht die MRT präoperativ die nicht invasive Beurteilung wichtiger prognostischer Faktoren, wie Myometriuminfiltration, zervikale Stromainfiltration, Peritonealmetastasen und Lymphadenopathie, und bietet darüber hinaus mithilfe der funktionellen Bildgebungstechniken wie DW-MRT und DCE-MRT Erkenntnisse in Bezug auf Tumoraggressivität und das biologische Mikroumfeld. Bei Patientinnen mit Zervixkarzinom ist die MRT zur Bewertung der Primärerkrankung die Bildgebungsmodalität der Wahl, da sie genauere Informationen als die klinische Untersuchung über die Ausdehnungdes Tumors (exophytisch oder endozervikal), dessen Größe, Parametriuminfiltration, Befall der Beckenwand oder angrenzender Organe und Lymphknoten gibt. Darüber hinaus dienen die quantitativen DCE-MRT- und DW-MRT-Parameter als prädiktive Biomarker hinsichtlich des Ansprechens auf eine Radiochemotherapie, was eine bessere Abstimmung der Therapie auf die individuelle Patientin ermöglicht.
Eine Problemlösungsmodalität ist die Technik bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom Denn es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die DW-MRT ein genaueres Mapping der peritonealen Ausbreitung bietet als die CT. Die MRT wird auch bei Patientinnen mit rezidivierendem Ovarialkarzinom eingesetzt, da sie eine Beurteilung der Resektionsfähigkeit einzelner Beckenrezidive erlaubt. Weiterhin kann sie auch unterstützend bei der Planung einer Exenteratio pelvis eingesetzt werden, da sie bei Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen sowohl das lokale Tumorgeschehen als auch den Befall angrenzender Organe darstellt.
In welchen Fällen ist die CT (PET-CT) nach wie vor der Goldstandard?
Die CT ist nach wie vor der Goldstandard bei der Beurteilung der Ausdehnung von Ovarialkarzinomen, während die PET-CT routinemäßig zur Abklärung von Fernmetastasen, einschließlich Lymphknoten, bei Patientinnen mit primären und rezidivierenden gynäkologischen Malignomen eingesetzt wird. Der SUVmax, ein quantitativer Parameter der PET-CT, dient dabei als prognostischer Biomarker bei Patientinnen mit einem Zervixkarzinom und solchen mit rezidivierendem Ovarialkarzinom.
Welche Rolle spielt die MRT in der Planung und Verlaufskontrolle der Radiochemotherapie?
Sie kommt vor allem beim fortgeschrittenen Zervixkarzinom zum Einsatz. Die DCE-MRT-Parameter, die eine heterogene Tumorperfusion und kleinste Veränderungen des Tumorvolumens unter Chemotherapie frühzeitig anzeigen, sind unabhängige und bessere Prädiktoren für Tumorrezidive und das Überleben als klinische prognostische Faktoren. Erste Daten lassen auch den Schluss zu, dass der sogenannte Apparent Diffusion Coefficient, ein Parameter der DW-MRT, als prädiktiver Biomarker dienen kann und potenziell eine frühe Beurteilung des Ansprechens auf die Chemo-Strahlentherapie zulässt.
Wird die MR/PET zusätzliche klinische Informationen liefern?
Die MR/PET ist ein neuer und aufregender Bereich der klinischen Forschung. Erste Ergebnisse zeigen, dass sie möglicherweise zusätzliche Informationen beim Tumorstaging bietet, die Relevanz für das Patientenmanagement haben. Mit der Entwicklung neuer und gezielter Radiotracer wird die MR/PET in Zukunft wichtige und aussagekräftige Biomarker für unterschiedliche Zwecke liefern.
Wo wird die gynäkologische MRT Ihrer Meinung nach in zehn Jahren stehen?
Die MR/PET, die das Potenzial hat, bei herausragender Detaildarstellung eine bisher nie dagewesene Bandbreite an funktionellen und metabolischen Parametern zu erfassen, wird die Art und Weise, wie wir Patientinnen mit gynäkologischen Karzinomen beurteilen, grundlegend verändern. Sie wird sowohl die Entwicklung von Medikamenten als auch die individualisierte klinische Versorgung verbessern. Mittels Radiogenomik wird es möglich sein, MR-Bildgebungscharakteristika und genetische Informationen miteinander zu verknüpfen und so die Entwicklung prognostischer und prädiktiver Bildgebungsbiomarker voranzutreiben. Weiterhin wird die künftige Bildgebung die Art und Weise, wie wir klinische Trials konzipieren, beeinflussen, da aufgrund neuer Methoden ein anpassungsfähigeres Studiendesign dringend erforderlich ist.
Der Einsatz molekularer Bildgebungstechniken, einschließlich HP-MRSI, ermöglicht die Entwicklung aussagekräftigerer prädiktiver Biomarker, insbesondere mit Blick auf die Wahl der Therapie und die Beurteilung des Ansprechens auf die Therapie. Die intraoperative molekulare Bildgebung wird wahrscheinlich eine noch präzisere Tumorresektion ermöglichen. Die Entwicklung sensitiverer Biomarker in der molekularen Bildgebung für das Ovarialkarzinom könnte zu einer wiederholten molekularen Bildgebung führen, die die präventive Oophorektomie bei Hochrisikopatientinnen ersetzt, da die Krankheit erkannt werden kann, bevor die Symptome einsetzen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Im Profil
Prof. Dr. h.c. Hedvig Hricak – Präsidentin des RSNA 2010 – wurde in Zagreb im ehemaligen Jugoslawien geboren. Ihr Medizinstudium absolvierte sie in ihrer Geburtsstadt und am Karolinska Institut in Schweden. Heute ist sie Leiterin der Radiologie des Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, Professorin für Radiologie am Cornell University Medical College und Radiologin am Memorial Hospital in New York. Professor Hricak ist Trägerin des Marie Curie Preises der Society of Women in Radiology und der Beclere-Medaille der International Society of Radiology. Ihre klinischen Fachgebiete sind die diagnostische Radiologie und die onkologische Bildgebung des Urogenitaltrakts.
25.01.2013