Gründung

Neue Perspektiven für junge Patienten

Junge Erwachsene mit Krebs benötigen eine spezielle medizinische Behandlung und psychosoziale Versorgung. Die neu gegründete „Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ will die Therapiemöglichkeiten junger krebskranker Frauen und Männer verbessern. Zudem widmet sie sich dem Aufbau von Versorgungs- strukturen, mit denen spezifische Probleme dieser Patientengruppe besser adressiert werden können.

Nur etwa 3,2 Prozent (ca. 15.000) aller neu diagnostizierten Krebspatienten in Deutschland ist zwischen 15 und 39 Jahre alt. Dennoch benötigt diese Patientengruppe sowohl in der Behandlung als auch in der Nachsorge besondere Aufmerksamkeit. „Bei jungen Erwachsenen kommt die Diagnose ‚Krebs‘ zu einer Zeit, in der Gedanken an Krankheit, Sterben und Tod normalerweise keinen Platz haben“, betont Dr. Karolin Behringer von der Onkologischen Ambulanz des Universitätsklinikums Köln. Die Herausforderung für Ärzte und Betreuer bestehe darin, Verständnis für das Autonomiebedürfnis und für die besonderen Wünsche und Sorgen dieser Patienten aufzubringen, dabei aber gleichzeitig die rasche und planmäßige Durchführung einer notwendigen und oft intensiven Therapie sicherzustellen.

Bessere Versorgung und Nachsorge als wichtigstes Stiftungsziel

Die spezifischen Probleme, vor denen junge Krebspatienten und die sie behandelnden Ärzte im heutigen Versorgungssystem stehen, waren die entscheidende Triebfeder für die Gründung der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, betont Prof. Dr. Mathias Freund, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums und Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. „Bei jungen Erwachsenen mit schweren Krebserkrankungen führen wir sehr eingreifende Therapien durch. Dabei ist es tragisch, wenn die Patientinnen und Patienten, die im Aufbruch ins Leben stehen, in ihrer Lebensplanung außerordentlich beeinträchtigt sind und im späteren Leben häufig weniger gute Chancen haben als die altersgleichen Gesunden. Die bestehenden Unterstützungsangebote reichen aus unserer Sicht nicht aus. Hier sind wir einfach verpflichtet, etwas zu tun.“

Ein wesentliches Ziel der neuen Stiftung ist die Verbesserung der Versorgungsstrukturen bspw. durch die Realisierung von Projekten, mit denen sowohl die medizinische und psychosoziale Versorgung als auch die Nachsorge von jungen Krebspatienten verbessert werden können. „Geplant sind konkrete Sprechstunden, die sich speziell mit Fragen der Langzeittoxizität von Anti-Tumor-Therapien befassen“, so Freund. Auch bundesweite Programme zur Armutsprävention und zur Unterstützung bei der Wiedereingliederung ins Berufsleben sind denkbar."

Chemo-Brain

Gerade die Langzeittoxizität intensiver Therapiemaßnahmen ist für Menschen, die sich als junge Patienten einer Krebstherapie unterzogen haben, ein zentrales Problem: „Junge Menschen mit Krebs sind ‚Langzeit-Überlebende‘, und sie sind neben an Krebs erkrankten Kindern am längsten mit den negativen Folgen der Anti-Tumor-Therapien konfrontiert“ , betont Prof. Dr. Volker Diehl, Gründer der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe und ebenfalls Mitglied des Stiftungskuratoriums. So stellen etwa die kognitiven Folgen der Chemo-/Radiotherapie, auch „Chemo-Brain“ genannt, gerade für junge Akademiker in der Langzeitperspektive ein mögliches Problem dar.

Wer ist zuständig?

Beitragen möchte die „Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ auch zu einer notwendigen Diskussion über die Zuständigkeiten und Anlaufstellen für junge Patienten mit Krebserkrankungen. „Um den Patientinnen und Patienten wirklich gerecht zu werden, brauchen wir ein Netzwerk besonderer ‚kompetenter Anlaufstellen‘ in Deutschland, in denen pädiatrische Onkologen und Erwachsenenonkologen, aber auch andere Berufsgruppen wie bspw. Psychologen oder Sozialarbeiter eng miteinander kooperieren“, betont Diehl. Darüber hinaus können diese Anlaufstellen auch von Hausärzten genutzt werden. Denn häufig werden Hausärzte von Patienten nach einer schon länger zurückliegenden erfolgreichen Krebsbehandlung wegen der Spätfolgen aufgesucht. „Hier“, so Diehl, „bedarf es einer intensiven Schulung von Allgemeinmedizinern durch die Tumorzentren und Fachgesellschaften.“

Beitrag zu Forschung, Aus- und Fortbildung

Ein weiteres Ziel Stiftung ist, die Erforschung der spezifischen medizinischen und psychosozialen Probleme von Adoleszenten mit Krebs deutlich zu intensivieren. „Wir wissen beispielsweise noch längst nicht genug darüber, wie wir bei einer Krebsbehandlung  die optimale Balance zwischen Heilungschancen und unerwünschten Wirkungen herstellen können. Natürlich wollen wir möglichst viele Patienten heilen, aber gleichzeitig ist es auch unser Ziel, die negativen Folgen einer intensiven medikamentösen Therapie oder Strahlenbehandlung zu minimieren“, so Freund.
Schließlich muss jungen Erwachsenen mit Krebs im Rahmen der Ausbildung von Studenten und besonders Krebsfachärzten sowie nachbetreuenden Ärzten mehr Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden. Auch dazu möchte die Stiftung beitragen. Unter anderem will sie medizinische Einrichtungen bei der Ausbildung und der Fort- und Weiterbildung von entsprechendem Fachpersonal unterstützen. Darüber hinaus sollen Internet-„Chatrooms“ für junge Krebspatienten initiiert und gefördert werden, in denen diese sich austauschen, helfen und vielleicht sogar als „Paten“ für andere fungieren können.  

 

19.11.2014

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