PET/CT – ein wunderbares Verfahren, nur zu wenig verbreitet?

Obwohl seit vielen Jahren im klinischen Einsatz, wartet die PET/CT in Deutschland immer noch auf ihre Anerkennung als solides diagnostisches Verfahren. Bislang wird der Nutzen der PET/CT von den gesetzlichen Krankenkassen nur in sehr ausgesuchten Fällen vergütet, zum Beispiel beim Bronchialkarzinom oder beim Lymphom.

35-jährige Frau mit Morbus Hodgkin, mediastinalen Lymphknoten (Pfeil) und...
35-jährige Frau mit Morbus Hodgkin, mediastinalen Lymphknoten (Pfeil) und histologisch gesichertem pulmonalem Befall (Blockpfeil) im CT (Weichteilfenster), im CT (Lungenfenster), in der PET und im fusionierten Bild (von links nach rechts) vor (obere Zeile) und nach (untere Zeile) Therapie. Die Tumormanifestationen zeigen im dreimonatigen Verlauf mit 18F-FDG PET/CT ein sehr gutes Therapieansprechen mit größenregredienten mediastinalen Lymphknoten und rückläufigen pulmonalen Konsolidierungen bei deutlich regredienter Stoffwechselaktivität.

Im restlichen Europa und international werden deutlich mehr Indikationen für eine Untersuchung mit PET/CT anerkannt. „In Deutschland gibt es in dieser Hinsicht Reformbedarf. Zwischen Krankenkassen und Leistungsträgern muss ein Dialog stimuliert werden, wie die PET/CT in der Diagnostik einer breiteren Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden kann“, fordert PD Dr. Clemens Cyran, Oberarzt des Instituts für Klinische Radiologie, Klinikum der Universität München – Campus Großhadern und Innenstadt.

Onkologische Fragestellungen sind die wichtigste Indikation
Die häufigste und wichtigste Indikation für die PET/CT sind onkologische Fragestellungen, und zwar sowohl das Staging nach der Erstdiagose als auch das Restaging beziehungsweise die Rezidivdiagnostik. Immer wichtiger wird das Verfahren allerdings beim Therapiemonitoring für die verschiedensten onkologischen Behandlungen. Als weitere Indikationen gelten die Fokussuche bei unklaren entzündlichen Veränderungen und Spezialanwendungen in der Demenzforschung und der Demenzdiagnostik wie auch in der kardialen Bildgebung. Inzwischen haben sich die Anforderungen an die PET/CT allerdings auch geändert. „Denn bei den neuen onkologischen Therapeutika, insbesondere den Angiogenese-Inhibitoren, sind die bisher etablierten Kriterien für das Monitoring, wie die Messung der Tumorgröße mittels RECIST-Kriterien, nicht ausreichend sensitiv, um die Effekte dieser Medikamente frühzeitig und zuverlässig nachzuweisen. Wir brauchen deshalb neben morphologischen Kriterien zusätzlich komplementäre, funktionelle Informationen, wie zum Beispiel über den Glukosemetabolismus, wie er mit FDG im PET/CT sichtbar wird, oder über die Tumormikrozirkulation, um eine sensitivere und zuverlässigere Bildgebung zu ermöglichen“, erläutert der Oberarzt aus Großhadern.

Radiologie und Nuklearmedizin Hand in Hand
Von zentraler Bedeutung ist bei der PET/CT heute die Wahl des richtigen Tracers. Denn neben FDG gibt es viele weitere nuklearmedizinische Tracer wie DOTATATE, Fluorethylcholin oder das prostataspezifische Membran-Antigen (PSMA), die zukünftig auch am Standort Großhadern an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin synthetisiert werden können. „Nach der Untersuchungsanfrage der klinischen Kollegen entscheidet der visitierende Oberarzt im PET/CT, welcher Tracer für die spezifische Fragestellung der richtige ist. Bei den neuroendokrinen Tumoren kann das zum Beispiel vom Proliferationsindex, also der Geschwindigkeit der Tumorzellteilung, abhängen“, so Cyran. Im nächsten Schritt – in der Regel dann, wenn der Patient zur Untersuchung kommt – werden die Indikation für die CT gestellt sowie das Untersuchungsprotokoll festgelegt, wobei die kontrastmittelgestützte CT-Untersuchung nach Ansicht von Cyran und seinen Kollegen häufig einen diagnostischen Mehrwert darstellt. Entscheidend ist die gemeinsame Einschätzung der Untersuchungsergebnisse durch den Radiologen und den Nuklearmediziner mit einem integrierten Befund, indem sowohl die Morphologie als auch die funktionellen Parameter wie der SUV und die Anreicherung des Tracers gewürdigt werden. Am Ende des Befunds steht die abschließende gemeinsame Beurteilung des Radiologen und des Nuklearmediziners, die beispielsweise Auskunft darüber gibt, ob der Patient auf die eingeschlagene Therapie anspricht oder nicht.

