News • Atherosklerose
Molekularer Schutz vor Gefäßverkalkung
Forscher haben ein Molekül gefunden, das vor Gefäßverkalkung (Atherosklerose) schützt. Entdeckt haben die Wissenschaftler diese protektiven Eigenschaften des Moleküls MALAT1 in Mäusen, denen das Gen für MALAT1 fehlte.
Weitere Untersuchungen der Wissenschaftler Dr. Sebastian Cremer und Dr. Katharina Michalik aus der Arbeitsgruppe von Professor Stefanie Dimmeler am DZHK-Standort RheinMain zeigten, dass der durch MALAT1 vermittelte Schutz dadurch entsteht, dass weniger Entzündungszellen in die geschädigte Gefäßstelle einwandern. Mäuse, denen MALAT1 fehlte, wiesen nicht nur größere Ablagerungen (Plaques) in der Aorta auf, sondern dort befanden sich auch mehr Entzündungszellen. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Forscher nun im Journal Circulation.
Denn was landläufig als Gefäßverkalkung bezeichnet wird, ist mehr als eine einfache Ablagerung. Vielmehr ist es ein komplexer Prozess, der damit beginnt, dass die Innenwand eines Blutgefäßes geschädigt ist. Dadurch wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst. Zellen des Immunsystems, Entzündungszellen, wandern zu der verletzten Stelle und Zellen der glatten Muskulatur teilen sich vermehrt. Die Entzündungszellen fördern dabei nicht nur die Entwicklung eines Plaques, sondern führen auch dazu, dass er instabil wird und aufbricht. Wenn ein Plaque aufbricht, können Blutgerinnsel entstehen, die entweder die ohnehin schon verengte Stelle weiter verschließen oder mit dem Blut fortgeschwemmt werden und an anderer Stelle zum Gefäßverschluss führen können. Verschließt sich die Halsschlagader, kann ein Schlaganfall entstehen, in den Gefäßen des Herzens lösen solche Verschlüsse einen Herzinfarkt aus.
Eine erhöhte Menge von MALAT1 fördert anscheinend die Stabilität von Plaques, denn sie korreliert mit einer günstigen Prognose bei Patienten mit einer Gefäßverkalkung
Sebastian Cremer
Auch beim Menschen spielt MALAT1 eine wichtige schützende Rolle: Denn in krankhaften Ablagerungen an den Blutgefäßwänden von Patienten kam weniger MALAT1 vor als in normalen gesunden Arterien. Außerdem war die MALAT1-Menge in Plaques von symptomatischen Patienten, die also bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatten, deutlich reduziert im Vergleich zu der Menge des Moleküls in Gefäßablagerungen von asymptomatischen Patienten. Dies konnte Co-Autor Professor Lars Mägdefessel vom DZHK-Standort München in Proben aus der Halsschlagader von Patienten mit Atherosklerose nachweisen. „Eine erhöhte Menge von MALAT1 fördert anscheinend die Stabilität von Plaques, denn sie korreliert mit einer günstigen Prognose bei Patienten mit einer Gefäßverkalkung“, sagt Cremer.
MALAT1 ist eine sogenannte long non-coding (lnc) RNA. RNA entsteht, wenn die genetische Information (die DNA) abgelesen wird. Nicht-codierende (non-coding) RNA-Moleküle tragen keine Informationen für den Bau eines Proteins. Seit einigen Jahren weiß man, dass diese nicht-codierenden RNA-Moleküle keineswegs überflüssig sind, sondern dass sie wichtige regulatorische Funktionen übernehmen. Je nach Länge des RNA-Moleküls unterscheidet man dabei kurze, small non-coding (snc) RNAs und lange, long non-coding (lnc) RNAs. Aus vorherigen Arbeiten war bereits bekannt, dass die lncRNA MALAT1 in Entzündungszellen und Zellen der Blutgefäße häufig vorkommt und dass sie die Funktion von Zellen der glatten Muskulatur und des Endothels reguliert. „Deshalb wollten wir genauer untersuchen, welche Rolle MALAT1 im Körper spielt“, erläutert Cremer seinen Forschungsansatz.
Die aktuellen Ergebnisse lassen die Frankfurter Forscher nun hoffen, zur Entwicklung neuer Therapien beizutragen, die auf Ebene der RNAs ansetzen. Veränderungen in den Expressionsmustern von nicht-codierenden RNAs bei Atherosklerose wollen sie daher auch zukünftig noch weiter erforschen.
Quelle: Deutsches Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
30.01.2019