Dialyse-Maschine in der Intensivstation eines Krankenhauses

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News • Terminales Nierenversagen

Nephrologen fordern: Mehr Transplantation statt Dialyse auf Dauer

In Deutschland erhalten rund 100.000 Menschen mit Nierenversagen Dialyse als dauerhafte Ersatztherapie. Doch diese kann die vielfältigen Funktionen der Nieren nicht optimal ersetzen.

Die Folge: Gesundheit und Lebensqualität, aber auch die Lebenserwartung der Betroffenen verschlechtern sich mit der Zeit deutlich. Abhilfe könnte eine frühzeitige Nierentransplantation schaffen. Doch die durchschnittliche Wartezeit beträgt in Deutschland bis zu 10 Jahre, da nur sehr wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) fordert daher im Vorfeld ihrer 16. Jahrestagung vom 26. bis 29. September 2024 in Berlin dringend Verbesserungen bei der Organspende mit einem schnelleren Zugang zur Transplantation. Darüber hinaus sei ein stärkeres Bewusstsein für die Brisanz von Nierenerkrankungen notwendig – verbunden mit mehr systematischer Forschung zu Prävention, Diagnose und Therapie.

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Nieren: unterschätzte Wunderwerke

Die Nieren sind Multitalente, reinigen täglich das Blut, balancieren den Wasser- und Salzhaushalt und regulieren den Säure- und Basenhaushalt, sorgen für starke Knochen und steuern die Produktion von roten Blutkörperchen. Warum es so wichtig ist, die Nieren gesund zu erhalten, erklärt anlässlich des Weltnierentags Prof. Dr. Tobias B. Huber vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).

Bei der sogenannten terminalen Nierenkrankheit sind die Nieren nicht mehr in der Lage, den Körper zu entgiften und andere Funktionen zu übernehmen. Ein lebensbedrohlicher Zustand, der unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tod führt. 

„Die Dialyse ist eine lebensrettende und unverzichtbare Behandlung in der Medizin“, sagt Universitätsprofessor Dr. Bernhard Banas, Leiter der Abteilung für Nephrologie und des Universitären Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Regensburg. „Aber sie kann nicht alle Funktionen einer Niere 24/7 ersetzen.“ Oft verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Betroffenen über die Jahre deshalb schleichend. „Tatsächlich hat jeder Dialysepatient im Durchschnitt eine um mehr als 50% verkürzte Lebenserwartung im Vergleich zu einem gleichaltrigen Nierengesunden“, so Banas. „Auch haben Dialysezentren mit erheblichen Personalmängeln und einer existenzbedrohenden Unterfinanzierung zu kämpfen, was bereits zu ersten Schließungen geführt hat“, sagt er. 

Versagen die Nieren endgültig ihren Dienst, ist daher die möglichst frühzeitige Transplantation einer Spenderniere entscheidend, denn nur sie kann alle natürlichen Funktionen übernehmen – und das rund um die Uhr. „Eine späte Transplantation kostet den Patienten viele Lebensjahre“, betont der Transplantationsmediziner Banas.

Wir müssen nicht nur den Zugang zur Nierentransplantation verbessern, sondern auch dafür sorgen, dass möglichst wenige Menschen ihre Nierenfunktion vollständig verlieren

Nicole Helmbold

„Doch in Deutschland gibt es zu wenig Organspenden“, bedauert Banas, der gemeinsam mit Professor Dr. Clemens Cohen aus München Kongresspräsident 2024 der DGfN ist. So leben hierzulande nur rund 20.000 Menschen mit einer transplantierten Niere. „In anderen europäischen Ländern ist die Transplantationsrate deutlich höher“, kritisiert Banas mit Blick auf Deutschland. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) warteten Anfang 2024 hierzulande 6.513 Patienten auf eine Spenderniere. „Der tatsächliche Bedarf ist noch um ein Vielfaches höher, wir schätzen ihn auf 20.000 bis 30.000 Menschen“, sagt Banas. 

„Deshalb unterstützt die DGfN klar die Initiativen von Bundesrat, Bundestagsabgeordneten und Bundespräsident sowie vieler Fachgesellschaften und Verbände zur Einführung der Widerspruchsregelung bei der Organspende“, bekräftigt auch Professor Dr. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der DGfN vom Universitätsklinikum Mainz. Dies gelte auch für den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Lebendorgantransplantationen ausweiten und die Überkreuzlebendspende auch in Deutschland ermöglichen soll. 

„Wir müssen nicht nur den Zugang zur Nierentransplantation verbessern, sondern auch dafür sorgen, dass möglichst wenige Menschen ihre Nierenfunktion vollständig verlieren“, betont DGfN-Generalsekretärin Dr. Nicole Helmbold. Hierzu gehört neben Prävention, Früherkennung und frühzeitiger Behandlung der chronischen Nierenkrankheit die Förderung weiterer Forschung, insbesondere auch der translationalen Forschung. „Dies wäre die originäre Aufgabe eines Deutschen Zentrums für Nierengesundheit (DZGN), für dessen Gründung wir uns ebenfalls einsetzen.“ „Erklärtes Ziel der DGfN ist es, dass künftig weniger Menschen dialysiert oder transplantiert werden müssen“, fasst DGfN-Kongresspräsident Banas zusammen. 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nephrologie

24.09.2024

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