Tumorkonferenzen als zentraler Ort des Wissenstransfers
Gerade im wissenschaftlichen Dialog und bei der steigenden Anzahl neu entwickelter Tracer ist der Austausch zwischen den beteiligten Disziplinen aus Onkologie, Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie, Chirurgie und Pathologie von größter Bedeutung. Im onkologischen Zentrum in Großhadern sind die Kliniker sehr gut über die Möglichkeiten der modernen Bildgebung informiert. „In den Tumorkonferenzen werden unsere Bilder demonstriert und erklärt, sodass der rege Austausch zwischen Onkologen und Diagnostikern stattfindet und am klinischen Fall gezeigt werden kann, wie leistungsfähig die einzelnen Methoden sind und welche Zusatzinformationen so aufwendige Verfahren wie die PET/CT in der Lage sind zu liefern. Ein ganz wesentlicher Partner in den Tumorkonferenzen sind auch die Pathologen, denn sie spiegeln uns zurück, ob unsere Diagnose richtig war, und erlauben es uns so, die Limitationen unserer Verfahren zu erkennen.“

Reformbedarf bei der Anerkennung der Indikationen
Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei der Anerkennung der Indikationen der PET/CT-Technik im Gemeinsamen Bundesausschuss hinterher, was im Hinblick auf die Kostenübernahme für die Versicherten durch die gesetzlichen Krankenkassen wichtig ist. So wird zum Beispiel in den USA seit dem vergangenen Sommer dieses Verfahren für die Diagnostik aller soliden Tumoren sowie beim Therapiemonitoring und Restaging bei verschiedensten Indikationen vergütet und geht damit deutlich über das hinaus, was bislang in Deutschland Realität ist. Dafür sorgten vor allem die Ergebnisse des National Oncologic PET Registry (NOPR), die die Wertigkeit der PET/CT untersuchten und ihren Stellenwert in der onkologischen Diagnostik explizit bekräftigt haben.

Auch in Deutschland bezieht sich die zentrale Forderung der Kostenträger vor allem auf die Lieferung von qualitativ hochwertigen, prospektiv randomisierten Studien, die den Nutzen der PET/CT in der onkologischen Therapie nachweisen. Einzelne Indikationen beim Bronchialkarzinom und Lymphom wurden basierend auf bereits vorliegenden Daten anerkannt. Das Problem besteht laut Cyran darin, dass nicht ausreichend internationale Studien vorliegen, die diese Daten auch liefern. „Wir sind gemeinsam mit den Onkologen der festen Überzeugung, dass der PET/CT insbesondere beim Primärstaging, in der Rezidivdiagnostik und im Therapiemonitoring in Zukunft eine sehr viel bedeutendere Rolle zukommen muss, wie das auch von verschiedenen S3-Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) reflektiert wird“, fordert der Radiologe.

Obwohl Tracer teuer sind und die Befundung aufwendig ist, denn in der Regel handelt es sich um eine Ganzkörperbildgebung, bietet die PET/CT durch die synchrone Akquisition morphologischer und funktioneller Daten in einem Untersuchungsgang einen komplementären Informationsgewinn, der in der Regel über die diagnostische Information von separat durchgeführten Einzeluntersuchungen hinausgeht. „Es ist deshalb wirklich entscheidend, in qualitativ hochwertigen Studien zu überprüfen, wo und zu welchem Zeitpunkt die PET/CT einen Mehrwert für den Patienten bringt und wie redundante Diagnostik vermieden werden kann“, so Cyran abschließend.
 

IM PROFIL
PD Dr. Clemens Cyran ist seit Dezember 2012 Oberarzt PET/CT am Institut für Klinische Radiologie des Klinikums der Universität München. Hier legte er mit Studium und Promotion auch die Grundlagen für seine klinische und wissenschaftliche Laufbahn. Als Research Fellow durfte er von 2006 bis 2007 am Center for Pharmaceutical and Molecular Imaging der University of California San Francisco forschen. Seit 2012 ist Cyran als Facharzt für Radiologie anerkannt und seit zwei Monaten auch an der Ludwig-Maximilians-Universität München habilitiert. Er ist mehrfach mit dem RSNA Award for Young Investigators in Molecular Imaging ausgezeichnet worden und hat 2010 den Preis des Deutschen Netzwerks Molekulare Bildgebung erhalten.
 

24.01.2014

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