Artikel • Exotische Stechmücken auf dem Vormarsch

Klimawandel bringt Tropenkrankheiten bis nach Mitteleuropa

Steigende Temperaturen aufgrund der globalen Erwärmung haben dazu geführt, dass tropische Stechmücken auch in Deutschland Lebensbedingungen vorfinden, die eine dauerhafte Ansiedlung ermöglichen. Diese Mücken, wie die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) oder der japanische Buschmoskito (Aedes japonicus) können Viren übertragen, die bislang nur aus den Tropen bekannt waren.

Bericht: Brigitte Dinkloh

Quelle: Pexels/rawpixel

portrait of egbert tannich
Prof. Dr. Egbert Tannich, Vorsitzender des Vorstands des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg
Quelle: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, BNI

Derzeit kann die Asiatische Tigermücke in Deutschland im Frühstadium noch gut eliminiert werden, so dass Prof. Dr. Egbert Tannich, Vorsitzender des Vorstands des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg, die Gefahr eines Ausbruchs des Dengue-Fiebers oder anderer tropischer Krankheiten in Deutschland als gering erachtet.

„Bestimmte Infektionen werden nicht mehr von Fernreisen mitgebracht, sondern mit diesen Erregern kann man sich auch in Europa infizieren. Es gibt Fälle von erworbenem Dengue-Fieber in Griechenland und Kroatien, es gibt das West-Nil-Fieber mit mehreren hundert Fällen pro Jahr in Osteuropa und es gab mehrere Ausbrüche mit dem Chikungunya-Virus in Italien und Frankreich in den letzten Jahren, die alle auf eine Veränderung der Stechmückenpopulation zurückzuführen sind“, schildert Prof. Tannich.

Wenn diese Maßnahmen nicht frühzeitig ergriffen werden, kann sich die Mücke auch in Mitteleuropa stärker ausbreiten

Egbert Tannich

Heimische Stechmücken sind bislang kaum in der Lage diese Viren zu übertragen, aber je mehr sich das Klima erwärmt, umso mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Viren in den neuen Stechmückenarten vermehren können. Optimal für die Reproduktion der Viren sind dauerhafte Temperatur von über 25 Grad Celsius. Eine besondere Rolle spielt die asiatische Tigermücke, die durch die Globalisierung in den letzten 30 Jahren über die ganze Welt verteilt wurde. Die Eier der Stechmücke können über mehrere Monate in Reifen oder Pflanzen in Überseecontainern überdauern und nach dem Ausladen schlüpfen die Larven und es entstehen Stechmücken. So gelangte die asiatische Stechmücke über Genua auch nach Europa.

Wo Hannibal scheiterte, machen die Mücken weiter

Aedes albopictus, asian tiger mosquito
Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus)
Quelle: © Andreas Krüger, BNITM

Auf dem Weg weiter nach Norden stellen die Alpen für die Mücken kein unüberwindbares Hindernis dar. Denn die asiatische Tigermücke, die sich selbst nur etwa 300 Meter pro Jahr weiter ausbreitet, kommt als blinder Passagier im Auto- und Schienenverkehr nach Mitteleuropa. So ist es entlang des Oberrheins im Sommer nicht mehr ungewöhnlich Aedes albopicuts anzutreffen, vor allem an Autobahnraststätten und Güterterminals. Bislang findet man einzelne Exemplare entlang der A5, teilweise auch größere Population in Heidelberg und Freiburg. „Das Gute ist, dass man diese Mücken im Frühstadium – noch bevor sie sich flächendeckend ausgebreitet und große Population gebildet haben – sehr gut eliminieren kann“ so der Hamburger Wissenschaftler: „An den meisten Standorten, wo wir die asiatische Tigerstechmücke im Rahmen eines bundesweiten Mücken-Monitoring in den letzten drei Jahren beobachtet haben, ist uns dies gelungen, vor allem durch das Entfernen ihrer Brutplätze, z.B. in Vasen oder Regentonnen. Aber wenn diese Maßnahmen nicht frühzeitig ergriffen werden, kann sich die Mücke auch in Mitteleuropa stärker ausbreiten, wie es bereits in Italien Frankreich und Spanien geschehen ist. Hier kann man nur noch an einer Reduzierung der Population arbeiten in der Hoffnung, so größere Ausbrüche von Dengue- und Chikungunya-Fieber zu verhindern.“

Die Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts möchten mehr über die so genannte Vektor- oder Überträgerkompetenz der heimischen Mücken herausfinden. In Deutschland gibt es etwa 50 heimische Stechmückenarten, in ganz Europa 200. „Den deutschen und italienischen Stechmücken bieten wir in Hochsicherheitsinsektarien verschiedene tropische Viren an und schauen nach zwei Wochen in der Klimakammer, ob die Viren anschließend in der Speichelflüssigkeit nachweisbar sind. Dabei haben wir festgestellt, dass sich das Chikungunya-Virus, im Gegensatz zu anderen tropischen Viren, schon bei 18° Celsius in der asiatischen Tigermücke gut vermehren kann. Es ist daher wichtig ein Warnsystem zu etablieren, um diese Mücke frühzeitig zu erfassen und schnell wieder zu eliminieren und somit Krankheitsausbrüchen auch in Deutschland zu verhindern“ so Tannich.


Profil:

Prof. Dr. Egbert Tannich ist Facharzt für Medizinische Mikrobiologie und Professor für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Er ist gegenwärtig Vorstandsvorsitzender des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin und Leiter des Nationalen Referenzzentrums für tropische Infektionserreger. Als Leiter von CuliFo koordiniert er zurzeit ein großes Verbundprojekt zur Stechmückenforschung in Deutschland.

22.05.2019

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