News • S. aureus in der Intensivmedizin
Katheter-Beschichtung soll Staphylokokken-Infektion verhindern
Bakterien wie Staphylococcus aureus, einem häufigen Verursacher von Krankenhausinfektionen, gelten als eines der größten Gesundheitsrisiken der Zukunft.
Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes ist es gelungen, eine spezielle Beschichtung für zentrale Venenkatheter zu finden, die die Anhaftung solcher Bakterien reduzieren. Die Forscher veröffentlichten ihre Erkenntnisse jetzt in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“.
Zentrale Venenkatheter (ZVK) werden häufig zur Verabreichung von Medikamenten am Patienten angewandt und sind einer der häufigsten Infektionsherde für eine Staphylokokken-Infektion, insbesondere auf Intensivstationen. Verbreiten sich die Bakterien von hier aus im gesamten Blutkreislauf, kann es vielerorts zu Entzündungsreaktionen im Körper kommen, die lebensbedrohlich sein können. „Medikamentös sind diese Infektionen schwierig zu behandeln und erfordern in der Regel die Entfernung des ZVKs. Damit wird aber auch die Medikamenten- und Nährstoffversorgung des Intensivpatienten deutlich erschwert“, erklärt Prof. Dr. Dr. Sören Becker, Institutsdirektor am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene (IMMH) und einer der Autoren des Fachartikels, der nun erschienen ist.
Beschichtet man die Katheteroberfläche allerdings mit Blutplasma-Proteinen, können sich die Bakterien schwieriger an der Oberfläche halten, haben Gubesh Gunaratnam, Doktorand am IMMH, und seine Kollegen festgestellt. Dies könnte eine Grundlage sein, um bereits speziell beschichtete Katheter herzustellen und somit das Infektionsrisiko vorab zu reduzieren. „Eigentlich ist Staphylococcus aureus ein harmloser Teil der bakteriellen Mikroflora des Menschen, das häufig im Nasen-Rachenraum und auf der Haut zu finden ist. Gelangt das Bakterium allerdings in die Blutbahn, kann es sehr gefährlich werden. Dafür reichen möglicherweise schon einige wenige Bakterien aus, die sich auf dem Katheter ansiedeln. Daraus kann sich potenziell ein schwer zu entfernender Biofilm entwickeln“, erklärt Gubesh Gunaratnam.
Um zu verstehen, wie und mit welcher Kraft das Bakterium an der Katheteroberfläche anhaftet, haben die Forscher eine einzelne, lebende Zelle des Bakteriums an die Spitze der Messsonde eines Rasterkraftmikroskops angeheftet und anschließend mit der Oberfläche des ZVKs in Kontakt gebracht. Danach wurde die Spitze der Sonde wieder angehoben, sprich, das Bakterium wieder von der Oberfläche abgezogen, und die dafür notwendige Kraft bestimmt. Diese Messungen wurden an drei verbreiteten ZVK-Modellen durchgeführt. „Normalerweise arbeitet man am Rasterkraftmikroskop mit sehr glatten und flachen Oberflächen, die bei Implantaten in der Regel so nicht vorzufinden sind. Daher war es schon etwas Besonderes, ein reales medizinisches Produkt, das tagtäglich in der Klinik zum Einsatz kommt, mit dieser Methode zu testen. Interessanterweise stellte sich dabei heraus, dass, unabhängig vom Hersteller, starke bakterielle Adhäsionskräfte auf allen drei getesteten ZVK-Oberflächen auftraten“, so Gubesh Gunaratnam.
In Kooperation mit Experimentalphysikern der Universität des Saarlandes haben die Wissenschaftler in einem weiteren Schritt untersucht, inwiefern sich die Adhäsionskräfte verändern, wenn die ZVK-Oberfläche mit Blutplasmamolekülen beschichtet wird, oder wenn der Katheter bereits kurzzeitig im Patienten implantiert war. Diese Untersuchungen ergaben, dass sowohl Blutplasma (der zellfreie, hoch proteinhaltige Bestandteil des Blutes) als auch isolierte Bestandteile des Blutplasmas wie Albumin dazu im Stande sind, die Anhaftung des Bakteriums an das Implantat stark zu vermindern.
Diese Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung künftiger Implantate, die dazu beitragen könnten, Infektionen mit den gefährlichen Krankenhauskeimen zu verhindern. Eine Vorbehandlung von ZVK-Oberflächen mit diesen Faktoren kann dazu beitragen, das Risiko einer Kontamination des ZVKs mit Staphylococcus aureus, insbesondere beim Einsetzen des Katheters, signifikant zu vermindern. Dabei könnte eine Vorbeschichtung der Katheter-Oberfläche mit Albumin von besonderem klinischen Interesse sein: Denn dieses Plasmaprotein beugt zusätzlich der ebenfalls gefährlichen Thrombose vor, wie Forscher in der Vergangenheit bereits beobachten konnten.
Quelle: Universität des Saarlandes
14.12.2020