News • Forschungsteam untersucht Krankheitsverläufe

Schlaganfall: Hohe Sterblichkeitsrate und Wiederholungsgefahr

Nach einem Schlaganfall variieren die Überlebenschancen und das Risiko eines zweiten Anfalls innerhalb der folgenden Jahre stark – je nach Auslöser.

Das haben Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Universität Würzburg in einer gemeinsamen Studie herausgefunden. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Stroke veröffentlicht.

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Bildquelle: VSRao auf Pixabay

Der Schlaganfall ist in Deutschland nach Herz- und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter. Rund 200.000 Männer und Frauen sind jährlich davon neu betroffen, etwa 66.000 erleiden zum wiederholten Mal einen Schlaganfall. Die häufigste Form ist der sogenannte ischämische Schlaganfall: ein Hirninfarkt, der durch eine Minderdurchblutung des Gehirns ausgelöst wird, häufig verursacht durch ein Blutgerinnsel.

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Peter Kolominsky-Rabas von der FAU, Viktoria Rücker und Prof. Dr. Peter U. Heuschmann, beide von der Universität Würzburg, hat jetzt neue Erkenntnisse über die Sterblichkeit und die Wiederholungsraten nach einem ischämischen Schlaganfall gewonnen. Der Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Health Technology Assessment und Public Health, Prof. Kolominsky-Rabas, hat bereits 1994 das Erlanger Schlaganfall-Register (ESPRO) gegründet, dessen umfangreiche Daten die Grundlage für die aktuelle Studie bilden. Die Wissenschaftler konnten so Krankheitsverläufe über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg verfolgen. „Mit den im ESPRO erhobenen Daten können wir die gesamte Versorgungskette von Akutbehandlung, Prävention, Rehabilitation und Langzeit-Pflege verfolgen“, erläutert Peter Kolominsky-Rabas. „Dadurch gewinnen wir immer mehr Erkenntnisse über den Schlaganfall, die relevant für die Versorgungsplanung sind.“

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In der aktuellen Studie zeigten sich hohe Raten sowohl für die Sterblichkeit als auch die Wiederholungsfälle: Fast jeder zweite Patient stirbt innerhalb von fünf Jahren nach dem ersten Schlaganfall. Jeder fünfte erleidet einen erneuten Schlaganfall innerhalb von fünf Jahren. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, zu sterben, mit 49,6 Prozent bei Frauen etwas höher als bei Männern (41,8 Prozent). Das Langzeitüberleben und die Wiederholungsrate unterschieden sich jedoch erheblich je nach Ursache des ersten Schlaganfalls: So haben Patienten, deren Schlaganfall durch den Verschluss kleiner Arterien ausgelöst wurde, die höchste Überlebenswahrscheinlichkeit nach fünf Jahren. Dagegen liegt diese Rate bei Patienten mit einem sogenannten kardioembolischen Schlaganfall, der unter anderem durch Vorhofflimmern verursacht werden kann, am niedrigsten.

Die Gefahr, innerhalb von fünf Jahren einen erneuten Schlaganfall zu erleiden, war bei Verengungen der kleinen Hirngefäße (Mikroangiopathie) und bei Ablagerungen der großen hirnversorgenden Gefäße (Makroangiopathie) besonders gering.

Was die Zahlen auch zeigen: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Erlangen die Überlebenswahrscheinlichkeit nach einem ischämischen Schlaganfall deutlich verbessert – und zwar über alle Schlaganfall-Subtypen hinweg. Dies steht im Einklang mit der bundesweiten Entwicklung. Mögliche Erklärungen sind Verbesserungen bei den Behandlungsmöglichkeiten und im Umgang mit der Erkrankung, etwa die Einrichtung von sogenannten Stroke Units, also Schlaganfallspezialstationen. 

Das Forschungsteam untersuchte für seine Studie Daten von 3.346 Patienten aus dem Zeitraum 1996 bis 2015, die für das Erlanger Schlaganfall-Register erhoben wurden. Das ESPRO konnte erstmalig für Deutschland belastbare, bevölkerungsbasierte Zahlen zur Verbreitung und Sterblichkeit des Schlaganfalls vorlegen und darauf aufbauend – wie in der aktuellen Studie – zeitliche Trends berichten.

Eingeschlossen werden möglichst alle Schlaganfälle, die innerhalb der Stadt Erlangen (Einwohnerzahl 2020: 113.960) diagnostiziert werden. Die erfassten Patienten werden einem engmaschigen Verlaufsmonitoring unterzogen und in Abständen von drei und 12 Monaten und danach jährlich bis zum Lebensende weiterverfolgt. So werden vom ersten Tag der Erkrankung an etwa Risikofaktoren, erneute Schlaganfälle und Spätfolgen erfasst. Diese langfristige Nachbeobachtung ermöglicht eine umfassende Versorgungsforschung zur Volkskrankheit Schlaganfall. Direkte Informationen zum Verlauf der Erkrankung, deren Behandlung und Versorgung können aus den Registerdaten abgelesen und in Präventionsmedizin, Therapie und Versorgungsplanung eingebracht werden. Diese Darstellung der gesamten Versorgungskette ermöglicht nicht nur die Identifikation von Bereichen der Über-, Unter- und Fehlversorgung, sondern auch eine Bewertung der Langzeitversorgung.


Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

28.08.2020

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