News • Präzise Blutdiagnostik
NSCLC-Lungenkrebs: bessere Behandlung durch Liquid Biopsy
Nicht-kleinzellige Lungenkarzinome sind eine besonders aggressive Art von Lungenkrebs. Tumor-DNA (ctDNA) und weitere Marker im Blut von Erkrankten können mittels der „Liquid Biopsy“ (Flüssigbiopsie) während des gesamten Krankheitsverlaufs analysiert werden.
Diese Informationen sind wichtig, um den sich ständig verändernden Tumor zielgerichtet bekämpfen zu können. Eine Studie der Universität Bayreuth zeigt erstmals, dass die Liquid Biopsy die Behandlungsergebnisse in vielen Fällen signifikant verbessert und im deutschen Versorgungssystem kosteneffektiv sein kann. Im Journal of Cancer Research and Clinical Oncology stellen die Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse vor.
Damit nicht-kleinzellige Lungenkarzinome erfolgreich bekämpft werden können, ist ein möglichst frühzeitiger Nachweis von sogenannten Treibermutationen wichtig. Hierbei handelt es sich um Veränderungen im Genom der Tumorzellen, die fehlerhafte Signalketten in den Zellen bewirken und so zu einem unbegrenzten Tumorwachstum führen. Auf diese Weise fördern Treibermutationen die Ausbreitung der Krebserkrankung. Sobald sie aber nachgewiesen und präzise bestimmt worden sind, kann eine zielgerichtete, auf die individuelle Erkrankung zugeschnittene Therapie beginnen. Für eine steigende Zahl von Treibermutationen stehen solche Therapien bereits zur Verfügung. „Die minimalinvasive Liquid Biopsy ermöglicht es, Treibermutationen im Blut sehr präzise zu identifizieren. Diese diagnostische Information ist für die klinischen Entscheidungsprozesse über den gesamten Krankheitsverlauf relevant. Trotz der Behandlung bleiben minimale Tumorzellverbände aktiv, man spricht von minimaler Resterkrankung. Diese Resterkrankung ist mit bildgebenden Verfahren zunächst nicht erkennbar, dies gelingt frühzeitiger mit der Liquid Biopsy. Die diagnostischen Informationen erlauben eine schnelle und zielgerichtete Therapieeinleitung“, erklärt Prof. Dr. Dr. Klaus Nagels, Leiter der Studie und Inhaber des Lehrstuhls für Medizinmanagement und Versorgungsforschung an der Universität Bayreuth.
Zwar gilt die Gewebebiopsie, wenn es um die histologische Analyse des Tumors und die Identifikation von Treibermutationen geht, bis heute als Goldstandard. Die dafür erforderliche Entnahme von Tumorgewebe ist jedoch nicht immer möglich. In solchen Fällen ist die Liquid Biopsy eine sehr schonende Alternative, die Treibermutationen mit hoher Zuverlässigkeit identifizieren kann. Sie hat zudem einen weiteren Vorteil: Im Krankheitsverlauf kommt es häufig zu einer Evolution der Tumorzellen, die in der Folge gegenüber einer Therapie resistent werden. Auch diese genetischen Veränderungen lassen sich mit der Liquid Biopsy frühzeitig nachweisen, und zwar oft lange bevor die Tumormasse in der Bildgebung sichtbar wird. „In unserer Studie haben wir typische Krankheitsverläufe von Patientinnen und Patienten mit nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom modelliert und haben die Liquid Biopsy dabei als zusätzliche Diagnostik einbezogen. Die Ergebnisse zeigen, dass dieser Ansatz relevante Vorteile für die Patientinnen und Patienten hat, da die Therapie schneller und besser an die Tumorentwicklung angepasst werden kann. Daraus ergeben sich für viele Patientinnen und Patienten bessere klinische Behandlungsergebnisse bei guter Lebensqualität“, sagt Nagels.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie betrifft die gesundheitsökonomische Bewertung der Liquid Biopsy. Erstmals wird in Bezug auf das deutsche Gesundheitssystem gezeigt, dass diese Form der Präzisionsdiagnostik die Kosten für die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms keineswegs in die Höhe treibt. „Die Liquid Biopsy ermöglicht längeres Überleben in guter Lebensqualität und erweist sich überdies als kosteneffektiv, weil sie bereits in frühen Stadien der Erkrankung dabei hilft, die Therapie auf zielgerichtete und deshalb wirksame Maßnahmen zu fokussieren. In dieser Hinsicht wird die Liquid Biopsy schon heute durch Methoden der genetischen und molekularbiologischen Diagnostik – insbesondere das NGS (next generation sequencing) – ergänzt und verstärkt. Voraussichtlich werden diese diagnostischen Möglichkeiten künftig noch erweitert werden“, sagt Fabienne Englmeier, Erstautorin der Studie und Doktorandin bei Prof. Dr. Dr. Klaus Nagels an der Universität Bayreuth.
Quelle: Universität Bayreuth
06.06.2022