News • Ophthalmologischer Fachkongress

Wenn der Klimawandel ins Auge geht

Durch Klimawandel, Migration und weltweite Mobilität treten in Deutschland neue entzündliche Augenerkrankungen auf, die unbehandelt Sehschäden bis hin zur Erblindung verursachen können.

Um welche Infektionen es sich handelt und wie man sie diagnostiziert, ist Thema der Vorab-Pressekonferenz zum Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Der Kongress findet in diesem Jahr online vom 9. bis 11. Oktober 2020 statt.

Tigermücken, die ursprünglich in Afrika und Asien heimisch waren, sind aufgrund des klimatischen Wandels in Südeuropa sesshaft geworden – und befinden sich derzeit auf dem Sprung nach Süddeutschland. Ihr Stich kann das Dengue-, Chikungunga-, West Nile- und Zika-Virus übertragen. „Diese Viren zählen zu den neuen Erregern für eine Entzündung der Aderhaut im Auge“, erklärt Professor Dr. Carsten Heinz, Leitender Arzt am Augenzentrum am St. Franziskus-Hospital Münster. 

Klimawandel: Tigermücke überträgt virale Augenentzündung

Die Anzeichen einer solchen viralen Augeninfektion reichen von einer leichten Entzündung im vorderen Teil des Auges mit Druckgefühl und vorübergehender Rötung bis hin zu einer schweren Netzhaut-Infektion mit dauerhaftem Verlust der Sehfunktion. „Weil die Erkrankung in unseren Breitengraden so selten vorkommt, liegt die Herausforderung für Augenärzte in der raschen Diagnose“, erläutert Heinz. Betroffen sind bislang vor allem Reiserückkehrer und Menschen mit Migrationshintergrund. „Neben der Untersuchung ist daher das Gespräch mit dem Patienten, die Anamnese, entscheidend“, so Heinz. Betroffene, die unter solchen Beschwerden leiden, sollten den Augenarzt über ihr Herkunftsland oder Reiseaktivitäten informieren. Die Symptome der viralen Aderhaut-Infektion werden mit Kortisonpräparaten behandelt.

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Klimawandel bringt Tropenkrankheiten bis nach Mitteleuropa

Steigende Temperaturen aufgrund der globalen Erwärmung haben dazu geführt, dass tropische Stechmücken auch in Deutschland Lebensbedingungen vorfinden, die eine dauerhafte Ansiedlung ermöglichen. Diese Mücken, wie die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) oder der japanische Buschmoskito (Aedes japonicus) können Viren übertragen, die bislang nur aus den Tropen bekannt waren.

Narbige Bindehautinfektion durch Chlamydien aus Afrika

Vorsicht ist auch geboten bei einer bakteriellen Infektion mit einem Chlamydientyp, der in Afrika vorkommt und sich in Form einer schwer vernarbenden Bindehautentzündung zeigt. „Wird ein solches Trachom rasch erkannt, hilft eine antibiotische Therapie“, so Heinz. „In fortgeschrittenen Stadien kann eine Operation erforderlich werden, um Erblindung zu verhindern.“ Die Erkrankung geht, im Gegensatz zu anderen Chlamydieninfektionen, nicht auf die Geschlechtsorgane über. Sie wird durch direkten Kontakt mit Tränenflüssigkeit übertragen, in Afrika ebenfalls durch Fliegen, die ins Auge gelangen.

Migration bringt Rückkehr der Augen-Tuberkulose

Weltweite Mobilität und Klimawandel werden das Spektrum der infektiösen Augenerkrankungen vermutlich noch weiter verändern

Hans Hoerauf

Dank verbesserter Lebens- und Hygienebedingungen spielte die Lungenerkrankung Tuberkulose kaum noch eine Rolle in Deutschland. Was vielen nicht bekannt sein dürfte: Tuberkulose kann sich in Form einer Entzündung der Aderhaut auch an den Augen zeigen, als Uveitis. „Durch die Migration aus Risikogebieten, wozu auch Russland und Osteuropa zählen, sehen die Ophthalmologen diese Augen-Tuberkulose hierzulande wieder häufiger“, berichtet Heinz. Die Erkrankung wird über Tröpfcheninfektion übertragen und führt unbehandelt zur Erblindung. „Weltweite Mobilität und Klimawandel werden das Spektrum der infektiösen Augenerkrankungen vermutlich noch weiter verändern“, prognostiziert DOG-Präsident Professor Dr. Hans Hoerauf.


Quelle: Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG)

21.09.2020

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