Kliniken brauchen Investitionsförderprogramm zur Infektionsprophylaxe

"Jede vermeidbare Infektion infolge einer medizinischen Behandlung ist immer eine zu viel. Es ist aber unverantwortlich gegenüber den Patienten und wenig hilfreich für die Krankenhäuser, nicht gesicherte Annahmen über Todesfallzahlen in die Welt zu setzen", erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum.

© Andreas Hermsdorf  / pixelio.de
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Wie viele der potentiell vermeidbaren Infektionen tatsächlich zum Tode führten, wisse niemand, erläuterte Baum. Das Nationale Referenzzentrum gehe von jährlich 2.000 bis 4.500 möglichen Patienten aus, die an einer vermeidbaren nosokominalen Infektion versterben würden. Die Schätzspanne von über 100 Prozent mache deutlich, dass gesicherte Aussagen nicht möglich seien. Sicher sei dagegen, dass zwei Drittel aller Infektion überhaupt nicht vermieden werden könnten und, dass Deutschland im internationalen Vergleich relativ gut da stehe. Laut dem Wido-Report 2014 "?im günstigeren Mittelfeld der EU-Länder?".
Baum: "Zentrales Problem sind antibiotikaresistente Infektionen. Diese dürfen aber nicht den Krankenhäusern angelastet werden. Hier müssen alle Beteiligten - einschließlich der Antibiotika verbrauchenden Landwirtschaft - zur Problembewältigung beitragen. Für die Krankenhäuser hat die Infektionsprävention allerhöchste Priorität."

Die vom Robert-Koch-Institut (RKI) benannten Risikogruppen würden vor einer Krankenhausbehandlung getestet und entsprechend vorbehandelt, erläuterte der DKG-Hauptgeschäftsführer und stellte fest: "Die Krankenhäuser verweigern sich nicht, den Kreis der zu Testenden auszuweiten. Allerdings muss die gesetzliche Krankenversicherung für die Mehrkosten dann auch aufkommen." Grundsätzlich sei leider festzustellen, dass die Krankenkassen wenig Bereitschaft zeigten, mehr für die Prophylaxe gegen Infektionen zu tun. So habe der GKV-Spitzenverband im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vor einigen Wochen verhindert, dass niedergelassene Ärzte deutlich erweiterte Möglichkeiten zum Erkennen und Behandeln von Patienten mit multiresistenten Keimen erhielten.

Baum wies darauf hin, dass die Krankenhäuser alleine das Infektionsproblem nicht lösen könnten. Probleme lägen auch in baulichen Unzulänglichkeiten. Hier bräuchten die Krankenhäuser mehr Investitionsmittel für moderne Zimmer- und Sanitärausstattungen und für mehr Isolierräume. Für die Investitionsmittelbereitstellung seien die Bundesländer zuständig. Statt mehr, zahlten diese aber immer weniger. Baum: "Wir fordern ein gezieltes Investitionsförderprogramm zur Infektionsprophylaxe."
 

28.03.2014

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